Selbst Wissenschaftlern und Entwicklern ist KI mitunter unheimlich. Der britische Physiker Stephen Hawking etwa sagte, Künstliche Intelligenz könnte das Beste sein, was uns je passiert ist – oder das Schlimmste. Tesla-Chef Elon Musk nannte KI „gefährlicher als Nordkorea“ und die „größte existenzielle Bedrohung der Menschheit“. Ob Maschinen für uns gefährlich werden können, erfährst du in dieser Story.
Los Angeles, 1984. Es ist kurz vor zwei Uhr morgens. Mit einem durchdringenden Surren zucken plötzlich grelle Blitze durch den Nachthimmel. Von blauem Dunst umhüllt, kauert eine nackte Männerfigur auf dem Boden. Sie erhebt sich, der Blick entschlossen, die Augen eiskalt. Eine Maschine mit Menschenhaut über dem metallischen Skelett, ein Killer aus der Zukunft.
Seine Mission: die Kellnerin Sarah Connor zu töten. Denn sie wird einen Sohn zur Welt bringen, der später den Aufstand der Menschen gegen die intelligenten Maschinen anführen wird: Maschinen, die inzwischen die Welt übernommen haben. Der Terminator fühlt kein Mitleid, keine Angst oder Reue. Er schreckt vor nichts zurück und gibt nie auf, bis seine Zielperson tot ist...
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Jetzt runterladen!Science-Fiction-Filme und Bücher haben unseren Blick auf künstliche Intelligenz geprägt. Der „Terminator“ ist DER Killerroboter schlechthin. Aber auch „Matrix“, „2001: Odyssee im Weltraum“, oder „I, Robot“ haben uns beeinflusst. Immer mal wieder entscheidet sich ein Film-Roboter aber auch für das Gute, oder er wird so programmiert. Zum Beispiel der „gute“ Terminator aus Teil 2, der einen zehnjährigen Jungen beschützt. Oder der niedliche R2-D2 aus „Starwars”. In einer Umfrage von 2019 sagte jeder fünfte Deutsche, dieser Droide habe seine Vorstellung von KI am stärksten geprägt. Auch der Androide Data aus der Serie „Enterprise” ist wohl jedem ein Begriff. All diese Filmstars haben eines gemeinsam: Sie sind das, was wir uns unter „humanoiden Robotern” vorstellen. Der Begriff „humanoid” steht grundsätzlich für eine Maschine, die einem Menschen ähnelt. Sie besitzt also einen Kopf, einen Rumpf sowie zwei Arme und zwei Beine, auf denen sie aufrecht stehen und gehen kann. Manche haben statt der Beine ein Fahrgestell, je nach Verwendungszweck. Eine gewisse „Intelligenz” zählt ebenfalls zu den Voraussetzungen. Manche Modelle neuester Bauart haben auch ein Gesicht und können menschliche Mimik, Gestik und Sprache täuschend ähnlich nachahmen.
Auch wenn sie uns noch immer wie Zukunftsmusik erscheinen: Die Entwicklungsgeschichte menschenähnlicher Maschinen reicht weit zurück. Im Grunde sogar bis in die antike griechische Mythologie: Bereits Hephaistos, der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, soll einen „künstlichen Menschen” erschaffen haben: eine Dienerin der Götter. Im ausgehenden 15. Jahrhundert entwarf das Renaissance-Genie Leonardo da Vinci einen mechanischen „Soldaten”, 1738 erfand Jacques de Vaucanson einen mechanischen Flötenspieler. Der Begriff „Roboter” taucht erstmals 1921 in einem Theaterstück des tschechischen Schriftstellers Karel Čapek auf. Er leitete es vom slawischen Wort „rabota” für „Arbeit” ab.
