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Erfindung Eisenbahn

Sie zog Deutschland in ein neues Zeitalter
Das Bild zeigt eine Dampflokomotive, die einen Zug durch eine hügelige Landschaft zieht, was die Ära der Eisenbahnerfindung darstellt. Dichter Rauch steigt aus dem Schornstein der Lokomotive auf, während der Zug eine Kurve entlang des bewaldeten Tals nimmt.
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Intro

Wer kennt sie nicht? Filmszenen, in denen Männer mit verrußten und verschwitzten Gesichtern in Dampflokomotiven Kohle schaufeln, unermüdlich. Aber wusstest du, dass genau diese Dampfloks der Industriellen Revolution so richtig einheizten? In dieser Story erfährst du, wann und wo die erste deutsche Dampflok fuhr und warum Eisenbahnen dem Zeitalter den Takt gaben.

Kapitel 1: Ein Adler macht Dampf

Nürnberg, Dezember 1835: Tausende Schaulustige wollen sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Sie alle wollen es sehen, dieses Ungetüm aus Stahl. Diesen dampfenden Koloss auf Schienen. Die erste deutsche Eisenbahn! Und ja, jeden Moment wird sie sich in Bewegung setzen. Die begeisterte Menge bewundert die gewaltigen Räder, die rätselhaften Rohre und Ventile, den glänzenden Schornstein, aus dem im Takt dicke Dampfwolken quellen. Der „Adler“ – so wurde die Lokomotive getauft – ist ein Wunderwerk! Die erste Eisenbahn auf deutschem Boden kann 200 Menschen transportieren. Und in nur neun Minuten soll sie ihr Ziel Fürth – ganze sechs Kilometer und 30 Meter weit entfernt – erreichen. 

Aber es bleibt keine Zeit mehr zu genauerer Betrachtung der Lok. Die Uhr schlägt neun und schon setzt sich der Adler schnaufend, mit Getöse und viel Dampf in Bewegung. Menschen applaudieren, Kinder weinen, Pferde scheuen.

Die Gefühle sind gemischt. Aber alle spüren: Ein neues Zeitalter hat gerade begonnen.

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Kapitel 2: Der erste Zug ist bayerisch

Die Premierenfahrt der ersten dampfbetriebenen deutschen Eisenbahn in Nürnberg markiert auch hierzulande den Beginn einer völlig neuen Art der Fortbewegung: Die schnaufenden Riesen bewegen sich mit nie gekannter Geschwindigkeit – mit damals unvorstellbaren 40 Kilometern pro Stunde. Gezogen wird die erste deutsche Eisenbahn von einer englischen Dampflok mit Namen „Adler“. Dieser Eisenvogel markiert nicht nur den Beginn eines vollkommen neuartigen Fortbewegungs- und Transportmittels, sondern auch den Durchbruch in eine bewegte und industrialisierte Ära.

Aber Halt. Denn das alles braucht natürlich seine Zeit.

Denn nach der Jungfernfahrt des britischen Adlers auf der Eisenbahnstrecke Nürnberg-Fürth passiert ein Jahrzehnt lang erst einmal nicht besonders viel. In England ist die Industrielle Revolution Anfang des 19. Jahrhunderts bereits in vollem Gange, angetrieben von Dampfmaschinen, die von James Watt zur Praxisreife gebracht wurde. In den Teilstaaten des sogenannten Deutschen Bundes hingegen kocht jeder Fürst, Herzog oder König sein eigenes Süppchen. Zollschranken behindern den Gütertransport, es gibt nicht einmal einheitliche Maße und Gewichte! Wie soll da eine technische Entwicklung vorankommen? Immerhin: Auch auf deutschem Boden stehen mittlerweile erste Fabriken, hat die Massenproduktion begonnen. Auf eine einheitliche Politik oder Wirtschaft aber können oder wollen sich die deutschen Länder nicht einigen. Und damit natürlich auch auf kein gemeinsames Eisenbahnnetz.

