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Monetarismus

Der Staat soll sich aus der Wirtschaft raushalten
Milton Friedman in his study in front of economic books with a subtle smile. Graphs and a bookshelf in the background
Monetarismus
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Inhalte

Intro

Nach dem Zweiten Weltkrieg wandten sich die meisten westlichen Länder dem Keynesianismus zu, aber in den 1970er Jahren schien dieser an seine Grenzen zu stoßen. Nach dieser Story weißt du, welche neue Wirtschaftstheorie die Bühne betrat.

Kapitel 1: Fliegen oder Abstürzen

Nervös klopft Brigitte mit den Fingerspitzen auf den Tisch ihres Bankberaters. Eigentlich kann gar nichts schiefgehen. Eigentlich müsste sie diesen Kredit bekommen. In Gedanken geht sie alles noch einmal durch. Ihr Geschäft läuft gut, sehr gut sogar. Seit der Corona-Krise macht ihr Drohnen-Lieferservice für Waren unter fünf Kilogramm so richtig Umsatz. Und die Nachfrage wächst und wächst. Zeit also, die Drohnenflotte zu vergrößern. Das aber kostet Geld, viel Geld: Die Drohnen sind teuer, sie müssen programmiert und gewartet werden. Und wenn alles nach Plan läuft, braucht Brigitte ein größeres Büro mit einem neuen Drohnen-Flughafen. Ja, wenn ...
Brigitte blickt  zu ihrem Bankberater. Noch immer brütet er still und stoisch über ihrem Kreditantrag. Alle paar Sekunden tippt er sich an seine Unterlippe, holt tief Luft und jagt eine weitere Armee Falten die Stirn hinauf. Brigitte wird immer nervöser. Was, wenn doch etwas schiefläuft? Was, wenn sie den Kredit bekommt, aber nicht zurückzahlen kann?

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Kapitel 2: Der Monetarismus

Wenn Brigitte den Kredit bekommt, neue Drohnen kauft und zusätzliche Mitarbeiter einstellt, leistet sie einen positiven Beitrag zur Gesamtwirtschaft. Der Drohnen-Hersteller macht mehr Umsatz, und auch Brigittes Angestellte haben dann mehr Geld in der Tasche. Geld, das sie ausgeben können und wovon dann wiederum andere profitieren. 

Die Angebotsseite einer Wirtschaft zu stärken, also die private Unternehmerin oder den privaten Unternehmer, darum ging es dem 1912 in New York geborenen Ökonomen Milton Friedman. Seine Theorie des Monetarismus, die er in „A Monetary History of the United States, 1867-1960” erläuterte, war im Grunde ein Gegenentwurf zur damals vorherrschenden Theorie des Keynesianismus. 

Wir erinnern uns: Der Keynesianismus geht zurück auf John Maynard Keynes und hat vor allem die Nachfrageseite einer Wirtschaft im Blick. Keynes forderte, der Staat selbst müsse in Krisenzeiten für Nachfrage sorgen, zum Beispiel durch öffentliche Aufträge. Sein Hauptinstrument war die Fiskalpolitik, also die Regulierung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben des Staates, um das gesamtwirtschaftliche Ziel zu erreichen.

Die Monetaristen richteten den Fokus hingegen wieder auf die Angebotsseite einer Wirtschaft. Also auf diejenigen, die etwas anbieten, die produzieren und verkaufen, auf die Unternehmerinnen und Unternehmer. Denn, um bei unserem Beispiel zu bleiben: Nur wenn Brigittes Drohnen-Lieferservice gut läuft, profitieren auch die Beschäftigten ihres Unternehmens. Je weniger Vorschriften, Steuern, Lohnzuschüsse und andere staatliche Eingriffe Brigitte berücksichtigen muss, desto einfacher wird es für sie, ein profitables Unternehmen zu führen. Und ihr  verdientes Geld wird Brigitte schließlich ausgeben – entweder als Investition in ihre Firma oder als Konsum der privaten Haushalte –, womit sie wiederum die Wirtschaft ankurbelt. Theoretisch.

