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Goethes Werther

Dieser Roman verführte eine ganze Generation
Wilhelm Amberg: Vorlesung aus Goethes „Werther“, 1870
Wikipedia
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Intro

Mit gerade einmal 24 Jahren und innerhalb weniger Wochen hat Johann Wolfgang Goethe einen Roman geschrieben, der eine ganze Generation bewegte. „Die Leiden des jungen Werthers“ machte den in Frankfurt am Main geborenen deutschen Dichter in ganz Europa schlagartig berühmt. Nach dieser Story weißt du, warum der Roman aber auch hitzige Diskussionen auslöste und welches gefährliche Phänomen hinter dem sogenannten Werther-Effekt steckt.

Kapitel 1: Liebe mit Hindernissen

Werther stöhnt und wirft sich auf seinem Bett hin und her. Seine Gedanken kreisen immer nur um eine Person. Er kann es nicht abstellen – dieses Gedankenkarussell. Er sieht sie vor sich: Lotte. In all ihrer bezaubernden Schönheit. Er weiß, sie gehören zusammen. Doch es gibt ein Problem: Lotte ist verlobt! Zwar mit einem guten, braven Mann – dem Geschäftsmann Albert, dem Werther ein guter Freund geworden ist. Doch in puncto Gefühl kann Albert es nicht mal annähernd mit dem Feuer aufnehmen, das in Werthers Seele lodert! Seine Anbetung für Lotte ist beispiellos! Werther schlägt die Decke zurück und steht auf. Nein, an Schlaf ist nicht zu denken! Er wird das Einzige tun, was ihm wenigstens ein wenig Gemütsruhe verschafft. Er will hinaus in die nächtliche Natur. Ein Spaziergang wird ihm sicher helfen – auch wenn Werther ahnt, dass das silbrige Mondlicht ihn nur an Lottes strahlende Augen erinnern wird ...

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Kapitel 2: Große Gefühle

Ja, in „Die Leiden des jungen Werthers“ geht es vor allem um eins: um die ganz großen Gefühle. In Johann Wolfgang Goethes Briefroman wird geliebt und ganz besonders gelitten. Denn ein junger Mann namens Werther stürzt sich mit jeder Faser seiner Körpers in eine unglückliche Liebe. Als das Werk 1774 erschien, machte es den jungen Goethe auf einen Schlag auch europaweit berühmt! Sein Werther traf den Nerv der Zeit und vor allem das Lebensgefühl der jungen Generation seiner Zeit. Es war die Epoche der Aufklärung, die von etwa 1700 bis 1800 dauerte und das Streben nach Freiheit, Sachlichkeit und Vernunft zum Ideal hatte. Indem er den eigenen Verstand nutzte, sollte der Mensch Aberglauben und Unmündigkeit überwinden. Aber mit dieser „Freiheit” des Individuums war es so eine Sache, denn im Hinblick auf die äußeren Bedingungen und Machtverhältnisse blieb im feudalen Staate doch alles beim Alten. So war die Sehnsucht nach Ausbruch und Leidenschaft entsprechend groß. Genau das verkörperten Goethe und andere junge Autoren des sogenannten Sturm und Drang. Sie machten es sich zur Aufgabe, verkrustete Strukturen aufzubrechen und gegen die Nüchternheit jener Zeit anzuschreiben.

Unter dem Einfluss englischer Philosophen wie David Hume gab es zugleich eine noch stärker gefühlsbetonte Strömung in Literatur und Geisteswissenschaften. Der deutsche Begriff für diese Strömung – „Empfindsamkeit” – entstand bei der Übersetzung der Reiseerzählung „A Sentimental Journey” des irisch-englischen Autors Laurenz Sterne – und zwar auf Vorschlag von Gotthold Ephraim Lessing, eines der bedeutendsten Dichter und Dramatiker der Aufklärung. Er stand einigen bekannten Vertretern der „Empfindsamkeit” persönlich nahe, distanzierte sich jedoch von der „Weinerlichkeit”, die ihm an so manchem Theaterstück oder Buch dieser Zeit unangenehm auffiel. Die Bewegung der Empfindsamen verstand sich unterdessen nicht als „Konkurrenz”, sondern als Ergänzung zur kühlen Ratio der Aufklärung. Denn, so ihre Anhänger: Auch Mitgefühl, Zärtlichkeit und freiwilliges sittlich-moralisches Handeln seien letztlich ohne Vernunft nicht möglich.

