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John Boyne

Ein Märchen über Auschwitz?
Das Bild zeigt einen jungen, kahlköpfigen Jungen in schmutziger, gestreifter Kleidung, der traurig und nachdenklich wirkt. Er sitzt in einem dunklen Raum, was an die bedrückende Stimmung des Films "Der Junge im gestreiften Pyjama" erinnert.
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Inhalte

Intro

Eine Kindergeschichte über Auschwitz – geht das überhaupt? Kann man sich dem Holocaust, dem größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, durch die Augen eines Kindes nähern? Der irische Autor John Boyne macht in seinem Jugendroman „Der Junge im gestreiften Pyjama“ genau das. In dieser Story erfährst du mehr über den nicht unumstrittenen Bestseller, in dem es um eine ungewöhnliche Freundschaft geht.

Kapitel 1: Merkwürdige Nachbarn

Bruno betrachtet den Zaun und die niedrigen Häuser in der Ferne. Entschlossen geht er auf sie zu – auch wenn er jetzt eigentlich Hausaufgaben machen soll. Aber er pfeift heute drauf! Er will auch mal etwas erleben an diesem sterbenslangweiligen Ort. 

Er marschiert beherzt weiter, den Häusern entgegen. Moment, nein, eigentlich sehen sie eher aus wie Ställe. Aus groben Brettern zusammengezimmert, nicht so massiv und stabil wie ihr Haus, in dem sie seit Kurzem leben. Und schon gar nicht so schön wie ihr altes Zuhause in Berlin. Bruno denkt wehmütig daran zurück. Sie mussten es zurücklassen und hierher ziehen, nur weil sein Papa eine sehr wichtige Arbeit bekommen hat. Der „Furor“ höchstpersönlich hat es befohlen, hat Mama Bruno erklärt. Deshalb leben sie jetzt alle hier. An diesem seltsamen Ort namens „Aus-Wisch“ – wenn Bruno es richtig verstanden hat. Todlangweilig ist es hier – und andere Kinder gibt es auch nicht. Nur diese merkwürdige Stadt, die von einem riesigen Zaun umgeben ist. Heute, hat Bruno beschlossen, will er sie sich ansehen, sie erforschen – so wie die Entdecker aus seinen Büchern! Bruno kommt dem Zaun immer näher. Furchterweckend sieht er aus – überall dieser Stacheldraht. Und die Baracken auf der anderen Seite wirken aus der Nähe noch trostloser. Aber was ist das? Da sind ja Menschen hinterm Zaun! Tragen sie wirklich gestreifte Pyjamas? Es ist doch mitten am Tag! Bruno schüttelt staunend den Kopf. Dem muss er nun wirklich auf den Grund gehen …

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Kapitel 2: Das Grauen zwischen den Zeilen

Man könnte es als unmögliches Unterfangen bezeichnen: Der irische Schriftsteller John Boyne wollte den Holocaust in einem Kinderbuch behandeln und damit etwas Unfassbares, Unbegreifliches für Kinder greifbar machen. Vielleicht ist „wollen“ hier aber auch das falsche Wort. Denn Boyne ging nicht mit einem klaren Plan an jenes Werk, das heute nahezu auf der ganzen Welt gelesen wird – nein, die Geschichte kam zu ihm, wie er später erklärte. Er schrieb sie in wenigen Tagen und hatte keine Ahnung, ob sie zur Veröffentlichung taugen würde. Doch das tat sie: 2006 erschien das Buch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ und wurde zu einem internationalen Erfolg.

Das Kinderbuch trägt den Untertitel „Eine Fabel“ – und als genau die muss man es einordnen. Zwar beruht „Der Junge im gestreiften Pyjama“ auf realen Hintergründen – auf der systematischen Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg – doch die Geschichte ist keine historisch genaue, faktenorientierte Schilderung. Das Buch richtet sich an Kinder; und es schildert deshalb auf eine fast märchenhaft anmutende Art und Weise die eigentlich unmögliche Freundschaft zwischen dem neunjährigen Bruno – dem Sohn des Kommandanten des KZ Auschwitz – und Schmuel, einem jüdischen Jungen, der in dem Vernichtungslagers eingesperrt ist. Durch den Stacheldrahtzaun reden die beiden Kinder miteinander. Bruno ist dabei ganz das naive, unwissende Kind, Schmuel der geduldige, ernsthafte Zuhörer. Nie überfordert er Bruno mit Informationen über die Grausamkeiten des Lagerlebens, er belässt es bei Andeutungen. Dennoch ist das Grauen des Konzentrationslagers zwischen den Zeilen stets präsent.

