Zehn Monate lang kämpften Deutsche und Franzosen um die Festungsstadt Verdun. Die Schlacht war aber nicht nur die längste, sondern auch die brutalste des Ersten Weltkriegs. In dieser Story erfährst du, wie es den Franzosen gelang, dem massiven Beschuss standzuhalten, und warum sich diese Schlacht als „die Hölle von Verdun“ ins nationale Gedächtnis der Deutschen eingebrannt hat.
"Verdun, ein furchtbares Wort! Unzählige Menschen, jung und hoffnungsvoll, haben hier ihr Leben lassen müssen, ihre Gebeine verwesen nun irgendwo, zwischen Stellungen, in Massengräbern, auf Friedhöfen. (...) Hier hat der Tod seine Knochensaat ausgesät.
Die Front wankt, heute hat der Feind die Höhe, morgen wir, irgendwo ist hier immer verzweifelter Kampf. Mancher, der sich eben noch der warmen Sonne freute, hörte es schon irgendwo brüllen und heulend herankommen. Dahin sind alle Träume von Frieden und Heimat, der Mensch wird zum Wurm und sucht sich das tiefste Loch.“
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Jetzt runterladen!„Der Mensch wird zum Wurm und sucht sich das tiefste Loch.“ Diese eindrücklichen Worte stammen aus der Feder eines 20-jährigen deutschen Soldaten. Sein Name war Paul Boelicke, die Schlacht von Verdun überlebte er nicht. Noch heute steht der Name Verdun für den brutalen Stellungskrieg und für das sinnlose Massensterben im Ersten Weltkrieg.
Aber warum Verdun?
Nun, bei Verdun in der Region Lothringen wollte Deutschland die französische Armee endlich bis ins Mark treffen. Regelrecht ausbluten sollten die feindlichen Truppen. Die Stadt Verdun liegt am Fluss Meuse, auf Deutsch: Maas , rund 260 Kilometer nordöstlich von Paris und galt damals als stärkstes französisches Bollwerk in der festgefahrenen Westfront. Seit ihrer Niederlage gegen Deutschland im Jahr 1871 hatten die Franzosen einen massiven Verteidigungswall um Verdun errichtet mit insgesamt mehr als 40 Befestigungen. Doch als die deutschen Truppen am 21. Februar 1916 angriffen, waren die Bollwerke kaum mit Verteidigern besetzt, sodass das Fort Douaumont bereits vier Tage später in deutscher Hand war. Der französische Armeechef hatte dort einfach nicht mit einer deutschen Offensive gerechnet. Und so standen die Franzosen zunächst einer gewaltigen Übermacht gegenüber, reagierten aber schnell, indem sie ihre Truppen verstärkten und mit einem Gegenangriff reagierten. Von da an kämpften sie unter dem Befehl von General Philippe Pétain bis aufs Äußerste. Eine derart zähe Widerstandskraft hatte die Oberste Heeresleitung unter Leitung von Erich von Falkenhayn nicht erwartet. Fort Vaux, Côte 304, Fleury-devant-Douaumont und die Höhe “Toter Mann” bzw. “Le Mort-Homme”: All diese Orte bei Verdun wurden zu Orten des Grauens.
300 Tage lang warfen Deutsche und Franzosen alles ins Gefecht, was sie an Material und Menschen hatten. Riesige Geschütze feuerten ununterbrochen auf die gegnerischen Gräben und Stellungen, giftiges Gas verätzte die Lungen. In riesigen Granattrichtern lagen die zerfetzten Leichen, in den Gräben die Opfer von tödlichen Seuchen. Wie kaum eine andere Schlacht des Ersten Weltkriegs steht Verdun für das sinnlose Massensterben dieses Krieges. Und die Franzosen wurden stärker. Denn hier, nur 260 Kilometer vor ihrer Hauptstadt, ging es für sie um alles. Und das ganze Land kämpfte mit seinen Frontsoldaten. Das eigens eingerichtete Versorgungssystem hielt sie bei Kräften. Ununterbrochen lieferten Transporter aus dem französischen Hinterland neue Truppen, Verpflegung und Kriegsmaterial an die Front. "Voie sacrée”, “Heilige Straße“ tauften die Franzosen diese ausgeklügelte Verbindung zwischen Bar-le-Duc und Verdun.
