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Julikrise

Noch 5 Tage bis zum Krieg
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Intro

Ohne Zweifel. Gavrilo Princip hatte mit seinem Mordanschlag auf den Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie für wahre Schockwellen in Europas Parlamenten und Königshäusern gesorgt. Der Grund für den Kriegsausbruch war das Attentat von Sarajevo jedoch nicht. In dieser Story erfährst du, wie sich der regionale Konflikt auf dem Balkan dann in den Sommermonaten 1914 zu einem europäischen Flächenbrand ausweiten konnte – und was Deutschland und der Kaiser in Berlin damit zu tun hatten ...

Kapitel 1: Am Vorabend des Ersten Weltkrieges

Wladimir wälzt sich schweißgebadet in seinem Bett hin und her. An Schlaf ist nicht zu denken. Morgen soll er im Auftrag Österreichs den Serben ein ganz spezielles Schreiben übergeben. Es ist brandgefährlich – und völlig sinnlos obendrein! Ja, es stimmt, ein bosnischer Serbe hat den österreichischen Thronfolger erschossen und sollte dafür auch gebührend bestraft werden. Aber muss Serbien deswegen gleich der Krieg erklärt werden? Denn genau das ist dieses Schreiben: eine Kriegserklärung. Es enthält einen Katalog von Bedingungen – die Serbien niemals alle erfüllen kann! Und das in einer Zeit, in der die europäischen Großmächte kampflustig mit ihren Säbeln rasseln ... Wladimir fällt in einen kurzen Schlaf. Ein Schreckensszenario bereitet ihm Alpträume: Österreich richtet ein Blutbad in Serbien an, die Russen stürzen auf Italien los, Frankreich wird im deutschen Bombenhagel einer Mondlandschaft gleichgemacht, das Deutsche Reich schickt Millionen Soldaten in den sicheren Tod – und von der britischen Unberechenbarkeit mal ganz abgesehen ... Und das alles wegen eines offensichtlich wahnsinnigen Studenten? Wladimir fährt aus seinem Dämmerschlaf hoch und streicht sich zitternd durch den Schnurrbart. Nur noch ein paar Stunden, dann wird er dieses explosive Schreiben an die serbische Regierung übergeben.

Danach aber wird die Welt eine andere sein ...

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Kapitel 2: Ein hochriskanter Blankoscheck

Ja, Wladimir Giesl hat das Schreiben wie gefordert an die serbische Regierung übergeben - und nur fünf Tage später herrschte Krieg in Europa.

Wladimir Giesl: Ein Name, den heute kaum noch jemand kennt. Und doch gehörte Giesl zu jenen Männern, die im Hintergrund ihren Anteil am Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatten. Denn das Schreiben, das der Abgesandte Österreich-Ungarns im Sommer 1914 an das Königreich Serbien übergab, sollte in die große Katastrophe führen. Dieser Funke am Pulverfass war ein auf 48 Stunden befristetes Ultimatum mit unerfüllbaren Forderungen. Aber wie genau kam es dazu?

Nun, nach dem tödlichen Attentat auf seinen Thronfolger sah Kaiser Franz Joseph die lang ersehnte Gelegenheit gekommen, Serbien als Machtfaktor auf dem Balkan auszuschalten. Aber einen Alleingang konnte sich der angriffslustige Kaiser Franz Joseph nicht leisten – und so versuchte er, Deutschland ins Boot zu holen. Ohne Deutschland als Bündnispartner hätte Österreich-Ungarn wohl kaum etwas gegen den lästigen Konkurrenten Serbien unternommen. Doch es gelang, den wankelmütigen deutschen Kaiser von der Notwendigkeit eines bewaffneten Angriffs auf den Balkanstaat zu überzeugen. Welche Überredungskunst der österreichische Diplomat Alexander Hoyos auf seiner Mission in Berlin auch immer an den Tag gelegt haben mag: Kaiser Wilhelm II. sagte die militärische Unterstützung seines Landes zu – uneingeschränkt und bedingungslos. Dieses Beistandsschreiben - ein Telegramm des deutschen Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg vom 6. Juli 1914 - wird heute passenderweise als „Blankoscheck“ bezeichnet. Denn nun konnte Österreich-Ungarn prinzipiell machen, was es wollte – und Deutschland würde, ohne irgendetwas zu hinterfragen, an seiner Seite stehen. Diese Entscheidung des deutschen Generalstabs und der Reichsregierung war riskant. Immerhin standen sich jetzt zwei Bündnissysteme in Europa gegenüber: die Mittelmächte, bestehend aus Deutschland und Österreich-Ungarn auf der einen Seite, und die sogenannte Triple Entente, das Bündnis aus Frankreich, Großbritannien und Russland auf der anderen.

Kapitel 3: Russlands Rolle in der Julikrise

Was aber konnte das bedrohte Serbien gegen die österreichisch-deutschen Angriffspläne unternehmen? Vor allem rechnete man dort mit der Hilfe Russlands. Denn Russland war Serbiens Schutzmacht. Es hatte ähnliche Interessen wie der kleine Balkanstaat Serbien: Österreich-Ungarn aus der Region vertreiben und am liebsten gleich noch das österreichisch besetzte Bosnien-Herzegowina an sich reißen – denn Bosnien-Herzegowina besaß den heiß ersehnten Zugang zum Mittelmeer. Russland rüstete also keineswegs nur wegen dieses regionalen Balkankonflikts auf. Vielmehr wollte sich das riesige Land im Osten eine eigene Schifffahrtsroute ins Zentrum von Europa sichern. Die ernste Krise zwischen Serbien und Österreich kam also auch den Russen überaus gelegen. Zumal sie dem russischen Zaren eine willkommene Möglichkeit bot, von den eigenen Kämpfen gegen kommunistische Bewegungen im Land abzulenken. Das gefährliche Pokerspiel um Macht und Vorherrschaft war nun in vollem Gange ...

