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Bauhaus-Prinzip

Wenn die Form der Funktion folgt
Formen, Objekte und Einrichtungsgegenstände im Bauhausstil, in einem halbierten Raum ausgestellt.
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Inhalte

Intro

Das Bauhaus setzt Architekten und Designern neue Maßstäbe. Gebäude und Produkte sollen möglichst schlicht, funktional und aus zeitgemäßen Rohstoffen gefertigt sein. In dieser Story lernst du das wichtigste Bauhausprinzip kennen und erfährst, warum es noch heute aktuell ist.

Kapitel 1: Die Teekanne

Wilhelm Wagenfeld sinnt leidenschaftlich gern über Alltagsgegenstände nach. Warum, fragt sich der Silberschmied Anfang der 30er-Jahre, muss Teezubereitung so kompliziert sein? Da gibt man Teeblätter in die Kanne, gießt sie mit heißem Wasser auf, lässt das Gebräu ziehen und gießt den fertigen Tee durch ein Handsieb in die Tasse. Geht das nicht einfacher? Und warum sind viele Teekannen reich verziert, aber doch so unhandlich? Wie also könnte sie aussehen, die moderne Teekanne? Welches Material bietet sich an? Welche Funktionen muss sie haben? Und wichtiger noch: Welche Form ergibt sich daraus? Der passionierte Pfeifenraucher Wagenfeld, ausgebildet am Staatlichen Bauhaus in Weimar, beginnt zu skizzieren. Am Ende hat er ein Modell erschaffen, das es in sich hat.

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Kapitel 2: Die wohl wichtigste Gestaltungsregel der Moderne

Die Teekanne, die Wilhelm Wagenfeld 1931 entwirft, ist so genial, dass sie noch heute in ähnlicher Form in fast jedem Teetrinker-Haushalt zu finden ist. Wagenfelds Kanne besticht durch eine Eigenschaft: Ihr Teesieb ist bereits integriert – als zylindrischer Einsatz. So landet der Tee fertig gefiltert in der Tasse. Eine Innovation. Und die Kanne überzeugt durch ein neues Material: feuerfestes Glas. Das macht die Zubereitung noch einfacher, da sich so leicht erkennen lässt, wie lange der Tee noch ziehen muss. Die Kanne, die Wagenfeld entwirft, ist nicht nur praktisch in ihrer Handhabung, sondern dank reduzierter Form auch geeignet für die industrielle Massenherstellung. Mit seinem Entwurf kommt Wagenfeld gleich mehreren Bauhaus-Maximen nach: Ressourcen klug und ökonomisch einsetzen, Produkte für die Masse entwerfen, neue Technologien und „echte” Materialien nutzen, auf unnützen Zierrat verzichten. Und: Die Wagenfeld-Teekanne steht beispielhaft für das wohl bekannteste Bauhaus-Prinzip. Es lautet: Die Form folgt der Funktion. 

Aber was bedeutet das? Nun, einfach ausgedrückt: Die Gestaltung soll sich an der praktischen Funktion orientieren. Bei der Kanne bietet sich die einfache Form eines Kreises bzw. einer Kugel an. Die Kanne hat weder Dekor noch unnötiges Beiwerk. Denn: Formen, die keine Funktionen haben, sind überflüssig. Das gilt für Teekannen genauso wie für Gebäude.

Der Gestaltungsgrundsatz „Die Form folgt der Funktion“ ist aber streng genommen keine Bauhaus-Erfindung. Der Satz stammt von dem amerikanischen Architekten Louis Sullivan, der bereits 1896 in einem Aufsatz über Hochhäuser die Maxime „Form follows Function“ ausgerufen hatte. Sullivan hatte allerdings – entgegen dem Bauhaus-Prinzip – nichts gegen Verzierungen, Stuck oder Ornamente. Bauhaus-Gründer Walter Gropius aber schon. „Form follows function“ bedeutete für ihn, auf jegliches Dekor und funktionslose Verzierungen zu verzichten. Gropius ging es allein um Linie, Form und Farbe. Oder wie es der Teekannenpionier Wilhelm Wagenfeld ausgedrückt hat: „Jedes Stück soll so schön und praktisch sein, dass der Reichste wünscht, es zu besitzen, und so preiswert, dass der Ärmste es sich kaufen kann.“

