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Bauhaus Tel Aviv

Die "Weiße Stadt" in Israel
Das Bauhausmuseum
Wikipedia
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Inhalte

Intro

Das Bauhaus ist eine deutsche Erfindung. Aber wusstest du, dass das Viertel mit den meisten Bauhaus-Gebäuden nicht in Deutschland, sondern in Israel steht? In der Stadt Tel Aviv nämlich errichteten jüdische Auswanderer die sogenannte „Weiße Stadt“. In dieser Story erfährst du, wie sich die Bauhaus-Architektur in der Wüste neu erfunden hat.

Kapitel 1: Der Traum von einer Gartenstadt

Der heiße Wind treibt das Thermometer auf über 35 Grad. Die Sonne brennt vom azurblauen Himmel. Wüstensand – so weit das Auge reicht. Am Horizont lässt sich das Mittelmeer erahnen, ab und an erreicht eine salzige Brise den staubigen Landstrich vor den Toren der alten Hafenstadt Jaffa. Hier hat der Stadtplaner Sir Patrick Geddes Großes vor: Eine Wohn-Utopie in der Wüste, die Platz bietet für die jüdischen Arbeiter in Jaffa und Aussiedler aus Europa. Der Stadtplaner will eine moderne Großstadt unweit des Meeres, mit viel Grün, mit Licht und Luft, mit freistehenden Villen und langen Boulevards. Wir schreiben das Jahr 1925, und Patrick Geddes träumt von einem Ort, der Raum lässt für kühne Architektur.

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Kapitel 2: Vision in der Wüste

Im Jahr 1925 ist Tel Aviv noch keine pulsierende Großstadt wie heute. Eher eine kleine Siedlung jüdischer Einwanderer, ein Vorort Jaffas. Aber sie wächst schnell. Also beauftragt Tel Avivs Bürgermeister den schottischen Stadtplaner Patrick Geddes. Er soll einen Plan für eine schnell wachsende, moderne Stadt entwerfen. Die Siedlung vor den Toren Jaffas neu zu gestalten aber fordert selbst einen erfahrenen Stadtplaner wie Patrick Geddes heraus. Die Sache ist so aufwendig wie teuer: Pflanzen für Gärten und Parks herantransportieren, Baumaterial beschaffen, tüchtige Handwerker finden – am Ende lässt sich nur ein Teil seines Plans verwirklichen. 

Was Architekten dann aber in den 1930er und 40er-Jahren im Herzen von Tel Aviv erschaffen, lässt wiederum die Herzen von Bauhaus-Fans höher schlagen. Es entsteht das weltweit größte zusammenhängende Gebäude-Ensemble im Stil der sogenannten Internationalen Moderne, eine Architekturbewegung, zu der das Bauhaus gehört. 4000 Gebäude im Internationalen Stil umfasst das Viertel, alle modern-funktional und hell verputzt. Es wird deshalb auch „The White City“, die „Weiße Stadt“, genannt. 

Aber wie kam der Weimarer Bauhausstil überhaupt in die Wüste?

Kapitel 3: Meisterschüler auf der Flucht

Während das 1909 gegründete Tel Aviv in den 30er-Jahren zu einer Stadt heranwächst, verschärfen sich im nationalsozialistischen Deutschland die Arbeitsbedingungen für jüdische Menschen. Immer mehr wandern nach Palästina aus, damals britisches Mandatsgebiet und zunehmend Zufluchtsort für verfolgte Juden aus ganz Europa. Auch junge talentierte Architekten gehen in Jaffa oder Haifa an Land. Viele sind am staatlichen Bauhaus in Dessau und Weimar ausgebildet worden oder fühlen sich der architektonischen Moderne zugehörig. In Tel Aviv, das dringend neuen Wohnraum braucht, tun sich die Vertreter des Bauhaus-Stils leicht. Sie wissen, wie modernes, funktionales Bauen funktioniert. Die jungen Architekten sollen möglichst schnell und preiswert Häuser für Tel Avivs wachsende Bevölkerung entwerfen. Sie entwerfen hell verputzte, würfelförmige Gebäude, darunter Villen, mehrstöckige Wohnhäuser oder Kinos und Theater. So wächst eine neue Stadt mit klar proportionierten Häusern und frei von überflüssigen Ornamenten. Form follows Function – selbst in der Wüste. 

Und doch entwickeln die Architekten in Tel Aviv einen eigenen Bauhaus-Stil. Sie interpretieren Ansätze aus ganz Europa neu. Junge Baumeister aus Belgien oder Frankreich sind mit von der Partie, beeinflusst von Le Corbusier, einem wichtigen und gefeierten Vertreter der Internationalen Moderne. Geschickt passen seine Schüler ihre Gebäude den klimatischen und geologischen Bedingungen des Nahen Ostens an. Wo heißer Wüstenwind weht, die Sonne vom Himmel brennt, die Nächte bitterkalt sein können und der lockere Sandboden wenig Halt für Fundamente bietet, müssen sie anders vorgehen. Sie entwerfen Häuser auf Stelzen, füllen den luftigen Zwischenraum mit tiefwurzelnden Pflanzen und schaffen so kleine Vorgärten mit günstigem Mikroklima und stabilen Böden. Stahlbeton lässt ihnen mehr Freiheiten bei den Grundrissen, lamellenartige Querbänder vor den Balkonen (besonders typisch am Max-Liebling-Haus) sorgen für Schatten und Kühle. Flachdächer laden in den warmen Sommernächten zum Verweilen ein. Einige Gebäude bekommen runde Öffnungen verpasst, sie gleichen Bullaugen und symbolisieren Neubeginn und Hoffnung im Gelobten Land, das man ja gerade per Schiff erreicht hatte. Die Wohn-Utopie in der Wüste wird zur Stadt der internationalen Moderne – ganz im Geist von Walter Gropius, der einmal sagte: „Die Baukunst soll ein Spiegel des Lebens und der Zeit sein.“

