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Wostok 6

So schwierig war der erste Flug einer Frau ins All
Porträtaufnahmen des mutigen weiblichen Astronauten tragen Helm im Weltraum, Blick in Wonder.
Shutterstock
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Inhalte

Intro

Mit Sputnik 1 hatte die Sowjetunion 1957 den ersten künstlichen Satelliten und mit Juri Gagarin 1961 auch den ersten Kosmonauten ins All geschickt. Nach diesen Erfolgen ging der Wettlauf zwischen den beiden Weltmächten in die nächste Runde. In dieser Story erfährst du, wer die erste Frau im Weltraum war und warum auf ihrer Mission so einiges schiefging.

Kapitel 1: Rendezvous im All

Das Manöver ist riskant. Kein Wunder, findet es doch Tausende Kilometer von der Erde entfernt statt. Dort, im All, kreisen im Sommer 1963 gleich zwei sowjetische Raumschiffe um die Erde. Die Wostok 6 ist gerade erst ins All gestartet, die Wostok 5 umrundet bereits seit zwei Tagen die Erde. In wenigen Augenblicken werden sie sich bis auf wenige Kilometer einander annähern, um dann über Funk in Kontakt zu treten. Das ist zumindest der Plan. Die Raumfahrer selbst können dazu nur wenig beitragen, sie sind eher Passagiere als Piloten. Sie haben keine Möglichkeit, ihre Kapseln eigenhändig zu steuern – die Flugbahnen ihres Raumfluges werden vollständig vom Kontrollzentrum am Boden bestimmt. 

Dann ist es soweit. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelingt die Annäherung der beiden Flugkörper bis auf fünf Kilometer. Auf der Wostok 5 macht sich eine männliche Stimme bemerkbar. Es ist Waleri Bykowski, sein Funkname ist Falke. Von Bord der Wostok 6 meldet sich eine Stimme, die sich als Tschaika – zu Deutsch Möwe – zu erkennen gibt. Es ist Walentina Wladimirowna Tereschkowa, die erste Frau im All. 48 Mal wird sie die Erde umrunden und dabei knapp zwei Millionen Kilometer zurücklegen. Ihr Funkname wird sie von nun an ihr ganzes Leben lang begleiten. Zu Recht. Denn die Mission der Möwe Tschaika ist schon jetzt historisch...

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Kapitel 2: Sowjetische Signale

Der erste Flug einer Frau ins Weltall: Mit dieser Mission setzt das hochambitionierte sowjetische Weltraumprogramm bereits zum dritten Mal ein großes Ausrufezeichen: Mit Sputnik 1 hatte man 1957 den ersten künstlichen Satelliten und mit Wostok 1 im Jahr 1961 auch den ersten Menschen ins All geschickt: Juri Gagarin. Aber etwas fehlt noch: Frauen sind in der von Männern und dem Militär beherrschten Raumfahrtwelt bisher unsichtbar geblieben. Doch der Kreml will der Welt unmissverständlich zeigen: In der Sowjetunion ist alles möglich. Von dieser Kampagne erhofft sich die sozialistische Staatsführung eine weitere Stärkung ihres internationalen Ansehens und will ihren Vorsprung vor den USA, dem großen Gegenspieler im Kalten Krieg, weiter ausbauen. Als Kosmonautin der Mission Wostok 6 wünscht sich der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow obendrein noch eine Frau, die nicht aus Militär- oder Wissenschaftskreisen, sondern aus der Arbeiterklasse stammt. Aus 58 Bewerberinnen für diese Mission wird schließlich die Fabrikarbeiterin und begeisterte Fallschirmspringerin Walentina Tereschkowa ausgewählt. 1962 beginnt sie ihre professionelle Ausbildung zur Kosmonautin. Am 14. Juni 1963 startet sie vom Kosmodrom Baikonur mit dem Raumschiff Wostok 6 in die Erdumlaufbahn. Ihr Weltraumflug wird ein Erfolg – zumindest in den Jubelberichten, die um die Welt gehen. Denn tatsächlich verläuft die Mission alles andere als reibungslos…

Kapitel 3: Komplikationen an Bord

Kaum im All, bekommt es Tereschkowa mit der sogenannten Raumkrankheit zu tun: Rasende Kopfschmerzen, entsetzliche Übelkeit und ständiges Erbrechen setzen ihrem Körper zu. Sie ist kaum in der Lage, den Anweisungen aus dem Kontrollzentrum am Boden zu folgen oder überhaupt dessen Funksprüche zu beantworten. Und nicht nur das. Die Kosmonautin hält sich nicht an den vorgegebenen Zeitplan. Sie schläft, wenn sie eigentlich wach sein soll, und ist aktiv, wenn Ruhezeit ist. Und es kommt noch schlimmer: Während der Landephase des Raumschiffs reißt der Funkkontakt ab. Die „Möwe“ schweigt, bestätigt keine Befehle mehr. Die Techniker am Boden warten vergeblich auf Rückmeldungen, sie müssen mit dem Schlimmsten rechnen. Dennoch geht am Ende alles gut. Nach der geglückten Landung rund 620 Kilometer nordöstlich von Karaganda in Kasachstan erfasst eine Welle der Begeisterung das ganze Land. Vor laufenden Kameras bereitet die Staatsspitze ihrer Weltraumpionierin auf dem Roten Platz in Moskau einen umjubelten Empfang. Doch hinter den Kulissen wird sie vom Chef des sowjetischen Raumfahrtprogramms heftig zusammengestaucht – für die Pannen während ihres Raumflugs. Tereschkowas Weltraum-Karriere ist nach nur einer einzigen Mission zu Ende. Und auch anderen Frauen bleibt der Zugang zur Raumfahrt lange Zeit verwehrt. Erst 1982 wird wieder eine Kosmonautin, Swetlana Sawizkaja, in den Weltraum fliegen. Immerhin ist Tereschkowa bis heute auch die einzige Frau, die allein, also auf Solo-Mission, ins All flog. Und für die sowjetischen Machthaber ist Wostok 6 ein Signal an die Welt: ein Signal für die Überlegenheit des sozialistischen Systems.