Kapitel 3: Erfolg mit Gefühl

Goethes „Werther” gilt als typisches Werk des Sturm und Drang. Der junge Dichter war bereits mit seinem Erstlingswerk Götz von Berlichingen” schlagartig berühmt geworden, aber sein Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ ging buchstäblich durch die Decke, und das europaweit. Der Mega-Erfolg hatte aber auch mit seiner besonderen Erzählform zu tun. Denn Goethe lässt die Geschichte durch Werthers Briefe an dessen Freund Wilhelm in der Ich-Form erzählen. Dadurch bekommt der Leser einen direkten Einblick in die Gefühlswelt des Romanhelden, der in einen fiktiven Ort namens Wahlheim reist, um eine Erbschaftsangelegenheit zu regeln. Und diese Gefühlswelt hat es in sich. Werther ist kein Mensch der Vernunft oder des Maßes. Seine Gefühle sind überschwänglich und ungezügelt. Am „16. Julius” etwa lässt Goethe ihn schwärmen:

„Ach, wie mir das durch alle Adern läuft, wenn mein Finger unversehens den ihrigen berührt, wenn unsere Füße sich unter dem Tische begegnen! Ich ziehe zurück wie vom Feuer, und eine geheime Kraft zieht mich wieder vorwärts – mir wird’s so schwindelig vor allen Sinnen.”

Obwohl der junge Werther weiß, dass seine Auserwählte, ein Mädchen namens Lotte, mit einem anderen Mann verlobt ist, lässt er seinen Gefühlen freien Lauf. Er sehnt sich nach Lottes Liebe. Konsequent steigert er sich in einen regelrechten Glücksrausch.

Doch was folgt auf einen Rausch? Richtig: ein ordentlicher Kater.

Kapitel 4: Unerfüllte Sehnsucht

Der Titel des Werks deutet es schon an: Die Geschichte um den jungen Werther handelt nicht nur von der großen Liebe, sondern auch vom ganz großen Leid. Denn als Lottes Verlobter Albert auf der Bildfläche erscheint, kommt für Werther das böse Erwachen – aus Leidenschaft wird Liebeskummer. Durch die Konstellation dieser Dreiecksgeschichte spielt Goethe aber nicht nur zwei Männer, sondern auch zwei Geisteshaltungen gegeneinander aus: Es geht um die große Frage, wovon sich der Mensch leiten lassen sollte: von der Vernunft oder dem Gefühl? 

Albert, Lottes Verlobter, verkörpert in Goethes Werk den vernünftigen Menschen, er ist ein typischer Vertreter der Aufklärung. Ihn stört es nicht wirklich, dass dieser allzu romantisch veranlagte Werther seine Verlobte besucht und ihr Gedichte vorliest. Die beiden Männer kommen sogar miteinander ins Gespräch – und offenbaren dabei die Verschiedenheit ihrer Charaktere nur allzu deutlich: hier der nüchterne und pflichtbewusste Albert, dort der hoch emotionale Werther steht für die Ideale, die der Sturm und Drang als literarische Strömung verinnerlicht hat: für Gefühl und Leidenschaft. Das wird besonders in einer Szene im ersten Teil deutlich: Zwischen Albert und Werther entbrennt eine lebhafte Diskussion, als sich Werther Alberts Pistole an die Schläfe hält. Sie streiten darüber, ob sich der Mensch von seinen Leidenschaften übermannen lassen sollte. Werther schimpft dabei über die nüchterne Art und Weise, mit der viele Gelehrte große Gefühle abtun – und deshalb eigentlich die wahren Kleingeister seien. Albert hält dagegen und warnt davor, dass zu viel Gefühl zu sinnlosen und schlimmen Taten führen kann. Und spätestens an dieser Stelle ahnen wir, dass der junge Werther gewillt ist, sich ausschließlich von seinen Gefühlen und nicht von der Vernunft leiten zu lassen. Dass er gewillt ist, bedingungslos zu lieben – und das bis in den Tod.