Kapitel 4: Eine weiße Stadt wird grau

Als das Bauhaus 2019 seinen 100-jährigen Geburtstag feiert, besuchen Kulturjournalisten aus der ganzen Welt Tel Aviv. Sie wollen sehen, wie es um das Bauhaus-Erbe in Israels hipper Strandstadt bestellt ist. Seit 2003 ist die „Weiße Stadt” UNESCO-Weltkulturerbe, und immerhin die Hälfte der 4000 Gebäude steht unter Denkmalschutz. Darunter befindet sich auch das Beit Bialik, welches das Andenken des Nationaldichters Chaim Nachman Bialik (1873–1934) als Museum mit aktiver Ausstellung und Bibliothek am Leben hält. Doch die internationalen Berichterstatter bekommen die Realität einer wachsenden Großstadt zu sehen, die Mühe hat, ihr architektonisches Erbe zu bewahren. Die „Weiße Stadt” ist teilweise mehr grau als weiß. Der Putz bröckelt, die salzige Meerluft hat ihn porös gemacht. Etliche Bewohner haben ihre Balkone zugemauert – aus Mangel an Wohnraum. Tel Aviv, so stellen die Reporter fest, ist inzwischen eine Metropole mit Hochhaus-Skyline, ein Touristenmagnet mit hohen Mieten und Lebenshaltungskosten. Auch der zentrale Platz der Weißen Stadt Tel Aviv, der Dizengoff-Platz, hatte zwischenzeitlich seinen Bauhaus-Zauber eingebüßt. Er wurde angehoben und untertunnelt, Blechlawinen schieben sich unter dem einstigen Herzstück der Siedlung hindurch. Aber auch das ist, wenn man so will, eine Version von „form follows function”. 

Heute ist die Geschichte und das Erbe der Bauhaus-Architektur in Tel Aviv dank der Arbeit des White City Centers (Bauhaus Center Tel Aviv) erlebbar. Das Bauhaus Center wurde im Jahr 2000 von Asher Ben Shmuel sowie Shlomit und Micha Gross gegründet. Es bietet unter anderem Ausstellungen, eine Bibliothek und Bauhaus-Touren durch die Stadt.

Zusammenfassung 

  • Das größte zusammenhängende Viertel von Gebäuden im Bauhaus-Stil befindet sich in Tel Aviv. Weil die Häuser ursprünglich alle weiß verputzt waren, nennt man dieses Viertel die „Weiße Stadt”.

  • Dass das Bauhaus im späteren Israel seine Blütezeit erlebte, ist auf die jüdischen Architekten zurückzuführen, die in den 1930er-Jahren vor den anti-jüdischen Gesetzen der Nationalsozialisten nach Palästina flohen. Viele hatten am Bauhaus in Weimar und Dessau gelernt. 

  • Diese Architekten prägten in Tel Aviv einen Baustil, der sich am Bauhaus orientierte, aber an die klimatischen und geologischen Bedingungen der Stadt angepasst wurde.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. n welcher Stadt steht das Viertel mit den meisten Gebäuden im Bauhaus-Stil?
    1. A) In Moskau
    2. B) In Athen
    3. C) In Tel Aviv
    4. D) In New York
  2. Wie wird Tel Aviv mit Blick auf sein Bauhaus-Viertel auch genannt?
    1. A) „Gropiusstadt“
    2. B) „Weiße Stadt“
    3. C) „Klein-Dessau“
    4. D) „Platte“
  3. Wer wurde im Jahr 1925 damit beauftragt, einen Stadtplan für das schnell wachsende Tel Aviv zu entwerfen?
    1. A) Patrick Geddes
    2. B) Walter Gropius
    3. C) Ludwig Mies van der Rohe
    4. D) Meir Dizengoff
  4. Wie kam der Bauhaus-Stil nach Israel?
    1. A) Durch Zufall
    2. B) Durch aus Hitlerdeutschland geflohene Bauhaus-Architekten
    3. C) Durch Industriespionage
    4. D) Durch die UNESCO
  5. Was unterscheidet die Bauhaus-Architektur in Israel von derjenigen in Deutschland?
    1. A) Die Hochhäuser haben Holzfassaden
    2. B) Die Gebäude sind den klimatischen und geologischen Bedingungen des Nahen Ostens angepasst
    3. C) Die Gebäude haben Spitzdächer
    4. D) Es gibt keinen Unterschied

Richtige Antworten: 
1. C) In Tel Aviv
2. B) „Weiße Stadt“
3. A) Patrick Geddes 
4. B) Durch aus Hitlerdeutschland geflohene Bauhaus-Architekten
5. B) Die Gebäude sind den klimatischen und geologischen Bedingungen des Nahen Ostens angepasst.

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