Kapitel 3: Handwerk, Kunst und Industrie

Walter Gropius ist 1919 Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst geworden. Er hat sie um eine Kunstgewerbeschule ergänzt und ihr den Namen „Staatliches Bauhaus in Weimar” gegeben. Gropius revolutioniert die Lehre, indem er Handwerk und Bildende Kunst gleichberechtigt in einer gemeinsamen Grundausbildung – dem Vorkurs – vereinigt. Denn er sagt: „Die Beherrschung seines Handwerks ist für jeden Künstler unerlässlich. Darin liegt die Quelle der schöpferischen Phantasie.“

Gerade einmal 14 Jahre existiert die Bauhaus-Schule. Diese Zeit aber reicht aus, um ein zeitloses Design und so einige Verkaufsschlager hervorzubringen. Besonders seit dem Umzug nach Dessau ab 1925 orientieren sich künstlerische Gestaltung und industrietaugliches Design nach der Vorgabe „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ und dem Prinzip der Einfachheit und Effektivität. Gropius formuliert es so: „Es besteht keine Notwendigkeit, die Dinge zusätzlich zu verzieren und immer ,schöner’ zu machen. Sie sind gut, so wie sie sind.“

In dieser Zeit schließt das Bauhaus Dessau Kooperationsverträge mit der Industrie. Wagenfelds Teekanne beispielsweise wird seinerzeit im Jenaer Glaswerk Schott & Gen hergestellt. Auch Wagenfelds Tischleuchte aus Glas und Metall setzt Maßstäbe im Industriedesign, bleibt aber aufgrund des hohen Preises ein Liebhaberstück. Zum Möbel-Klassiker wird der Freischwinger, ein Stuhl oder Sessel ohne Hinterbeine. Die praktische und wunderbar bequeme Konstruktion hat gleich mehrere Väter: Ein erstes Modell entwickelte der Niederländer Mart Stam 1926 als „Kragstuhl“. Ludwig Mies van der Rohe stellte ein Jahr später ein verbessertes Modell aus Stahlrohr und Eisengarn für die Stuttgarter Weißenhof-Siedlung des Deutschen Werkbundes vor, und Marcel Breuer entwickelte zahlreiche weitere Verbesserungen und Varianten des Freischwingers.

Kapitel 4: Zeitloser Kassenschlager

Zu einem Designklassiker wird die Bauhaus-Tapete, die seit den 30er-Jahren an den Wohnungswänden in den Arbeitersiedlungen klebt. Die erste Kollektion mit 14 Mustern entsteht 1929 in der Bauhaus-Werkstatt für Wandmalerei in Dessau. Das Besondere an der Bauhaus-Tapete: Sie ist einfarbig und mit einer flachen Musterung versehen – im Grunde eine ästhetische Vorform der Raufaser-Tapete. Allerdings hat es der Bauhaus-Wandschmuck anfangs schwer. Denn in Mode sind seinerzeit eher florale und ornamentartige Wandbekleidungen. Dagegen wirkt die einfarbige Bauhaus-Tapete wie ein provokanter Gegenentwurf. Erst als die niedersächsische Fabrik Rasch, die die Tapeten druckt und vertreibt, Zeitungsanzeigen schaltet und Muster an wichtige Architekten schickt, steigt der Absatz – und die Bauhaus-Tapete kann ihren Siegeszug antreten. 

Nach der Auflösung der Bauhaus-Schule kann sich die Firma Rasch dann die Rechte an den Tapeten inklusive des Markennamens „Bauhaus” sichern. So wird die Tapete zum einzigen Bauhausprodukt, das bis heute seriell hergestellt wird. 

Ja. Bauhaus wirkt. Noch heute. Und vor allem weltweit. Nach wie vor orientieren sich viele Architekten und Designer an den reduzierten Formen und der schlichten Eleganz des Bauhausstils. Die Geschichte des Bauhaus bewahrt das Bauhaus-Archiv Berlin in der weltweit größten Sammlung zum Thema. Und das Bauhaus-Credo, das schlichte Schöne für die Massenproduktion tauglich zu machen, wird nicht nur von deutschen Firmen weitergetragen – der schwedische Möbelhersteller Ikea ist solch ein Beispiel.

