Selbstfahrende Autos, smarte Häuser, ChatGPT, Daten, die automatisch ausgewertet werden: Kaum eine Zukunftstechnologie verspricht so viel wie die sogenannte Künstliche Intelligenz. Und kaum eine wird so gefürchtet. In dieser Story erfährst du, was es mit Künstlicher Intelligenz eigentlich auf sich hat und was der Einsatz von KI im Alltag für uns bedeutet.
Glühend heiß brennt die Sonne auf den Planeten Merkur herunter. In seinem Raumanzug kämpft sich Gregory Powell durch die sandige Landschaft. Sein Atem geht schwer, der Boden unter seinen Füßen scheint zu brennen. Jetzt geht es um Leben und Tod. Gregory ist zu weit gegangen, es gibt keinen Weg zurück. „Speedy!“, ruft er. „Speedy!“
In Sichtweite steht ein Lebensretter aus Metall: der Roboter Speedy. Als er sieht, wie Gregory Powell leidet, hält Speedy inne, macht einen Schritt nach vorn – doch statt zu helfen, rezitiert er wirr eine Songzeile. Speedy wirkt wie betrunken. Er folgt seiner Weltraummission nicht mehr, ein dringend benötigtes Element zu beschaffen. Stattdessen dreht er sich hilflos im Kreis. Schuld ist ein Widerspruch in Speedys Programmierung. Vor Gregory Powells Augen verschwimmt allmählich alles. „Speedy“, ruft er verzweifelt, „Ich sterbe, verdammt! Wo bist du? Speedy, ich brauche dich!“
Die erste App, die dich wirklich schlauer macht.
Jetzt runterladen!Als der Roboter „Speedy“ im Weltraum in der Klemme steckt, muss sich ein Mitglied der Crew in Lebensgefahr begeben – damit letztlich alle unbeschadet aus der Situation herauskommen. Diese Story namens „Runaround“ schrieb de Science-Fiction-Autor Isaac Asimov in den 1940er-Jahren. Ihr Grundkonflikt aber ist immer noch aktuell. Man könnte ihn so lesen: Wir brauchen Künstliche Intelligenz – doch sie kann uns auch in heikle Situationen bringen. Und ein Fehler in der Programmierung kann tödliche Konsequenzen haben.
Künstliche Intelligenz, abgekürzt KI beziehungsweise AI (für „artificial intelligence”), gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft. In weniger als 70 Jahren hat sich das Forschungsfeld rasant entwickelt – und gleichzeitig unser Verhältnis dazu. KI-Technologien wurden hochgejubelt und bestaunt, dann wieder enttäuscht fallengelassen. KI hat Ängste heraufbeschworen und Hoffnungen geweckt, Menschen erschreckt und inspiriert. Heute geht es der KI-Forschung vor allem darum, die Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Praxis sicherer zu machen.
Aber was ist Künstliche Intelligenz eigentlich? Nun, eine einheitliche Definition gibt es nicht. Auch, weil es ja schon beim Menschen schwierig ist, zu definieren, was Intelligenz eigentlich ist und was sie konkret ausmacht. Vereinfacht gesagt ist Künstliche Intelligenz die Fähigkeit einer Maschine, auch solche Aufgaben zu bewältigen, für deren Lösungen man gemeinhin menschliche Intelligenz voraussetzt.
Werfen wir doch einmal einen kurzen Blick in das menschliche Gehirn. In ihm arbeiten zahllose Nervenzellen, die sogenannten Neuronen. Sie sind dafür zuständig, die riesigen Mengen an Informationen zu erfassen und zu analysieren, die tagtäglich so über Augen, Ohren und Haut „hereinkommen”. Dabei arbeitet nun nicht etwa jede einzelne Nervenzelle für sich allein, sondern sie alle sind untereinander über sogenannte Synapsen vernetzt. Erst dieses „neuronale Netz” ermöglicht es dem Gehirn, Sinneseindrücke in nützliche Informationen zu verwandeln. Mit anderen Worten: Der Mensch lernt. Und mehr noch: Er ist auch in der Lage, das erworbene Wissen zu speichern und anzuwenden, um alltägliche oder auch spezielle Probleme zu lösen.