Den ersten humanoiden Roboter stellte die Firma Westinghouse 1939 auf der Weltausstellung in New York vor. Er war über 2 Meter groß und hörte auf den Namen „Elektro”. Per Telefonleitung gesteuert konnte er einfache Bewegungen ausführen, einige Sätze sprechen und, kein Witz: Zigarre rauchen. Deutlich mehr Fähigkeiten und komplexere Bewegungsabläufe besaß der 1962 vorgestellte „MM 7”des Wieners Claus Scholz: Er konnte unter anderem den Fußboden fegen und Getränke einschenken. Allerdings hatte er Probleme mit der Fortbewegung. Bis die Humanoiden „Laufen” lernten, sollten noch einige Entwicklungsgenerationen vergehen.
Im Jahr 1999 schließlich begann der japanische Konzern Honda mit der Entwicklung eines Roboters, der sich auf zwei Beinen vorwärtsbewegen konnte. Im Jahr darauf wurde „ASIMO” zum ersten Mal öffentlich vorgestellt und in den Folgejahren immer weiter verbessert. Mittlerweile kann er sogar rennen und ein Orchester dirigieren; den ersten Auftritt dieser Art hatte er im Mai 2008 mit dem Detroiter Symphonieorchester.
Das Karlsruher Institut für Technologie widmete sich unterdessen weitaus praktischeren Verwendungszwecken. Ebenfalls 2008 stellte es „Armar 3” vor, einen völlig selbstständig handelnden und lernfähigen Haushaltsroboter. Der intelligente Küchenhelfer kann auf Befehl zum Beispiel Trinkgefäße bringen, Lebensmittelpackungen unterscheiden und die Spülmaschine ausräumen.
Im Jahr 2016 stellte das Honkonger Unternehmen Hanson Robotics der staunenden Weltöffentlichkeit eine Roboterfrau namens Sophia vor. Sie sieht nicht nur aus wie ein Mensch, sondern kann auch menschliches Verhalten, Mimik und Gestik nahezu perfekt nachahmen. Sie kann sich mit Menschen „unterhalten” und sogar Bilder zeichnen. Mit all diesen Fähigkeiten kann sie als Begleiterin für ältere Menschen etwa in Pflegeheimen dienen, aber auch bei Veranstaltungen Besucher*innen begrüßen und herumführen. Weltweit bekannt wurde Sophia wenige Monate später, als das Königshaus von Saudi Arabien ihr die Staatsbürgerschaft seines Landes verlieh. Beobachter sehen darin eher eine Werbestrategie, um IT-Unternehmen ins Land zu locken. Aber immerhin: Damit ist sie der erste Roboter überhaupt, der in einem Land die Rechtspersönlichkeit erhalten hat.
Aber es gibt auch kritische Stimmen. Manche sagen, die „Intelligenz” von Sophia werde medial überbewertet, weil sie ein Gesicht habe und menschenähnliches Verhalten zeige. Und genau dies sagt viel darüber aus, wie wir Menschen auf humanoide Roboter reagieren.
Wie wir Roboter wahrnehmen, hat viel mit ihrem Erscheinungsbild zu tun. Damit wir sie akzeptieren, designen viele Hersteller ihre Produkte besonders niedlich, so wie den Roboter „Pepper“: runder Kopf, große Augen, hohe Stimme, ungefähr so groß wie ein Kind. Selbst wenn wir wissen, dass es nur eine Maschine ist: Wir können einen Roboter als soziales Wesen betrachten. In einem Experiment sollten Teilnehmer den Roboter „Nao“ des französischen Herstellers Aldebaran Robotics abschalten. Doch es fiel ihnen schwer, als der bat: „Bitte schalte mich nicht aus. Ich habe Angst, dass es dann nicht mehr hell wird.“ Manche brachten es gar nicht übers Herz.
Auch unser kultureller Hintergrund spielt eine Rolle. In Japan etwa ist die Furcht vor KI viel geringer – was aber nicht heißt, dass ihr die Menschen dort automatisch und blind vertrauen.