Kapitel 5: Bedeutende Künstler

Das Bauhaus-Prinzip ist mit vielen großen Namen verbunden. Bedeutende Künstler des 20. Jahrhunderts haben am Bauhaus gearbeitet und gelehrt, unter ihnen die avantgardistischen Maler Wassily Kandinsky, Paul Klee und Johannes Itten, der deutsch-amerikanische Maler, Grafikdesigner und Karikaturist Lyonel Feininger, der deutsche Grafiker Georg Muche, der Glasmaler und Kunstpädagoge Josef Albers, der experimentierfreudige Fotograf László Moholy-Nagy, die Weberin und Textilgestalterin Gunta Stölzl, die Metalldesignerin Marianne Brandt, der Bildhauer und Bühnenbildner Oskar Schlemmer, die Architekten und Möbeldesigner Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe sowie der Architekt und Stadtplaner Hannes Meyer.

Überhaupt lässt sich Bauhaus-Architektur an vielen Orten der Welt bewundern. Zum Beispiel in Tel Aviv, der Hauptstadt von Israel. Sie beherbergt das weltweit größte zusammenhängende Viertel aus Bauhaus-Gebäuden.

Zusammenfassung

  • Das Bauhaus war von Beginn an nicht allein ein architektonischer Stil, sondern eine Schule, die Handwerk und Bildende Kunst auf Augenhöhe miteinander verband. Gründer Walter Gropius sagte dazu: „Die Beherrschung des Handwerks ist für jeden Künstler unerlässlich. Darin liegt die Quelle der schöpferischen Phantasie.”

  • Ein zentrales Bauhaus-Prinzip lautet: „Form follows Function” (Die Form folgt der Funktion). 

  • Der Bauhaus-Designer Wilhelm Wagenfeld entwarf wichtige Klassiker der Moderne, darunter die Teekanne aus Glas und die berühmte Bauhaus-Leuchte. 

  • Die Bauhaus-Künstler hatten den Anspruch, schöne und praktische Produkte für die Masse zu produzieren nach dem Motto: „Volksbedarf statt Luxusbedarf“. Zum Topseller wurde die Tapete, die als einziges Bauhaus-Produkt bis heute in Deutschland seriell gefertigt wird.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wie heißt ein zentrales Gestaltungsprinzip der Bauhaus-Schule?
    1. A) „Alles muss symmetrisch sein”
    2. B) „Das ist alles nur geklaut”
    3. C) „Das Runde muss ins Eckige”
    4. D) „Die Form folgt aus der Funktion”
  2. Der Gestaltungsgrundsatz „Die Form folgt aus der Funktion“ ist streng genommen keine Bauhaus-Erfindung. Von wem stammt der Satz?
    1. A)  Von dem deutschen Maler und Grafiker Paul Klee
    2. B) Von dem deutschen Architekten Walter Gropius
    3. C) Von dem amerikanischen Architekten Louis Sullivan
    4. D) Von dem römischen Architekten Vitruv
  3. Welcher Bauhaus-Topseller wird unter diesem Markennamen bis heute in Serie hergestellt?
    1. A) Teppich
    2. B) Tapete
    3. C) Gardine
    4. D) Bilderrahmen
  4. Welcher Designer entwarf u.a. die berühmte Bauhaus-Leuchte?
    1. A) Wilhelm Wagenfeld
    2. B) Le Corbusier
    3. C) Josef Albers
    4. D) Ludwig Mies van der Rohe
  5. Welcher Möbel-Klassiker ist untrennbar mit dem Bauhaus verbunden?
    1. A) Der Ohrensessel
    2. B) Der Schreibsekretär
    3. C) Der Freischwinger
    4. D) Das Himmelbett

Richtige Antworten: 
1. D) Die Form folgt aus der Funktion
2. C) Von dem amerikanischen Architekten Louis Sullivan
3. B) Tapete
4. A) Wilhelm Wagenfeld
5. C) Der Freischwinger

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