Kapitel 3: Dampfen wie der Teufel

Andere Länder sind da schon wesentlich weiter in Sachen Erfindung der Eisenbahn. Allen voran das Vereinigte Königreich Großbritannien, wo ein kluger Kopf namens Richard Trevithick im ausgehenden 18. Jahrhundert durch technische Verbesserungen die Dampfmaschine von einem gewaltigen, schweren, nur stationär einsetzbaren Monstrum zu einer vergleichsweise handlichen, transportablen Antriebsmaschine für den mobilen Einsatz weiterentwickelt hatte. Außerdem gelang ihm die Herstellung stärkerer Dampfkessel, die höhere Drücke aushielten und einen gewaltigen Schritt hin zu mehr Leistung brachten. Die schwachbrüstige sogenannte atmosphärische Dampfmaschine war endgültig Geschichte, die Zukunft gehörte der Hochdruckdampfmaschine.

1797 konstruierte Trevithick sein erstes Dampfwagen-Modell, vier Jahre später stellte er seine „Puffing Devil“ vor: eines der ersten bekannten Automobile mit einer Höchstgeschwindigkeit von immerhin acht Kilometern pro Stunde. Den ersten bezeugten Dampfwagen hatte übrigens knapp drei Jahrzehnte zuvor der französische Artillerieoffizier Nicholas Cugnot für den Munitionstransport gebaut. Er war allerdings nicht praxistauglich.

Trevithicks „Puffing Devil“ hatte ebenfalls seine Kinderkrankheiten und geriet bald wieder in Vergessenheit. Aber er hatte bereits ein wesentliches Detail: den Schornstein, auch „Blasrohr“ genannt. Der hochragende Schornstein erzeugte nämlich bei späteren Dampfloks den nötigen „Zug” für ein kräftiges Feuer.

Kapitel 4: Eine technische Sackgasse?

1802 baute Trevithick eine seiner Hochdruckdampfmaschinen auf ein Fahrgestell und setzte das Ganze in einem walisischen Eisenwerk auf Schienen. Das Patent verkaufte er an den Fabrikanten Samuel Homfray, der vor lauter Stolz und Begeisterung sogleich mit einem Konkurrenten eine Wette abschloss: Seine Lokomotive würde es schaffen, zehn Tonnen Eisen auf der eigentlich für Pferdewagen bestimmten Schienenbahn nach Abercynon zu ziehen. Das waren 15,7 Kilometer und Homfray gewann die Wette – auch wenn der Zug erst nach gut vier Stunden am Ziel ankam.

Auch diese Dampflok bedurfte noch einiger Verbesserungen und taugte nicht so recht für die ihr zugedachte Aufgabe, die benötigten Riesenmengen Kohle von den Bergwerken zu den Fabriken zu bringen. Und überhaupt schien die Entwicklung in der Sackgasse zu stecken: Kleinere Maschinen waren zu schwach, große zu schwer für die Gleise, die damals aus Gusseisen bestanden und eben nur für Pferdewagen dimensioniert waren. Schienen brachen, Züge entgleisten oft. Die Probleme schienen unlösbar, und die Erfinder wandten sich anderen Projekten zu. Bis dem Ingenieur George Stephenson endlich das richtige Verhältnis zwischen Gewicht und Antriebskraft der Lok gelang. Außerdem verpasste er ihr Räder mit Spurkranz und schräger Lauffläche, die sie auch in Kurven sicher auf der Schiene hielten. Am 27. September 1825 hatte seine „Locomotion” ihre gefeierte Jungfernfahrt mit rund 650 Passagieren in 38 Waggons von Stockton nach Darlington.