Kapitel 3: Auschwitz mit den Augen eines Kindes

Es ist die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Welt des neunjährigen Bruno gerät plötzlich aus den Fugen. Nicht etwa aufgrund von Bombardierungen. Nein, es ist etwas weit weniger Dramatisches – doch trotzdem sehr Folgenreiches. Das Buch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ beginnt nämlich mit einem Umzug. Brunos Familie zieht nach „Aus-Wisch“ – so versteht Bruno zumindest den Namen jenes Ortes, der ihre neue Heimat werden soll. Denn „der Furor“ hat Brunos Vater eine neue, wichtige Aufgabe gegeben. Unschwer sind hierin die Begriffe „Führer“ und „Auschwitz“ herauszuhören, die Bruno in seiner kindlich-naiven Art konsequent falsch ausspricht. 

Brunos Vater wird also Lagerkommandant in Auschwitz. Und das neue Haus grenzt direkt an das Konzentrationslager. Bruno ist neugierig und beginnt seine Umgebung zu erforschen. Mit ihm kommen auch wir Lesenden dem Todeslager Stück für Stück näher – mit den Augen eines neunjährigen Kindes. Bruno begreift nicht, was diese von einem Zaun abgetrennte Stadt in seiner Nähe wirklich ist. Die Häftlingskleidung hält er für gestreifte Schlafanzüge. Er versteht nicht, dass dort Menschen eingesperrt sind und systematisch ermordet werden. Er besucht den gleichaltrigen Jungen Schmuel, der offensichtlich diesen Ort nicht verlassen kann – diesen blassen Jungen im merkwürdigen gestreiften Pyjama – und die beiden freunden sich an.

Ihre Welten überschneiden sich, als Schmuel bei Brunos Eltern im Haus Arbeiten verrichten soll. Und auch Bruno wechselt eines Tages die Seiten: Es gelingt ihm, unter dem Zaun hindurchzukriechen und in das Konzentrationslager zu gelangen. Die beiden Jungen wollen Schmuels verschwundenen Vater suchen. Damit Bruno im Lager nicht auffällt, beschafft ihm Schmuel einen jener gestreiften „Pyjamas“. Als Bruno dann das tatsächliche Grauen im Lager sieht, will er wieder zurück auf seine Seite des Zauns. Da aber werden die beiden Jungen von Wachmannschaften zusammen mit anderen Lagerinsassen in einen Raum getrieben, dessen Türen hinter ihnen verriegelt werden. Und was für Bruno als eine Art Abenteuer auf der anderen Seite des Zaunes begonnen hatte, endet für beide Jungen in der Gaskammer der SS.

Kapitel 4: Die Vereinbarkeit des Unvereinbaren

In „Der Junge im gestreiften Pyjama“ vollbringt Boyne etwas nahezu Unmögliches: Das Buch erzählt vom Völkermord an den Juden Europas zur Zeit des Nationalsozialismus – und das in einer kindgerechten Form. Gewaltszenen oder Details über das Leben im Konzentrationslager sind deshalb in dieser Geschichte nicht zu finden. Dies macht das Buch aber auch angreifbar. Die Zustände innerhalb und außerhalb des Lagers seien zu simpel dargestellt, so die Kritik. Kinder habe es in dem Vernichtungslager Auschwitz überhaupt nicht gegeben, sie seien wie auch ältere und geschwächte Menschen schon kurz nach der Ankunft vergast worden.

Kontrovers diskutiert wird der Roman auch wegen der dargestellten Ahnungslosigkeit des neunjährigen Protagonisten Bruno. Auch wenn Jungen erst als Zehnjährige in das sogenannte Jungvolk der Hitlerjugend aufgenommen wurden, waren sie doch von frühester Kindheit an der NS-Propaganda ausgesetzt und wussten ganz genau, wer der „Führer“ war. Kritiker sagen, dass genau diese dargestellte Arg- und Ahnungslosigkeit jenen Mythos befeuere, der sich auch heute noch hartnäckig hält. Er lautet: Die meisten Deutschen hätten nichts von den Konzentrations- und Vernichtungslagern des NS-Regimes gewusst.