KI-Systeme versuchen, solche komplexen Abläufe menschlichen Denkens nachzuvollziehen – sie zu simulieren. Sie werden programmiert, aus riesigen, sich rasch verändernden Datensätzen Muster und Anomalien herauszufiltern – eine Aufgabe, mit der sich das menschliche Gehirn deutlich schwerer tut als die KI. Aus den erkannten Zusammenhängen lassen sich zum Beispiel Schlussfolgerungen ziehen, die bestimmte Probleme lösen helfen, etwa in der Fahrzeugelektronik oder zur Prozessoptimierung in der Industrie. Eine verbesserte, „intelligente” Methode der Erkenntnisgewinnung also – man sagt auch „Big Data” dazu.
Menschen wiederum können sich mühelos Gesichter vieler anderer Personen merken, die Handschriften ihrer Verwandten oder Bekannten auseinanderhalten und andere Intelligenzleistungen vollbringen, die einer Maschine mit großem Aufwand erst „beigebracht“ werden müssen. Beispiel logisches Denken: Eine Maschine soll nicht nur in der Lage sein, etwa eine Rechenaufgabe zu lösen, für die sie vorher vom Menschen programmiert wurde. Sie soll auch Aufgaben lösen, für die sie den Rechenweg noch gar nicht kennt! Dazu muss sie „lernen”. Dieser Prozess wird als „maschinelles Lernen” bzw. „machine learning” bezeichnet. Ein weiterführendes Teilgebiet des maschinellen Lernens ist das „Deep Learning”. Ins Deutsche übersetzt bedeutet das soviel wie „tiefgehendes Lernen”. Dieser Bereich der Künstlichen Intelligenz arbeitet mit künstlichen neuronalen Netzen, die mehrschichtig aufgebaut sind und Leistungen ermöglichen, zu denen normalerweise nur das menschliche Gehirn imstande ist: zum Beispiel Handschriften erkennen. Dabei wird das menschliche Gehirn einfach imitiert. Beim „Deep Learning“ gibt es quasi künstliche Nervenzellen, die künstlich miteinander verbunden sind. Was diese Deep-Lerning-Modelle außerdem besonders macht: Sie sind fähig, von sich aus zu lernen.
Eine intelligente Maschine, die Probleme genereller Art lösen kann, existiert allerdings bisher nur in der Fantasie oder besser gesagt in der Science-Fiction. Wir unterscheiden deshalb zwischen starker KI und schwacher KI. Die starke KI ist eine Vision: Es sind Maschinen und Roboter, wie wir sie aus utopischen Romanen oder Filmen kennen und die auf alles eine Antwort haben.
Die schwache KI allerdings ist weder Fiktion noch Zukunftsmusik. Sie begegnet uns bereits heute, heimlich, still, leise – und ganz ohne Robotergesicht. Sie ist Teil unseres Alltags, jederzeit und überall...
Schwache KI empfiehlt uns Netflix-Serien oder Möbel auf Amazon. Sie prägt unseren Facebook-Feed und entscheidet mit, ob Social Media uns eher Katzenvideos oder politische Artikel zeigt. Dank Künstlicher Intelligenz können wir unser Smartphone durch Gesichtserkennung entsperren, Texte in eine andere Sprache übersetzen oder ein bestimmtes Bild im weltweiten Internet finden. KI hilft Alexa und Siri dabei, mit uns zu kommunizieren. Sie kann aber auch in ganz anderen Bereichen eingesetzt werden. Vieles ist technisch bereits möglich, hat sich aber in der Masse noch nicht durchgesetzt – auch weil rechtliche oder ethische Fragen noch nicht abschließend geklärt sind. Beim autonomen Fahren zum Beispiel oder bei Pflege-Robotern, die älteren Menschen helfen.