Kapitel 5: Wende im Transportwesen

Fünf Jahre nach der Darlington Railway konzipierte Stephenson die 56 Kilometer lange Bahnstrecke Liverpool-Manchester. Diese schnelle Transportverbindung sollte Manchesters Textilfabriken von dem veralteten und teuren Kanalsystem unabhängig, das bis dahin die einzige Verbindung zum Hafen von Liverpool darstellte. Einflussreiche Kanalbesitzer versuchten alles, um den Eisenbahnbau zu verhindern, gingen ihnen doch dadurch jede Menge Einnahmen flöten. Aber die Geschäftsleute von Manchester fanden einen Ausweg: Sie beteiligten die Konkurrenz über Aktien am Schienenverkehr.

Stephensons Bahnlinie wurde im September 1830 eingeweiht. Die Dampflok an der Spitze des Zuges trug den bezeichnenden Namen „Rocket”, war die schnellste und beste in ganz England und sollte den buchstäblich kometenhaften Aufstieg ihres Erbauers begleiten. George Stephenson leitete fortan den Bau großer Eisenbahnlinien nicht nur für englische Auftraggeber, sondern war auch als Berater für französische, belgische, holländische und Schweizer Bahnprojekte ein gefragter Mann.

Und endlich, fünf Jahre später als in England, fährt auch im Königreich Bayern zum ersten Mal ein Zug: Zwischen Nürnberg und Fürth geht im Dezember 1835 auf stolzen sechs Streckenkilometern die erste deutsche Bahn in Betrieb: die „Ludwigsbahn”, benannt nach dem bayerischen König Ludwig I.. Sie ist für den Personenverkehr konzipiert und wird erst vier Jahre später auch ein paar Güterwaggons bekommen. Es braucht noch weitere Jahre, bis auch andere Bahnprojekte in anderen deutschen Fürstentümern ins Rollen kommen und so etwas wie ein Streckennetz Gestalt annimmt. Die Haupttriebkraft in der Geschichte der Eisenbahn ist auch in Deutschland die Wirtschaft.

Im Königreich Württemberg zum Beispiel sind es vor allem private Unternehmer, die auf Eisenbahnen und ein funktionierendes Schienennetz setzen. Gerade die Kaufleute sind sich sicher: So eine Bahn würde den Handel revolutionieren. Und sie würde Rohstoffe anliefern und den Kundenkreis erweitern! Das überzeugt schließlich auch den württembergischen König Wilhelm I. Und so unterzeichnet er im April 1843 ein Gesetz zum Bau einer württembergischen Staatsbahn von Stuttgart bis zum Bodensee. Ein Jahrhundertprojekt! Kompliziert sind die Bauarbeiten obendrein. Für die Trasse müssen extra Felsen weggesprengt werden. Und für besonders steile Teilabschnitte gibt es zum Zeitpunkt des Baus noch gar keine Lok, die diese Steigungen schaffen könnte. Sie wird erst im Laufe der Bauzeit entwickelt. Ein interessantes Detail, das zeigt, wie viel Mut und Innovationskraft es brauchte, um das ambitionierte Eisenbahnprojekt dann tatsächlich auch umzusetzen.

Kapitel 6: Ein ganz neuer Takt

Für die Menschen damals ist das alles neu – und mit der neuen Technologie kommt auch die Angst. Schnell kursieren Gerüchte, dass Eisenbahnfahrten aufgrund der hohen Geschwindigkeit zu Geisteskrankheiten führen könnten. Andere sind schlicht begeistert. Denn nicht nur Güter, sondern auch sie selbst können nun viel schneller und auch komfortabler von A nach B gelangen. Was für eine Zeit! 

Ja, überhaupt: Zeit. Die Zeit selbst wird zum neuen Faktor. Und auch das hat mit der Eisenbahn zu tun. Natürlich hatte es Uhren schon in Fabriken und an Kirchtürmen gegeben, aber die Zeitangaben gingen von Ort zu Ort noch oft weit auseinander. Bisher hat das niemanden interessiert. Nun aber, mit der zunehmenden Vernetzung der Städte durch den Zugverkehr, müssen die Uhrzeiten angeglichen werden. 