Kapitel 5: Gefühl oder Vernunft

Goethes „Werther” trägt autobiografische Züge. In ihm verarbeitet der Dichter eine eigene unerfüllt gebliebene Liebe, und das sogar ziemlich nah am selbst Erlebten. Werthers Gefühle sind auch die seinen. Denn die „Lotte” in seinem Briefroman hatte ein reales Vorbild in Charlotte Buff, einer ehrbaren Bürgerstochter aus Wetzlar, die Goethe im Juni 1772 auf einem dörflichen Fest kennenlernte. Sie führte den väterlichen Haushalt und sorgte an Stelle der verstorbenen Mutter liebevoll für ihre zehn jüngeren Geschwister. Goethe verliebte sich spontan in sie. Aber Charlotte war bereits in festen Händen. Obwohl der junge Dichter eine Weile Kontakt zu ihr und auch ihrem Verlobten hielt, belastete ihn die unerfüllte Sehnsucht sehr. Er verarbeitete sie auf seine Weise und spann die Geschichte weiter: Was wäre, wenn? Sein Romanheld geht freiwillig in den Tod – auch, um die geliebte Frau nicht dem Gerede der engstirnigen bürgerlichen Gesellschaft preiszugeben. Goethe selbst hingegen sollte bald Karriere machen: am Hof des Herzogs Carl August in Weimar. Dort in dem thüringischen Städtchen sollten sich Goethe und Charlotte noch einmal wiedersehen – nur kurz und eher kühl. Der Schriftsteller Thomas Mann griff diese Geschichte in seinem Roman „Lotte in Weimar” auf, der 1939 erschien.

Im zweiten Teil des Briefromans kommt es, wie es kommen muss: Albert und Lotte heiraten – und Werther ist am Boden zerstört. Noch einige Male trifft er sich mit Lotte, liest ihr Gedichte von Ossian vor und ja, es kommt sogar zu einem leidenschaftlichen Kuss. Ein Ehebruch aber würde Lotte gesellschaftlich zerstören. Das kann Werther seiner Angebeteten nicht antun. Leidenschaftlich hat er sich der Liebe zu Lotte hingegeben, leidenschaftlich suhlt er sich nun in seinem eigenen Leid – und er fasst einen bitteren Entschluss: Er will seinem Leben ein Ende setzen. Werther schreibt einen letzten Brief an Lotte und schickt einen Bediensteten, um sich Alberts Pistole zu leihen. Wofür, sagt er nicht. Ausgerechnet Lotte ist es dann, die dem jungen Diener die Waffe aushändigt. Und wenig später stirbt Werther durch die eigene Hand. Als man ihn tödlich verwundet findet, liegt auf seinem Schreibpult aufgeschlagen das Bürgerliche Trauerspiel „Emilia Galotti” von Gotthold Ephraim Lessing.

Kapitel 6: Der Werther-Effekt

Lessing war denn auch einer derjenigen, die Goethes „Werther” und dessen tragisches Ende heftig kritisierten. Denn auch diese Romanfigur hatte ihr Vorbild in der realen Welt: in einem jungen Mann namens Karl Wilhelm Jerusalem. Er war studierter Jurist, angehender Philosoph und stand sowohl Goethe als auch Lessing persönlich nahe. Der junge Karl Wilhelm war in eine verheiratete Frau verliebt. Weil sie für ihn unerreichbar war, erschoss er sich.

Lessing ärgerte sich vor allem darüber, dass Goethe seinen verstorbenen Freund im Roman als einen „empfindsamen Narren“ dargestellt habe – völlig an der Person Karl Wilhelm Jerusalems vorbei, denn dieser sei ein „wahrer, nachdenkender Philosoph“ gewesen! Sozusagen als Protest veröffentlichte Lessing Jerusalems „Philosophische Aufsätze“ und ersuchte Goethe per Brief, seinen Roman um eine relativierende Anmerkung zu ergänzen. Und tatsächlich folgte Goethe der Aufforderung. Schon im Vorwort zur zweiten Ausgabe von 1775 findet sich ein bemerkenswerter Zusatz. Dort heißt es: „Sei ein Mann, und folge mir nicht nach.“

Dennoch schlug Werthers Tod hohe Wellen. Die Kirche sah darin einen Angriff auf Ehe und Moral. Auch wurde Goethe vorgeworfen, die Jugend zum Selbstmord anzustiften. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, die Veröffentlichung des Romans habe eine regelrechte Suizidwelle losgetreten. Tatsächlich aber konnten nur sehr wenige Selbstmorde mit Goethes Roman in Verbindung gebracht werden. Trotzdem wird noch heute vom sogenannten „Werther-Effekt” gesprochen. Und zwar dann, wenn nach einer Berichterstattung über einen Suizid die Zahl der Selbstmorde steigt. Weil es diesen Zusammenhang tatsächlich gibt, berichten Medien nur noch selten über Suizide.

1787 überarbeitete Goethe seinen Werther; dabei strich er unter anderem auch das Genitiv-s im Titel. Daher sind heute beide Versionen geläufig. Das Werk gehört zu den erfolgreichsten Romanen der deutschen Literaturgeschichte. Goethe war ein Star geworden. Doch auf das Hoch folgten kreative Dürrejahre.