Dazu kommt: KI hat es schwer, als echte Intelligenz anerkannt zu werden. Denn immer dann, wenn die KI eine Leistung vollführt, die man zuvor nur dem Menschen zugetraut hat, wird nach Gründen gesucht, warum diese Leistung nicht auf künstlicher Intelligenz beruhen kann. Das nennt man den KI-Effekt: Zum Beispiel hielt man es lange für unmöglich, dass ein Computer einen Menschen im Schach besiegen kann. Im Jahr 1996 aber gelang genau das dem Schachcomputer „Deep Blue“. Er schlug den damals amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow. Und sofort fand man Argumente dafür, warum es sich trotzdem nicht um echte künstliche Intelligenz handeln könne. Schließlich sei der Computer mit unzähligen Schachpartien und Zügen von Alt- und Großmeistern gefüttert worden.
Der neuen Generation von Schachcomputern die künstliche Intelligenz abzusprechen, dürfte allerdings weitaus schwieriger sein. Das Computerprogramm AlphaZero hat die besten Schachprogramme geschlagen. Es hat aber dabei nicht wie seine Vorgänger auf Training durch Großmeister und große Datenmengen bereits gespielter Schachpartien zurückgegriffen. Nein. Die KI kannte nur die Schachregeln. Mehr nicht. Die Fähigkeit, die Besten der Besten zu schlagen, hat sie sich schlicht selbst beigebracht.
Heute ist das Thema KI in aller Munde. KI-Algorithmen finden sich in zahlreichen Anwendungsbereichen, denen wir heute kaum noch besondere Aufmerksamkeit schenken. Bots gehören dazu: Programme, die automatisch und selbstständig sich wiederholende Aufgaben abarbeiten. Wir finden KI-Lösungen in Computerspielen, in der Werbung und seit einigen Jahren auch in sogenannten Chatbots: textbasierten Dialogsystemen, die zum Beispiel von Unternehmen zur Kundenberatung eingesetzt werden. Schon ist es kaum mehr auseinanderzuhalten, ob man gerade mit einem Computersystem kommuniziert oder mit einer natürlichen Person.
Forschungsprojekte in ganz Europa widmen sich dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in autonomen Fahrzeugen oder der Weiterentwicklung von Anwendungen zur Spracherkennung. Sie ist im Grunde keine neue Technologie. Tatsächlich entwickelte der britische Mathematiker und Informatiker Alan Turing bereits in den 1950-er Jahren einen nach ihm benannten Test, bei dem ein Mensch mit zwei vor ihm verborgenen „Gesprächspartnern“ kommunizierte und beurteilen sollte, welcher ein Mensch und welcher eine Maschine war. Turing wollte untersuchen, ob Maschinen intelligentes Verhalten zeigen könnten. Der deutsch-amerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum ging noch einen Schritt weiter. Am Massachusetts Institute of Technology, USA, schrieb er ein Programm namens ELIZA, das natürliche Sprache verarbeiten und in dieser auch antworten konnte. Das wird als „Natural Language Processing“ bezeichnet und darf als eine der ersten KI-Anwendungen gelten.
Zusammenfassung
Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, solche Aufgaben zu bewältigen, für die ein Mensch Intelligenz braucht.
Wir unterscheiden zwischen starker KI, die wir aus der Science-Fiction kennen und die noch nicht wirklich entwickelt ist, und schwacher KI, die bereits alltäglich eingesetzt wird.
Der schwachen KI begegnen wir etwa in Form von Sprachassistenten, Kaufempfehlungen im Internet oder in den Feeds unserer sozialen Netzwerke.
Sobald Künstliche Intelligenz einen Durchbruch erzielt und etwas geschafft hat, nehmen sie viele nicht mehr als wirkliche Intelligenz wahr. Dieses Phänomen nennt man den „KI-Effekt“.
Teste dein Wissen im Quiz
Richtige Antworten:
1. B) Künstliche Intelligenz
2. A) KI wie in der Science Fiction
3. C) Personalisierte Werbung
4. D) Schach
5. B) Garri Kasparow