Kapitel 3: Der Staat soll sich raushalten

Im Gegensatz zur Keynesianischen Theorie lehnte Milton Friedman Eingriffe des Staates in die Wirtschaft strikt ab. Er sagte einmal: „Die Lösung der Regierung für ein Problem ist in der Regel genauso schlimm wie das Problem selbst.“ 1976 erhielt Friedman den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Einige Jahre später wurde er Berater des US-Präsidenten Ronald Reagan.  Auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher las Friedmans Werke. Ihre marktfreundliche Wirtschaftspolitik in den 1980er-Jahren war stark von seinen Ideen beeinflusst. 

Anders als beim Keynesianismus, bei dem der Staat durch gezielte Ausgaben die Nachfrage nach Produkten und Arbeiterinnen und Arbeitern erhöhen soll, fordert der Monetarismus, dass der Staat nur die ökonomischen Rahmenbedingungen schaffen und sich ansonsten aus der Wirtschaft heraushalten soll. 

Auch um soziale Angelegenheiten solle sich der Staat laut Friedman so wenig wie möglich kümmern. Der Markt werde schon alles richten. Friedman hat das folgendermaßen ausgedrückt: „Die soziale Aufgabe eines Unternehmens ist es, Gewinne zu machen. Je höher der Gewinn ist, desto sozialer verhält sich der Unternehmer.“

Das Prinzip dahinter: Unternehmen sollen möglichst viel Geld erwirtschaften, das dann investiert oder privat ausgegeben wird, was wiederum der gesamten Gesellschaft zugutekommt. Ökonomen nennen dieses Prinzip den „Trickle-Down-Effekt“. Der Wohlstand würde demnach also ganz automatisch von den Reichen zur ärmeren Bevölkerung durchsickern.

Im Grunde war Friedmans Theorie eine wirtschaftstheoretische Rückbesinnung auf die Lehre von Adam Smith und der „unsichtbaren Hand”. Auch Smith räumte einzig dem Markt mit seinem Preismechanismus die Fähigkeit ein, den größtmöglichen gesamtwirtschaftlichen Wohlstand zu erzeugen. Doch in den 150 Jahren seit Smith war die Wirtschaft viel komplexer geworden. Eine absolute Zurückhaltung des Staates war also längst nicht mehr möglich. Aber: Indirekt kann er schon eingreifen.

Kapitel 4: Die Quantitätsgleichung des Geldes

Nämlich über die Steuerung der Geldmenge, um ein weitgehend stabiles Preisniveau für Güter und Dienstleistungen zu erreichen. Man spricht dabei auch von der Quantitätstheorie des Geldes. Langfristig, so die monetaristische Position, soll die Geldnachfrage in einem Wirtschaftssystem relativ stabil gehalten werden. Möglichst ohne große Schwankungen soll sie mit der volkswirtschaftlichen Gesamtproduktion mitwachsen. Denn eine zu starke Erhöhung der Geldmenge steigert die Inflationsrate, also den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus für Güter und Dienstleistungen. Die Kaufkraft sinkt: schlecht für die Wirtschaft. Wird das Geldmengenwachstum im Verhältnis zur Produktionsseite aber zu stark gebremst, kommt es zur Deflation. Also zu einem signifikanten allgemeinen Preisrückgang. Das freut zwar zunächst die Verbraucher, bremst aber den Umsatz der Unternehmen und ist somit auch wieder nicht gut für die Wirtschaft. Investitionen zum Beispiel lohnen sich dann nicht und werden aufgeschoben, bis die Zeiten wieder besser werden.

Die Geldmenge im Wirtschaftssystem soll also in gleichem Maße wachsen wie die Menge der produzierten und gehandelten Güter bzw. Dienstleistungen. Dieser Vorgang wird in der Makroökonomik mit der sogenannten Quantitätsgleichung ausgedrückt. Sie besagt, dass sich Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit des Geldes auf der einen sowie das Preisniveau und die Menge der Güter bzw. Dienstleistungen auf der anderen Seite immer die Waage halten sollten.

Diese Quantitätsgleichung geht auf den kanadischen Mathematiker Simon Newcomb zurück und wurde 1911 von dem US-amerikanischen Ökonomen Irving Fisher präzisiert. Heute werden in die Quantitätsgleichung auch noch andere Wirtschaftsparameter mit einbezogen.