Kapitel 7: Der Geheimrat

Carl August, der Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach, war auf den erfolgreichen Dichter aufmerksam geworden und nutzte ein eher zufälliges Zusammentreffen in Frankfurt am Main, um ihm ein Hofamt in seiner Residenzstadt schmackhaft zu machen. Goethe sagte zu und durfte sich bald „Geheimer Legationsrat” nennen. Faktisch war er Kultus- und Bergbauminister, später kümmerte er sich auch um die Finanzen des kleinen Herzogtums. Nebenbei betätigte er sich als Naturforscher, beschäftigte sich unter anderem mit Geologie, Botanik und der Farbenlehre. In Weimars Gesellschaft genoss er hohes Ansehen. Auch Herzog Carl August war seinem Geheimrat herzlich zugetan. Er schenkte ihm ein Gartenhaus im Park an der Ilm und beantragte beim Kaiser Joseph II. sogar einen Adelstitel für ihn. Doch nach zehn Jahren am Weimarer Hof musste Goethe feststellen, dass sein literarisches Werk kaum mehr Fortschritte machte. 1782 hatte er seine Ballade „Der Erlkönig” veröffentlicht, seitdem herrschte kreative Dürre in seinem Arbeitszimmer. Auch das Hofzeremoniell und überhaupt die ganzen gesellschaftlichen Zwänge empfand er als beengend. 1786 bat er Carl August um Urlaub. Und tatsächlich: Eine Reise nach Italien sollte in Goethe wieder dichterisches Feuer entfachen. Auf dieser Reise vollendete er den Roman „Iphigenie auf Tauris” und ließ sich, wieder zurück in Weimar, von allen Regierungsgeschäften freistellen, um am „Faust” weiterzuarbeiten.

Ab 1791, nach seiner zweiten Italienreise, leitete er das Weimarer Hoftheater und begann die Arbeit an seinem achtbändigen, literaturgeschichtlich wegweisenden Bildungsroman „Wilhelm Meisters Lehrjahre”. 1805 stellte er seinen „Faust I” fertig. 1809 erschien der Roman „Wahlverwandtschaften”. Goethe hatte sich mittlerweile mit Friedrich Schiller angefreundet; beide gaben einander Inspiration und künstlerischen Antrieb. Zusammen mit Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder sollten sie als das „Viergestirn der Weimarer Klassik” eine neue Literaturepoche begründen.

Zusammenfassung

  • Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ erschien im September 1774 beim Leipziger Verlag Weygand. Das Werk machte Goethe europaweit berühmt.

  • Es lebt von den großen Gefühlen Werthers. Der Leser taucht durch die Briefform mitten hinein in diese Gefühlswelt. Der leidenschaftliche Werther verkörpert die Ideale des Sturm und Drang, sein Kontrahent Albert steht für die vernunftbasierten Werte der Aufklärung.

  • Dass Goethe seinen „Werther” Selbstmord begehen ließ, brachte dem Dichter allerdings viel Kritik ein. Werther wurde trotzdem – oder vielleicht deswegen! – zur Kultfigur und soll leider auch Nachahmer gefunden haben. Goethe ergänzte später das Werk um den Satz: „Sei ein Mann, und folge mir nicht nach.“ 

  • Noch heute spricht man vom sogenannten Werther-Effekt, wenn Berichte über Selbstmorde weitere Selbstmorde nach sich ziehen. Daher wird medial selten über Selbstmorde berichtet.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Welches Werk gilt als das erfolgreichste des jungen Dichters Johann Wolfgang Goethe?
    1. A) „Prometheus”
    2. B) „Faust II”
    3. C) „Die Leiden des jungen Werthers“
    4. D) „Aus dem Leben eines Taugenichts”
  2. Worum geht es in dem Werk „Die Leiden des jungen Werthers“?
    1. A) Unglückliche Liebe
    2. B) Krankheit eines Fürsten
    3. C) Kriegserfahrungen
    4. D) Soziale Missstände
  3. Was ist ein zentrales Element der Geschichte „Die Leiden des jungen Werthers“?
    1. A) Verherrlichung der Wissenschaft
    2. B) Überbordende Gefühle
    3. C) Historische Fakten
    4. D) Schweizer Rütli-Schwur
  4. Welche literarische Strömung verkörpert Goethes Werk „Die Leiden des jungen Werther“?
    1. A) Aufklärung
    2. B) Humanismus
    3. C) Sturm und Drang
    4. D) Vormärz
  5. Wie heißt in Goethes Werk „Die Leiden des jungen Werther“ der fiktive Brieffreund der Hauptperson?
    1. A) Werner
    2. B) Wilhelm
    3. C) Karl August
    4. D) Albert
  6. Wo wurde Johann Wolfgang Goethe geboren?
    1. A) In Frankfurt am Main
    2. B) In Leipzig
    3. C) In Weimar
    4. D) In Jena

Richtige Antworten: 
1. C) „Die Leiden des jungen Werthers“
2. A) Unglückliche Liebe
3. B) Überbordende Gefühle
4. C) Sturm und Drang
5. B) Wilhelm
6. A) In Frankfurt a. Main

FAQs

Was verstehen wir unter der Aufklärung?