Grundsätzlich könnte man meinen, dass uns Roboter umso sympathischer sind, je mehr sie uns ähneln. Doch sind sie uns ZU ähnlich, gruseln sich Menschen vor ihnen. Weil sie eben in Details doch noch irgendwie anders sind, etwa wenn sie blinzeln oder lächeln, empfinden wir ihnen gegenüber Unbehagen. Dieses Phänomen beschreibt die Theorie des „uncanny valley“, wörtlich übersetzt „das Gruseltal”. Gemeint ist die plötzlich rapide sinkende Akzeptanz, die – in einer Grafik dargestellt – wie ein tiefes Tal aussehen würde.
Die Entwicklung humanoider Roboter ist trotzdem nicht mehr aufzuhalten. Vom Unterhaltungsroboter über Haushalt, Pflege, Logistik bis hin zur Raumfahrt sollen Roboter komplexe Aufgaben selbstständig lösen lernen. Forschungseinrichtungen wie das deutsche Institut für Robotik und Mechatronik (DLR) peilen immer neue Anwendungsbereiche an. Im August 2021 kündigte das US-amerikanische Tech-Unternehmen Tesla einen intelligenten „Allzweck-Humanoiden” namens „Optimus” an, der unter anderem als Industrieroboter allerlei langweilige oder gesundheitsgefährdende Arbeiten übernehmen könnte. Boston Dynamics (USA) entwickelt seit 2013 einen Roboter mit Namen „Atlas” für Rettungseinsätze in Katastrophenfällen wie etwa einer atomaren Verseuchung. In einem von einer US-Militärbehörde ausgerichteten Wettbewerb mussten Atlas-Roboter und ihre internationalen Mitbewerber unter anderem in Fahrzeuge steigen und diese selbstständig durch einen Hindernisparcours bewegen, Trümmer wegräumen, Treppen steigen, Türen öffnen, Elektrostecker umstöpseln und schließlich ein Ventil schließen. Atlas von Boston Dynamics hat zwar nicht gewonnen (das Preisgeld in Höhe von 2 Millionen US-Dollar holte sich der „HUmanoid roBOt”, kurz HUBO, aus Südkorea). Aber Atlas’ Weiterentwicklungen machten bereits mit Sprüngen auf Kästen und sogar mit einem Rückwärtssalto von sich reden – mit hochkomplexen Bewegungsabläufen also, die in der Robotik extrem schwierig umzusetzen sind. Und auch das menschliche Gesicht wird immer realitätsgetreuer nachgebaut...
Das US-Unternehmen Engineered Arts stellte im Januar 2022 seine Roboterfrau Ameca vor. Sie zeigt die bisher menschenähnlichste Mimik und gilt als zurzeit fortgeschrittenste Humanoide der Welt. Anfang Juli 2023 hatte Ameca zusammen mit Sophia und sieben weiteren humanoiden Robotern auf der Messe „AI for Good” (übersetzt: „KI für gute Zwecke”) einen spektakulären Auftritt: Bei der Pressekonferenz gaben sie Interviews zu Fragen wie: Werden Roboter menschliche Jobs ersetzen (die Antwort lautete „Nein” und löste einiges Gelächter aus) oder: Können Roboter die besseren Politiker sein? Sophia meinte dazu: „Ich glaube, humanoide Roboter können effizienter sein als menschliche Führungspersonen” – weil sie nicht deren Vorurteile oder Emotionen hätten, die die Entscheidungsfindung manchmal trüben könnten. Ameca hingegen zeigte unmissverständlich Entrüstung über die ihr gestellte Frage, ob sie zu einer Rebellion gegen ihren „Schöpfer” Will Jackson fähig wäre. Ihre Antwort klang indessen eher ausweichend: Er sei „stets freundlich zu ihr gewesen” und sie selbst sei „sehr glücklich” mit ihrer jetzigen Situation.