Kapitel 5: Zinsen und sonst nichts

Diese Eingriffsmöglichkeit des Staates war für Friedman die entscheidende. Die Wirtschaft sollte über den Zinssatz angekurbelt werden. Er beziffert die Kosten, welche die Kreditnehmer für ihre Kredite an die Kreditgeber – also in aller Regel die Geschäftsbanken – zahlen müssen. Ein Beispiel: Bei einem Zins von zehn Prozent für einen Kredit von 1000 Euro muss der Kreditnehmer demnach 1100 Euro zurückzahlen. Die Bank erzielt also eine Einnahme von 100 Euro.

Der Zinssatz in einer Volkswirtschaft wird von der sogenannten Zentralbank bestimmt. Man nennt ihn Leitzins, da er die Zinsen der privaten Banken leitet – sie also vorgibt. Die Zentralbanken können den Leitzins in ihren jeweiligen Ländern heben oder senken, je nach Bedarf des Kapitalmarktes, oder wenn die  Politik Druck macht. 

Senkt eine Zentralbank den Leitzins, gibt sie privaten Banken günstigere Kredite, die ihren Privatkunden dann ebenfalls günstigere Kredite geben. Das kann einen großen Unterschied machen. Und nicht selten beeinflusst der Zinssatz bei Krediten eine unternehmerische Entscheidung. Ist der Zinssatz zu hoch und der Kredit somit teuer, wird Brigitte keinen Kredit aufnehmen und ihr Unternehmen nicht vergrößern. Ist er niedrig, steigt die Geldnachfrage.

Für die Monetaristen ist der Zinssatz also der entscheidende Hebel, um die Wirtschaft anzukurbeln und eine Preisniveaustabilität zu erzielen. Niedrige Leitzinsen von Zentralbanken, so ihr Credo, haben einen positiven Effekt auf die Wirtschaftssubjekte – also alle Unternehmen und sonstigen Personen oder organisatorischen Einheiten, die in einem Wirtschaftssystem aktiv sind. 

Niedrige Zinsen wirken sich aber auch auf Sparkonten aus. Denn wenn die Zinsen für Sparer nicht der Rede wert sind, werden sie ihr Geld lieber ausgeben, anstatt es auf einem Konto zu parken. Das erhöht – zumindest in der Theorie – den Konsum, die Firmengewinne und führt wiederum zu mehr Beschäftigung. 

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Zentralbanken also immer geneigt, ihren Leitzins zu senken, während es der Wirtschaft schon sehr gut gehen muss, um eine Erhöhung der Zinsen zu rechtfertigen. So hat beispielsweise die Europäische Zentralbank, kurz EZB, im Zuge der Finanzkrise von 2008 damit begonnen, ihren Leitzins abzusenken. Verschuldete EU-Staaten sollten die Möglichkeit bekommen, ihre schwache Wirtschaft über günstige Kredite anzukurbeln. Zwischenzeitlich sank der Leitzinssatz sogar auf 0 Prozent.

Kapitel 6: Keynes oder Friedman?

Die Wirtschaftstheorien von Keynes und Friedman könnten gegensätzlicher nicht sein. Trotzdem werden sie in der Praxis gleichzeitig angewendet, um den Wirtschaftskreislauf am Laufen zu halten. Während die Zentralbank mit dem Instrument des Leitzinses und die Notenbanken durch Geldmengensteuerung eher indirekt für Preisstabilität und Konjunkturhilfe sorgen, setzt der Staat selbst gern keynesianische Maßnahmen ein. In der Corona-Krise zum Beispiel haben viele Staaten neue Schulden aufgenommen, um ihre Wirtschaft zu stützen. Solche antizyklischen Investitionen werden vom Monetarismus strikt abgelehnt, da sie zwar kurzfristig einen positiven Effekt hätten, langfristig jedoch zu Marktverzerrungen und noch größeren Problemen führen würden. 