Die Aufklärung war eine Epoche, die in Frankreich und England bereits im 17. Jahrhundert ihren Ursprung hatte und im 18. Jahrhundert auch in den deutschen Ländern einsetzte. Die Aufklärer erhoben das Streben nach Freiheit, Sachlichkeit und Vernunft zu ihrem Ideal. Indem er den eigenen Verstand nutzte, sollte der Mensch Aberglauben und Unmündigkeit überwinden. Mithilfe der Vernunft sollte der Mensch das Glück auf Erden erlangen. Die Herrschaftsgewalt des Adels und die Abhängigkeit von der Kirche wurden infrage gestellt.

Zu welcher literarischen Gattung gehört das Werk „Die Leiden des jungen Werthers“?

„Die Leiden des jungen Werthers“ ist ein Briefroman von Johann Wolfgang von Goethe und ein typisches Werk für die literarische Strömung des Sturm und Drang. Ihre Anhänger wollten der Vernunft und Ratio der Aufklärung Sensibilität und Emotionen entgegensetzen. Besonderen Ausdruck fand dies in der ungefähr gleichzeitig verlaufenden Strömung der „Empfindsamkeit”. Sie war durch englische Philosophen wie David Hume angeregt, die unter anderem sittlich-moralisches Handeln als natürliche Veranlagung des Menschen verstanden.

Woran leidet der „junge Werther“ in Goethes Roman von 1774?

Werther leidet an der unerfüllten Liebe zu Lotte, die bereits mit einem anderen Mann verlobt ist. Auch unter den Zwängen der Gesellschaft seiner Zeit leidet er. Weil er gegen sie nicht ankommt, wählt er den Freitod.

Welche Besonderheit machte „Die Leiden des jungen Werthers“ so erfolgreich?

Goethes „Werther“ ist als Briefroman verfasst. Die Hauptperson schildert seine Erlebnisse und Gefühle in leidenschaftlichen Briefen an einen imaginären Freund namens Wilhelm. Die Leser*in wird durch die Briefform direkt und unmittelbar in diese Gefühlswelt hineinversetzt; die Distanz des Erzählers fehlt. Das gefiel der damaligen Leserschaft, „Werther“ wurde ein Bestseller und Goethe europaweit bekannt.

Hat es „Lotte” und „Werther“ auch im echten Leben gegeben?

Ja. Der junge Goethe verarbeitet in seinem „Werther“ eine eigene unglückliche Liebe zu einer Bürgerstochter namens Charlotte Buff. Ihr entspricht die „Lotte” im Briefroman. Das tragische Ende seines „Werthers“ hat Goethe dem Selbstmord eines Freundes nachempfunden. Er hieß Karl Wilhelm Jerusalem und war in eine verheiratete Frau verliebt. Weil sie für ihn unerreichbar blieb, erschoss er sich.

Wofür wurde Goethes Werk „Die Leiden des jungen Werthers“ kritisiert?

Der Selbstmord seiner Hauptfigur brachte Goethe viel Kritik ein. Die Kirche sah darin einen Angriff auf Ehe und Moral. Auch wurde Goethe vorgeworfen, die Jugend zum Selbstmord anzustiften. „Werther” war zur Kultfigur geworden und soll tatsächlich einige Nachahmer gefunden haben. Goethe ergänzte das Werk später um den Satz: „Sei ein Mann, und folge mir nicht nach.“

Was ist mit „Werther-Effekt” gemeint?

Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, die Veröffentlichung des Romans habe eine regelrechte Suizidwelle losgetreten. Tatsächlich aber konnten nur wenige Selbstmorde mit Goethes Roman in Verbindung gebracht werden. Trotzdem wird noch heute vom sogenannten Werther-Effekt gesprochen. Und zwar dann, wenn nach einer Berichterstattung über einen Suizid die Zahl der Selbstmorde steigt. Weil es diesen Zusammenhang tatsächlich gibt, berichten Medien nur noch selten über Suizide.

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