Bereits zu Lebzeiten galt er als einer der größten Künstler überhaupt, und auch heute noch hat Michelangelo diesen Ruf. In dieser Story erfährst du, dass nicht Talent allein für seinen Ruhm sorgte, sondern vielmehr harte Arbeit und auch Qual dahintersteckte.
In der Kapelle ist es dunkel. Nur ein schwacher Schimmer Tageslicht fällt durch die oberen Partien der Rundbogenfenster. Die Luft ist kalt und feucht. Michelangelos Muskeln sind verkrampft. Seine Arme und Schultern schmerzen, der Rücken ist steif. Mit zusammengekniffenen Augen bringt er die Farbe auf den feuchten Putz über seinem Kopf. Sein Gesicht ist klamm, Farbspritzer kleben in seinem Bart. Fast hat er es nun geschafft. Endlich! Vier Jahre schon erklimmt er jeden Tag das 20 Meter hohe Gerüst, um die Decke der Sixtinischen Kapelle mit Szenen aus der Bibel zu schmücken. Wir schreiben das Jahr 1512. Am 1. November soll die neugestaltete Kapelle den Augen der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Michelangelo will die verhasste Aufgabe fertigbekommen. Denn Angst ist sein täglicher Begleiter geworden. Angst, von dem Gerüst aus in den Tod zu stürzen. Angst, die Gunst des Papstes, seines Auftraggebers, zu verlieren. Angst, dass andere Künstler und Konkurrenten seine Ideen übernehmen und ihn ausstechen könnten. Er will einfach nur zurück in seine Heimatstadt Florenz und dort wieder die Kunstwerke erschaffen, für die sein Herz wirklich schlägt – nämlich prächtige Skulpturen aus dem schönsten Marmor.
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Jetzt runterladen!Michelangelo Buonarroti ahnte nicht, dass er mit seinen Deckengemälden in der Sixtinischen Kapelle eines der größten Meisterwerke der Kunstgeschichte schaffen sollte.
Geboren wurde er im Jahr 1475 im kleinen Städtchen Caprese am Rande der Toskana in Mittelitalien. Die Familie des Künstlers stammte ursprünglich aus Florenz und ging nach seiner Geburt auch wieder dorthin zurück. Der kleine Michelangelo wurde hier von einer Amme versorgt, deren Ehemann Steinmetz war. Später soll Michelangelo, dessen vollständiger Name übrigens Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni lautete, deswegen gesagt haben: „Die Liebe zu Hammer und Meißel, mit denen ich meine Skulpturen bilde, habe ich schon mit der Ammenmilch eingesogen.“
Seiner Meinung nach musste er also einfach Künstler werden. Schon in jungen Jahren zeigte er auch großes Talent. Bereits als Zehnjähriger zeichnete und malte er voller Begeisterung. Sein Vater war dennoch strikt gegen diese Leidenschaft des Sohnes. Er wollte, dass Michelangelo Karriere im Finanzwesen oder in der Politik machte. Aber der Sohn setzte sich gegen jeden Widerstand durch. Mit 13 Jahren wurde er daher in der Werkstatt der Florentiner Malerbrüder Ghirlandaio als Schüler aufgenommen. Später begegnete er dem Werk seines Lehrers Domenico Ghirlandaio in Rom wieder. Denn dieser hatte ebenfalls Wandgemälde in der Sixtinischen Kapelle geschaffen. Bei den Ghirlandaios lernte Michelangelo die Technik kennen, die man Freskomalerei nennt. Sein größtes Interesse aber galt bereits jetzt der Bildhauerei. Sein Leben lang sah er sich eher als Bildhauer denn als Maler. Um seine Skulpturen zu erschaffen, reiste er sogar selbst in die Steinbrüche von Carrara, um den perfekten Marmorblock zu finden. Es war, als würde der Stein zu ihm sprechen.
So verließ er die Malerwerkstatt nach kurzer Zeit wieder und trat in die Kunstschule der Medici ein. In seinem Skulpturenpark hatte Lorenzo de Medici, genannt „Il Magnifico“, antike Statuen gesammelt. In der Zeit nach dem Mittelalter, der Renaissance, wurden die alten Meisterwerke sehr geschätzt und bewundert. Sie dienten jungen Bildhauern als Vorbilder. Aber Michelangelo selbst schuf schon bald Werke, die den antiken Modellen in nichts nachstanden. Einige Jahre später soll ein findiger Händler eine von Michelangelos Skulpturen sogar als einzigartiges Werk der Antike verkauft haben.
Die Familie der Medici förderte und beeinflusste den jungen Michelangelo. Ihr Name ist noch heute eng mit der Stadt Florenz und ihrer Geschichte verbunden, galten die Medici doch in gewisser Weise als die „Herrscher“ der Stadt am Fluss Arno. Hier förderten sie nicht nur Kunst und Kultur, sondern lenkten auch die Finanz- und Regierungsgeschäfte. Den Medici verdankte Michelangelo seine Ausbildung zum Bildhauer, aber auch seine humanistische Bildung. Im Skulpturengarten der Medici trafen sich Dichter, Denker, Künstler und Gelehrte der Zeit und diskutierten über die Lehren Platons und christliche Glaubensüberzeugungen. So lernte auch Michelangelo dieses Gedankengut kennen und ließ sich später davon zu eigenen Gedichten inspirieren. Wie in seinem gesamten künstlerischen Schaffen strebte Michelangelo auch hier nach Perfektion. Rund drei Jahre war er dem Haushalt der Medicis eng verbunden, dann aber verstarb sein Mäzen Lorenzo und die Bürger von Florenz begannen gegen die einst so mächtige Familie aufzubegehren. Michelangelo flog vor den drohenden politischen Querelen und gesellschaftlichen Umwälzungen nach Bologna. Bereits ein Jahr später kehrte er jedoch wieder nach Florenz zurück. Doch auch hier hielt es ihn nicht lange, denn Rom lockte.