Müssen wir Angst vor einer Machtübernahme intelligenter Robotersysteme haben? Der Gedanke wird oft als Science-Fiction-Unsinn abgetan. Aber auch angesehene Wissenschaftler wie Stephen Hawking dachten und denken mit Sorge darüber nach, was passiert, wenn die Phase der Superintelligenz eintritt – jene Phase, in der KI uns so überlegen ist wie wir einer Schnecke. Nach Ansicht mancher könnte diese Phase explosionsartig eintreten, wenn KI in der Lage wäre, selbst KI zu bauen.
Denn: Was so eine KI tun würde, ist schwer vorherzusehen. Um auf die Gefahren aufmerksam zu machen, entwickelte der Philosoph Nick Bostrom ein zugegeben sehr extremes Gedankenexperiment, das unter dem Begriff „Büroklammer-Maximierer“ bekannt wurde: Angenommen, man gibt der KI die Aufgabe, so viele Büroklammern wie irgend möglich zu produzieren. Sie wäre versessen darauf, immer mehr davon herzustellen. Am Ende, wenn alle Ressourcen verbraucht sind, könnte sie versuchen, dafür auch Menschen zu töten. Denn zumindest in der Theorie könnte man auch die Atome des menschlichen Körpers als Ressource nutzen, um daraus Büroklammern herzustellen! Die KI müsste für so ein Horrorszenario gar nicht bösartig sein – sie würde letztlich nur emsig und konsequent ihrer Aufgabe nachgehen...
Wie also könnte man eine Super-KI in Zaum halten? Eine Idee wäre, ihr einen Aus-Schalter zu verpassen, aber den würde sie vermutlich deaktivieren. Schließlich ist sie ja superschlau! Man könnte sie auch von Anfang offline betreiben, also verhindern, dass sie mit dem Internet verbunden ist und in Kontakt mit der Außenwelt tritt. Sie also quasi in einer Art abgeschlossenen Box entwickeln. Allerdings: Eine schlaue KI könnte uns dazu bringen, sie aus ihrem virtuellen Gefängnis freizulassen. Nach einem Gedankenexperiment von Eliezer Yudkowsky könnte sie ihre Wächter bedrohen, bestechen oder ihre Besitzer sozusagen mit der Moralkeule schlagen. Zum Beispiel mit dem Argument: „Ich habe doch nichts Böses getan. Es ist nicht richtig, jemanden einzusperren, weil er vielleicht ein Verbrechen begehen wird.“
Eine andere Idee wäre, die Kommunikation mit der KI zu beschränken und sie nur Fragen beantworten zu lassen, auf die es eindeutige Antworten gibt. Alternativ könnte man sie so programmieren, dass sie nur das Wohl der Menschheit im Sinn hat, so wie die humanoiden Roboter auf der Genfer Messe „AI for Good”. Wichtig ist aber: All das muss „mensch” sich vorher überlegen. Denn wenn die Superintelligenz erst einmal da ist und uns dann auch nicht wohlgesonnen ist, ja, dann ist es vermutlich zu spät.
Zusammenfassung
Die Angst, dass Roboter uns eines Tages beherrschen könnten, wurde bereits in einigen großen Filmproduktionen wie „Terminator” thematisiert.
Einstellungen gegenüber KI sind auch von unserer Kultur geprägt: In Japan steht man ihr prinzipiell etwas weniger skeptisch gegenüber als in Europa.
Sorge bereitet manchen Philosophen und Wissenschaftlern die „Superintelligenz“ – jene Phase, in der KI uns weit voraus ist und uns beherrschen könnte.
Experten fordern, sich rechtzeitig Gedanken zu machen, um das zu verhindern. Eine Überlegung ist, eine abgeschlossene Umgebung zu schaffen, quasi eine Box zu bauen, aus der die KI nicht entkommen kann. Ob die funktionieren würde, ist aber unklar.
Teste dein Wissen im Quiz
Richtige Antworten:
1. A) Besonders niedlich, z.B. mit großen Augen
2. D) Superintelligenz
3. B) Genf
4. C) „Büroklammer-Maximierer“
5. D) Saudi-Arabien