JDie Eisenbahn boomt im 19. Jahrhundert. Den Neubau von Strecken übernehmen im deutschen Raum meist private Gesellschaften, bald dann die Staaten selbst. Und: Mit dem Bau der Eisenbahnen wächst die Nachfrage besonders nach einem Produkt ins Unermessliche: die Nachfrage nach Stahl. 

Und so schiebt die Eisenbahn an, was in deutschen Ländern lange Zeit vernachlässigt wurde. Denn die Produktion von Stahl gibt auch anderen Industrien Schwung. Bis in die 1870er-Jahre ist es die Eisenbahn, die die Industrialisierung in den deutschen Staaten vorantreibt: Lokomotiven werden schließlich zur Exportware.

Die Folge: Für die qualmenden Eisenbahnen werden Unmengen an Kohle gebraucht. An den Klimawandel denkt damals natürlich noch niemand. Im Ruhrgebiet entstehen Zechen, Eisenhütten und Walzwerke. Aus Bauern werden Fabrikarbeiter. Binnen kürzester Zeit entstehen Fabriken und große Städte.

Kurzum: Die industrielle Revolution führt zu einem Wandel, der die gesamte Gesellschaft erfasst. Und vor allem: Mit den Maschinen steigt die Nachfrage nach jenen, die diese dann auch bedienen. Eine neue soziale Gruppe entsteht: die Arbeiterklasse...

Zusammenfassung

  • Die erste deutsche Eisenbahn fährt am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth – knapp drei Jahrzehnte nach dem ersten englischen Eisenbahnzug.

  • Mit dem Siegeszug der Eisenbahn bekommt Zeit eine vollkommen neue Bedeutung. Sie taktet das Leben der Menschen neu. Das erfordert auch einheitliche Uhrzeiten in den Teilstaaten des Deutschen Bundes.

  • Der Bau der Eisenbahn ist entscheidend für das wirtschaftliche Wachstum, denn sie beschleunigt Transporte und schiebt die Produktion weiterer Produkte an. Das wiederum steigert die Nachfrage nach Rohstoffen. 

  • Bis in die 1870er Jahre ist es im Deutschen Bund der Bau der Eisenbahn, der für einen Modernisierungsschub sorgt. Die deutschen Teilstaaten werden durch die Bahn miteinander vernetzt und kommen sich wirtschaftlich näher.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Von wo nach wo fuhr der erste deutsche Eisenbahnzug?
    1. A) Von Leipzig nach Dresden
    2. B) Von Weimar nach Jena
    3. C) Von Nürnberg nach Fürth
    4. D) Von Berlin nach Potsdam
  2. Wie lang war die erste deutsche Bahnstrecke?
    1. A) 6,03 Kilometer
    2. B) 9,65 Kilometer
    3. C) 22,5 Kilometer
    4. D) 11,08 Kilometer
  3. Erfinder und Ingenieure welches Landes bauten die erste praxistaugliche Dampflok?
    1. A) Frankreich
    2. B) Russland
    3. C) Italien
    4. D) England
  4. Welche Voraussetzung musste im Deutschen Bund erst geschaffen werden, um einen funktionierenden Bahnverkehr aufbauen zu können?
    1. A) Einheitliche Uhrzeiten
    2. B) Industrienorm für Bahnsteige
    3. C) Eisenbahnergewerkschaft
    4. D) Fahrkartenautomaten
  5. Die Produktion welches Rohstoffs wurde maßgeblich von der Bahn angekurbelt?
    1. A) Kohle
    2. B) Stahl
    3. C) Kalisalz
    4. D) Wolle

Richtige Antworten: 
1. C) Von Nürnberg nach Fürth
2. A) 6,03 Kilometer
3. D) England
4. A) Einheitliche Uhrzeiten 
5. B) Stahl

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