Die Deutschen hingegen verschlissen ihre Truppen gnadenlos. Der anfängliche Erfolg war längst wieder dahin, die Moral miserabel, der Stellungskampf von äußerster Brutalität geprägt. Dauerregen verwandelte die Schützengräben in Schlammlöcher. Durchnässt, frierend und schlecht ernährt starben die deutschen Soldaten, die das Trommelfeuer überlebten, reihenweise an Seuchen wie der Cholera. Einer, der diese verheerende Schlacht auf deutscher Seite miterlebte, war der damals 18-jährige Erich Maria Remarque. In seinem Buch „Im Westen nichts Neues“ beschrieb der Schriftsteller später das mörderische Artilleriefeuer: „Es ist das Wahnsinnigste an Erschütterung, was es gibt. Wo sie niederfliegen, ist ein Massengrab." Bis heute ist sein Werk ein literarisches Mahnmal gegen den Krieg.
Erst am 18. Dezember 1916 endete die grausame Menschen- und Materialschlacht bei Verdun – mit einem Patt, wenngleich Frankreich als taktischer Sieger gilt. Für das Land war diese Schlacht ein nationaler Kraftakt aller Franzosen. Für die Deutschen war sie die Hölle. Rücksichtslos verheizte der deutsche Oberbefehlshaber seine Soldaten in dieser Knochenmühle, während der Bevölkerung in der Heimat glorreiche Siege vorgegaukelt wurde. In der deutschen Presse hieß es höchstens: „Im Westen nichts Neues“. Die Familien der mehr als eine Million deutschen Soldaten, die den Grabenkrieg bei Verdun kämpften, hatten keine Ahnung von dem Grauen, das ihre Söhne, Ehemänner und Väter durchmachten. Und wer dieser Hölle entkam, war entweder verstümmelt oder traumatisiert. Meist aber beides … Die Zahl der Toten und Verletzten auf beiden Seiten kann nur geschätzt werden, aber die Geschichtsforschung geht von mindestens 700.000 Opfern aus. Im Beinhaus von Douaumont (Ossuaire de Douaumont), einer Gedenkstätte auf dem Gebiet des zerstörten Dorfes Fleury-devant-Douaumont, werden die Gebeine von rund 130.000 nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten aufbewahrt. Auch das benachbarte Mémorial de Verdun ist den Hunderttausenden Opfern gewidmet.
Zusammenfassung
Die Schlacht von Verdun war die längste und grausamste Materialschlacht des Ersten Weltkriegs. Sie dauerte dann 300 Tage lang, von Februar bis Dezember 1916. Sie endete zwar ohne klaren Sieger, aber mit einem taktischen Erfolg Frankreichs.
Für Frankreich wurde die Verteidigung der befestigten Stadt zu einem nationalen Kraftakt. Mithilfe der Bevölkerung gelang es, die Front kontinuierlich mit neuen Soldaten, Verpflegung und Kriegsmaterial zu versorgen. “Heilige Straße” nannten die Franzosen diese wichtige Versorgungslinie.
Die deutsche Heeresleitung hingegen verheizte ihre Truppen rücksichtslos. Begriffe wie „Knochenmühle" oder „Hölle" sind für viele Deutsche bis heute mit der Schlacht um Verdun verbunden.
Die Gesamtzahl der Toten und Verletzten dieser Schlacht kann nur geschätzt werden. Die Forschung geht von mindestens 700.000 aus. Gleich zwei Gedenkstätten auf dem Gebiet des zerstörten Dorfes Fleury-devant-Douaumont sind den Opfern gewidmet: das Beinhaus von Douaumont und das Mémorial de Verdun.
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Richtige Antworten:
1. B) 300 Tage
2. A) Heilige Straße
3. B) Maas
4. A) Philippe Pétain
5. D) Auf dem Gebiet des zerstörten Dorfes Fleury-devant-Douaumont
6. C) An der Westfront im Ersten Weltkrieg