Kapitel 4: Ein Ultimatum und zwei Kriegserklärungen

Österreich rüstete auf, Deutschland rüstete auf, und auch Russland begann, seine Waffen für den großen Kampf bereitzumachen. Doch noch wurden die Armeen nicht in Bewegung gesetzt. Denn eine allerletzte Hoffnung auf Frieden in Europa gab es noch, wenn auch eine äußerst dürftige: das brisante Ultimatum nämlich, das Wladimir Giesl an das Königreich Serbien zu übergeben hatte. Darin wurde das kleine Balkanland unter anderem aufgefordert, alle gegen Österreich-Ungarn gerichteten Umtriebe zu bekämpfen und die Verschwörer von Sarajewo angemessen zu bestrafen. Zur großen Überraschung erkannte Serbien tatsächlich fast alle Forderungen an – solange diese nicht die Eigenständigkeit des Staates als solche in Frage stellten. Aber den aufgestachelten Kriegstreibern in Wien war das immer noch nicht genug. Es war ihnen sogar ein Dorn im Auge. Denn Kaiser Franz Joseph I. wollte eigentlich gar keinen Frieden mehr, sondern endlich seine Waffen sprechen lassen. Und so erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg, nur fünf Tage nachdem Giesl das Ultimatum übergeben hatte. Als Serbiens Hauptstadt Belgrad bereits am folgenden Tag unter Beschuss genommen wurde, begann auch Russland mit der Mobilmachung seiner Truppen. Zar Nikolaus II. versuchte noch ein allerletztes Mal, seinen Cousin, den deutschen Kaiser Wilhelm II., umzustimmen. Er schrieb ihm: „Um ein solches Unheil wie einen europäischen Krieg zu verhindern, bitte ich dich im Namen unserer alten Freundschaft, alles dir Mögliche zu tun, um deine Bundesgenossen davon zurückzuhalten, zu weit zu gehen!“ Doch weder Vermittlungsversuche noch Bitten und gutes Zureden halfen. Die Antwort aus Berlin war unmissverständlich: Am 1. August 1914 beschloss das deutsche Kaiserreich die Generalmobilmachung und erklärte dem russischen Zarenreich den Krieg.

Damit hatte sich der scheinbar unbedeutende regionale Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zum europaweiten Flächenbrand ausgebreitet. Würde nun ein planloses Aufeinanderprallen von hochgerüsteten Armeen folgen? Eher nicht. Zumindest die Deutschen hatten nämlich einen Plan. Seit Jahren schlummerte der sogenannte Schlieffen-Plan in den Schubladen der militärischen Machthaber – und sollte nun endlich zum Einsatz kommen. Aber würde er auch aufgehen?

Zusammenfassung

  • Nach dem Attentat von Sarajewo sah Franz Joseph I., der Kaiser der Donaumonarchie, die ideale Gelegenheit, militärisch gegen das verhasste Serbien vorzugehen. Dazu versicherte er sich mit einem „Blankoscheck“ der bedingungslosen Unterstützung Deutschlands.

  • Österreich stellte Serbien noch ein letztes Ultimatum mit harten Strafforderungen. Obwohl Serbien zusagte, die Bedingungen größtenteils zu erfüllen, erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg.

  • Österreichs Bündnispartner Deutschland zog am 1. August 1914 wie versprochen nach und erklärte Serbiens Schutzmacht Russland den Krieg. So weitete sich ein regionaler Konflikt auf dem Balkan zum europaweiten Flächenbrand aus.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wie wird die Krise zwischen Österreich und Serbien unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg genannt?
    1. A) Balkanstaaten-Konflikt
    2. B) Ostkrise
    3. C) Jugoslawien-Schlamassel
    4. D) Julikrise
  2. Welchem Land erklärte das deutsche Kaiserreich am 1. August 1914 den Krieg?
    1. A) Belgien
    2. B) Dem Osmanischen Reich
    3. C) Russland
    4. D) Der Weimarer Republik
  3. Wer schrieb am 6. Juli 1914 das Telegramm, das Österreich-Ungarn volle Rückendeckung zusicherte und deshalb auch als „Blankoscheck” bezeichnet wird?
    1. A) Der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré
    2. B) Der deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg
    3. C) Der russische Zar Nikolaus II.
    4. D) Der serbische König Peter I.
  4. Welcher Schritt Österreich-Ungarns führte zum Kriegsausbruch 1914?
    1. A) Das unerfüllbare Ultimatum ans Königreich Serbien
    2. B) Die Ankündigung eines Präventivkrieges
    3. C) Die Teilmobilmachung der Donaumonarchie
    4. D) Das Telegramm von Kaiser Franz Joseph an seinen kaiserlichen Kollegen in Berlin

Richtige Antworten:
1. D) Julikrise
2. C) Russland
3. B) Der deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg
4. A) Das unerfüllbare Ultimatum ans Königreich Serbien

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