Von 1496 bis 1501 weilte Michelangelo also das erste Mal in der Ewigen Stadt. Hier schuf er die Skulptur der „Pietà“, die auch heute noch jeden Besucher des Petersdoms in ihren Bann zieht. Seine Pietà ist übrigens das einzige seiner Kunstwerke, das er Künstler je mit seinem Namen signierte. Danach war sein Ruhm so groß, seine Werke so unverwechselbar, dass keines davon noch eine Signatur benötigte.
In Rom aber schuf Michelangelo außerdem die Fresken in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan, die ihn als Maler unsterblich machen sollten. „Il Divino”, den Göttlichen, nannte man ihn. Den Auftrag dazu hatte er von Papst Julius II. bekommen, für den er auch ein Grabmonument fertigen sollte.
Papst Paul III. ernannte ihn schließlich sogar zum obersten Architekten, Bildhauer und Maler des Vatikans. Michelangelo übernahm die Bauleitung an der noch unfertigen Peterskirche in Rom und entwarf die überragende Kuppel des Petersdoms. Aber er hatte auch Neider und Konkurrenten...
Als Künstler wurde Michelangelo also schon zu Lebzeiten verehrt, aber auch kritisiert. Gerade in Rom fühlte er sich wie in einem Haifischbecken. Der Wettbewerb mit den anderen bedeutenden Malern und Bildhauern der italienischen Hochrenaissance war hart und von Intrigen gekennzeichnet. Vor allem in Leonardo da Vinci fand Michelangelo einen ähnlich genialen Widersacher. Diese beiden Stars der Kunstszene schenkten einander nichts. Anders als da Vinci setzte sich Michelangelo jedoch nicht mit naturwissenschaftlichen und astronomischen Fragen auseinander, sondern interessierte sich vornehmlich für die Kunst. Beide sezierten sie heimlich Leichen. Der eine auch zu wissenschaftlichen Zwecken, der andere, um seine Skulpturen möglichst lebensnah schaffen zu können.
Befeuert wurde der Wettstreit zwischen den Künstlern noch von Michelangelos schwierigem Charakter. Schon während seiner Zeit bei den Medici kam es zu Auseinandersetzungen mit seinen Kollegen und Konkurrenten. Einer von ihnen brach ihm sogar im Streit mit einem Faustschlag die Nase. Sein Leben lang war er überaus starrsinnig, mürrisch und launisch gewesen. Er vertrat seine Ansichten vehement und scheute sich auch nicht davor, seinen Auftraggebern eigene Ideen aufzudrängen, die er dann in seinen Kunstwerken verwirklichen wollte. Und dazu legte er sich auch mit einem Papst an.
Stets auf sich selbst und seine Arbeit fixiert, wirkte er auf viele Zeitgenossen hochnäsig und abweisend. Tatsächlich hatte er nur wenige Freunde und lebte allein in einem heruntergekommenen Haus – obwohl er einer der berühmtesten und begehrtesten Künstler seiner Zeit war. Es heißt, dass nach seinem Tod 1564 unter seinem Bett noch eine Truhe voller Gold gefunden wurde. Heute sind seine Meisterwerke unbezahlbar und nicht mehr mit Gold aufzuwiegen.
Vielleicht war es Michelangelos David, der ihn zu einem der berühmtesten Künstler seiner Zeit machte. Die monumentale Skulptur entstand zwischen 1501 und 1504 in Florenz und entwickelte sich schnell zu einem Wahrzeichen der Stadt. Seinen Ruf als Maler festigte er schließlich mit der Wand- und Deckenbemalung der Sixtinischen Kapelle in Rom. Die Kapelle liegt unmittelbar nördlich von St. Peter und ist bekannt dafür, dass hier die Papstwahl stattfindet.
Michelangelo selbst war immer der Meinung, dass die Malerei nicht sein Geschäft sei – doch die Fresken in der Sixtinischen Kapelle, darunter Die Erschaffung Adams oder Das Jüngste Gericht, beweisen das Gegenteil.
Zu seinen weiteren bekannten Gemälden gehören:
Die Heilige Familie mit Johannesknaben, auch bekannt als Tondo Doni (1503/04 oder 1507; in den Uffizien in Florenz)
Fresken in der Cappella Paolina, Rom: Bekehrung des Paulus (1542-1545) und Kreuzigung Petri (1545-1550)
Zu Michelangelos bekanntesten Skulpturen gehören:
Bacchus (1496/97; Museo Nazionale dell Bargello, Florenz)
Römische Pietà (1498/99; Basilika St. Peter, Rom)
Der sterbende Sklave (1513-1516; Louvre, Paris)
Moses (1513-1516; San Pietro in Vincoli, Rom)
Skulpturen in den Medici-Kapellen an der Kirche San Lorenzo in Florenz ( 1524-1533)
Zusammenfassung
Michelangelo wusste schon früh, dass er Künstler und vor allem Bildhauer werden wollte.
Seine Ausbildung orientierte sich an den antiken Skulpturen, die er im Garten der Medici kennenlernen und bewundern konnte. Sie wurden zu seinen Vorbildern.
Michelangelo signierte nur ein einziges seiner Kunstwerke: die Pietà im Petersdom in Rom.
Michelangelo wurde schon zu Lebzeiten als Künstler verehrt.
Der größte Rivale Michelangelos war Leonardo da Vinci.
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Richtige Antworten:
1. A) “Il Divino”
2. D) Medici
3. B) Leonardo da Vinci
4. A) Sixtinische Kapelle, Rom
5. B) Carrara