Kapitel 4: Heldin der Nation

Und tatsächlich: Nach außen hin ist dieses Unternehmen für die Sowjetunion ein bahnbrechender Erfolg, ganz im Sinne der Staats- und Parteiführung. Das Porträt der sowjetischen Weltraumpionierin erscheint im ganzen Land auf Plakaten und Briefmarken, ihr Name steht in Geschichtsbüchern und Heldenlisten. Staatschef Chruschtschow gratuliert ihr mit den Worten:  „Ich bin sehr stolz darauf, dass unser Mädchen das erste im Weltraum ist! Das ist ein Triumph der Ideen Lenins." Die höchsten Orden werden ihr verliehen, in der gesamten sozialistischen Welt wird sie gefeiert. Die DDR widmet dem „2. sowjetischen Gruppenflug“ eine Briefmarke mit Tereschkowas Konterfei. Die 20-Pfennig-Marke (damals der Tarif für einen Normalbrief) ist bis heute, gestempelt oder ungestempelt, ein beliebtes Sammlerstück.

Die sowjetische Parteiführung benutzt Walentina Tereschkowa als Vorzeige-Kommunistin für ihre politische Eigendarstellung, ermöglicht ihr ein Studium und am Ende auch noch eine politische Karriere. Die erste Kosmonautin wird Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und wird später Abgeordnete im russischen Parlament. Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi – lange nach dem Zerfall der Sowjetunion – darf sie sogar die olympische Flagge tragen. 

Unbestritten bleibt: Aus Sicht der sowjetischen Propaganda ist Wostok 6 eine beispiellose Pionierleistung, die sich nahtlos in die erfolgreiche Serie der vorherigen Missionen einreiht. Die erste Frau im Weltall ist ein weiterer Erfolg im Kalten Krieg gegen die USA. Allerdings eher politisch als technisch – in der weltweiten Wahrnehmung spielte er eine weitaus geringere Rolle als etwa der Flug von Juri Gagarin zwei Jahre zuvor. Denn dem Projekt Mondlandung ist das sowjetische Raumfahrtprogramm mit Wostok 6 keinen einzigen Schritt näher gekommen, trotz großen Aufwands und hoher Kosten. Auch für die USA ändert sich dadurch nichts: Sie verfolgen weiterhin ihr großes Ziel, den ersten Astronauten auf den Mond zu bringen. 

Doch zunächst muss man sich dem Mond erst einmal nähern, um herauszufinden, ob und wo dort eine Raumkapsel landen kann. Noch weiß man wenig über den einzigen natürlichen Satelliten der Erde – zum Beispiel darüber, wie seine dunkle, der Erde abgewandte Seite wohl aussieht. Die Mission Apollo 8 wird erste Antworten auf diese Frage liefern...

Zusammenfassung

  • Die sowjetische Kosmonautin Walentina Tereschkowa (auch: Valentina Tereshkova) war die erste Frau im Weltall und ist bis heute die einzige, die auf Solo-Mission im All war. 

  • Ihre Mission (Wostok 6 / Vostok 6) startete am 16. Juni 1963. Zwischen Start und Landung der Raumkapsel vergingen 2 Tage 22 Stunden und 50 Minuten.

  • Mit der Entsendung der ersten Frau ins All setzte die UdSSR ein weiteres Zeichen beim Wettlauf im All und erhöhte damit den Druck auf die Vereinigten Staaten.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wie hieß die erste Frau, die ins Weltall flog?
    1. A) Olga Korbut
    2. B) Walentina Tereschkowa
    3. C) Anna Netrebko
    4. D) Jelena Bonner
  2. Wann startete die erste Frau ins All?
    1. A) 16. Juni 1963
    2. B) 11. Januar 1942
    3. C) 7. September 1954
    4. D) 26. Februar 1978
  3. Mit welchem Raumschiff flog die erste Frau ins All?
    1. A) Sputnik 6
    2. B) Wostok 3
    3. C) Wostok 4
    4. D) Wostok 6
  4. Wie lange war Wostok 6 im All?
    1. A) Etwa vier Stunden
    2. B) Circa fünf Wochen 
    3. C) Mehr als sechs Monate
    4. D) Knapp drei Tage
  5. Welche Laufbahn schlug Walentina Tereschkowa nach ihrem Weltraumflug ein?
    1. A) Politikerin
    2. B) Kolchosbäuerin 
    3. C) Tiefseetaucherin
    4. D) Fabrikleiterin
  6. Mit welchem Problem hatte die Kosmonautin Walentina Tereschkowa während der Wostok-6-Mission zu kämpfen?
    1. A) Schlaflosigkeit

    2. B) Höhenkrankheit

    3. C) Raumkrankheit

    4. D) Schnupfen

Richtige Antworten: 
1. B) Walentina Tereschkowa
2. A) 16. Juni 1963
3. D) Wostok 6
4. D) Knapp drei Tage
5. A) Politikerin
6. C) Raumkrankheit

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