Andere wiederum loben das Buch für genau diesen unwissenden, unschuldigen, gleichzeitig aber auch naiven Blick eines Kindes auf dieses beispiellose Grauen. Dem Autor gelinge es, das größte Verbrechen in der Menschheitsgeschichte entlang einer Freundschaft zwischen einem jüdischen Jungen im Lager und dem Sohn eines SS-Kommandanten zu erzählen. Eine Freundschaft, die so in der echten Welt nie zustande gekommen wäre. Dessen war sich auch der Schriftsteller John Boyne bewusst. Und deshalb hat er sich die Freiheit genommen, diese Geschichte als Fabel zu erzählen. Diese Geschichte über zwei Jungen aus zwei verschiedenen Welten, die am Ende dasselbe Schicksal teilen.

Ganz grundsätzlich wird es auch in einem anderen, ebenfalls kontrovers diskutierten Jugendbuch. In dem Roman „Nichts“ der dänischen Autorin Janne Teller geht es um die Frage aller Fragen: Was ist im Leben eigentlich von Bedeutung? Und die Antwort, die ein Siebtklässler darauf gibt, ist so einfach wie folgenschwer.

Zusammenfassung

  • Der Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“ (Originaltitel: The Boy in the Striped Pyjamas, auf Deutsch erschienen im Verlag S. Fischer) schildert die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen zwei Jungen am Stacheldrahtzaum des Vernichtungslagers Auschwitz: dem Sohn des Kommandanten und einem jüdischen Jungen. 

  • Der irische Autor John Boyne erzählt seine Geschichte aus der Sicht eines Kindes, das sich dem Vernichtungslager Auschwitz und damit dem Holocaust Stück für Stück nähert. 

  • Kritiker werfen Boyne historische Ungenauigkeiten und eine Verharmlosung der Schuldfrage der Deutschen vor. Dem Autor ging es jedoch nicht um eine exakte historische Darstellung, sondern vielmehr um eine bewegende Geschichte über zwei Jungen aus zwei unterschiedlichen Welten, die trotz aller Widerstände Freunde werden. 

  • 2022 erschien im Piper Verlag München die Fortsetzung zu „Der Junge im gestreiften Pyjama“ unter dem Titel „All the broken places” (deutscher Titel: „Als die Welt zerbrach“); übersetzt von Michael Schickenberg und Nicolai von Schweder-Schreiner.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wer schrieb das Jugendbuch „Der Junge im gestreiften Pyjama“?
    1. A) Adelheid Zöfel
    2. B) Sam McBratney
    3. C) John Boyne
    4. D) Werner Löcher-Lawrence 
  2. Wie heißt der 2006 erschienene internationale Kinderbuch-Bestseller des Autors John Boyne?
    1. A) Der Junge im karierten Hemd
    2. B) Der Junge mit der kurzen Hose
    3. C) Der Junge im Matrosenanzug
    4. D) Der Junge im gestreiften Pyjama
  3. Was hat es mit dem Pyjama in dem Kinderbuch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ auf sich?
    1. A) Geschwister streiten um ihn
    2. B) Er wurde von einem Promi gespendet
    3. C) Er ist KZ-Häftlingskleidung
    4. D) Gestreifte Pyjamas kommen in Mode
  4. Wie heißt Brunos ältere Schwester in John Boynes Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“?
    1. A) Anna
    2. B) Gretel
    3. C) Jessica
    4. D) Gudrun
  5. Welches Thema wollte John Boyne mit seinem Kinderbuch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ kindgerecht ansprechen und aufarbeiten?
    1. A) Den Holocaust
    2. B) Umweltschäden durch die Textilindustrie
    3. C) Kinderarbeit 
    4. C) Eine Reaktorkatastrophe

Richtige Antworten: 
1. C) John Boyne
2. D) Der Junge im gestreiften Pyjama 
3. C) Er ist KZ-Häftlingskleidung 
4. B) Gretel 
5. A) Den Holocaust

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