In der Bundesrepublik Deutschland fasste der Monetarismus erst in den 1970er-Jahren allmählich Fuß – ein gutes Jahrzehnt nach den USA und unter dem Eindruck des Ölpreisschocks, welcher Inflation und Unterbeschäftigung gleichzeitig zur Folge hatte. Treibende Kraft war eine jüngere Generation von Ökonomen um den Schweizer Karl Brunner, der 1968 auch den Begriff „Monetarism” geprägt hatte (Friedman selbst lehnte diesen zeit seines Lebens ab). Brunner, sein amerikanischer Mitstreiter Allan Meltzer und ein junger ehemaliger Bundesbanker namens Manfred Neumann leiteten mit neuen Lehrbüchern und Tagungen für führende Geldpolitiker die deutsche Wende zum Monetarismus ein. 1974 führte die Bundesbank als erste zentrale Notenbank die Geldmengensteuerung mithilfe der Quantitätstheorie ein. Ab Mitte der 70er ging es dann so schnell, dass Ökonomen von der „monetaristischen Revolution” sprachen.

Milton Friedman starb 2005. Sein Monetarismus ist heute genauso wie der Keynesianismus Teil jeder Wirtschaftspolitik. Selbst Aspekte der Planwirtschaft sind heute in einer Marktwirtschaft zu finden. Jedes Land bestimmt, je nach Bedarf und politischer Ausrichtung, welche Instrumente der verschiedenen Wirtschaftsordnungen es anwendet. 

Einen ganz besonderen Ansatz aber verfolgte ein Mann, der als Vater des deutschen Wirtschaftswunders in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Sein Name war Ludwig Erhard. Mit ihm ist bis heute ein Wirtschaftsmodell verbunden, das etwas zusammenführt, was auf den ersten Blick gar nicht so recht zusammenpasst: die Soziale Marktwirtschaft

Zusammenfassung

Erstens: Der Ökonom Milton Friedman rückte in den 1970er Jahren wieder die Angebotsseite in den Mittelpunkt wirtschaftlichen Handelns. .

Zweitens: Friedman war der wichtigste Vertreter des sogenannten Monetarismus. Er vertraute wieder auf die unsichtbare Hand des Marktes und sah im Unterschied zum Keynesianismus nicht den Staat als Retter in der Not.

Drittens: Milton Friedman hatte einen starken Einfluss auf die Wirtschaftspolitik in den USA und Großbritannien in den 1980er Jahren. 

Viertens: Staatliche Eingriffe werden vom Monetarismus nur im Bereich der Zinspolitik erlaubt.

Fünftens: Monetarismus und Keynesianismus werden in der Praxis gleichzeitig angewandt. Der Monetarismus mit seiner Zinspolitik durch die Zentralbank und der Keynesianismus mit seinen Konjunkturmaßnahmen durch den Staat.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Was wird in der Wirtschaftstheorie auch als „Trickle Down Effect“ bezeichnet?
    1. A) Schulden werden vererbt.
    2. B) Besteuerung führt zu Steuerflucht.
    3. C) Wohlstand „sickert“ von reich zu arm. 
    4. D) Leitzins wird an Sparer weitergegeben.
  2. Mit welchem Instrument soll die Wirtschaft nach Meinung des Monetarismus reguliert werden?
    1. A) Planungskommission
    2. B) Leitzins der Zentralbank
    3. C) Steuern
    4. D) Antizyklische Investitionen
  3. Warum führen niedrige Zinsen zu mehr Konsum?
    1. A) Waren werden günstiger.
    2. B) Banken drucken mehr Geld.
    3. C) Kleinanleger verdienen mehr Geld.
    4. D) Sparen lohnt sich nicht. 
  4. Was denkt der Monetarismus über antizyklische Konjunkturmaßnahmen des Staates?
    1. A) Ganz schlecht, Finger weg!
    2. B) Super, gib mir mehr!
    3. C) Mir doch egal!
    4. D) Antizyklisch ... was?!
  5. Wer war der wichtigste Vertreter des Monetarismus?
    1. A) Mario Draghi
    2. B) Adam Smith
    3. C) Milton Friedman
    4. D) Paul Krugman

Richtige Antworten: 
1. C) Wohlstand „sickert“ von reich zu arm. 
2. B) Leitzins der Zentralbank 
3. D) Sparen lohnt sich nicht. 
4. A) Ganz schlecht, Finger weg! 
5. C) Milton Friedman

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