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Schlieffen-Plan

Das kann nur schlieffgehen
Auf dem Bild ist eine Person zu sehen, die an einem Tisch sitzt und auf eine große militärische Karte schaut, die den Schlieffen-Plan darstellt. Um die Karte herum sind verschiedene militärische Spielsteine und Notizen angeordnet
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Intro

Mit dem Schlieffen-Plan wollte das deutsche Militär während des Ersten Weltkriegs einen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland vermeiden. Denn Russland sah sich als Schutzmacht des Königreichs Serbien, das gerade von Österreich-Ungarn angegriffen wurde. Und wie wir wissen, hatte der deutsche Kaiser Wilhelm II. den Österreichern seinen Beistand zugesichert. Ihm blieb also nichts anderes übrig, als nun auch noch Russland den Krieg zu erklären. Das setzte den Generalstab unter Druck: Bevor man sich mit den Russen anlegen konnte, musste zuerst Frankreich besiegt sein! Den Schlachtplan dafür hatte ein Generalfeldmarschall namens Alfred Graf von Schlieffen schon gut zehn Jahre zuvor ausgearbeitet. Nach diesem Plan sollten zwei deutsche Armeen Frankreich von Norden und Süden gleichzeitig angreifen und die Franzosen bei Paris in die Zange nehmen. Ein schlauer Plan. Aber es waren noch zwei andere Länder im Spiel: das kleine neutrale Belgien und das Vereinigte Königreich Großbritannien. Und genau diese beiden sollten den Deutschen eine böse Überraschung bereiten.

Kapitel 1: Kaiser Wilhelms Kriegserklärung an Russland

Kaiser Wilhelm II. steht auf dem Balkon des Berliner Stadtschlosses – in stolzer Militäruniform mit Pickelhaube auf dem Kopf und Gattin an der Seite. Er lässt seine Augen über die gewaltige, erwartungsvoll schweigende Menschenmenge schweifen und beginnt eine Rede, die sein ganzes Volk buchstäblich mobilisieren soll. Er bedankt sich „für alle Liebe und Treue“, verzeiht dann großmütig seinen politischen Gegnern und überspringt damit auf geschickte Weise die inneren Gräben, die das Deutsche Reich durchziehen. „Ich kenne keine Parteien und auch keine Konfessionen mehr“, ruft der Kaiser. „Wir sind heute alle deutsche Brüder – und nur noch deutsche Brüder!“ Wilhelms Worte wirken. Die Menge jubelt.

Es ist der 1. August 1914, der Tag, an dem das Deutsche Kaiserreich seine Kampftruppen mobilisiert. Es ist der Tag, an dem Deutschland dem mächtigen Russland den Krieg erklärt. Wilhelm legt nach. Er sei sich sicher, dass „unser gutes deutsches Schwert siegreich aus diesem schweren Kampfe hervorgeht.“ Und er schafft es tatsächlich, die Zuhörer vom Krieg zu überzeugen, denn die Menschenmenge beginnt zu jubeln und zu toben! „Stimmung glänzend“ notiert ein deutscher Admiral an diesem Abend in sein Tagebuch. Eine Stimmung, die er mit zahlreichen Landsleuten teilt. Denn das Kriegskarussell hat längst begonnen, sich zu drehen. Bündnisse werden aktiv – und das Deutsche Reich hat nun gleich mehrere Gegner...

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Kapitel 2: Bloß keinen Zweifrontenkrieg!

Während Kaiser Wilhelm II. auf dem Balkon seines Berliner Schlosses stand und die Mobilmachung verkündete, griffen die Truppen der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn bereits die serbische Hauptstadt Belgrad an. Warum? Weil Kaiser Franz Joseph I. Serbiens Regierung beschuldigte, beim Attentat auf das österreich-ungarische Thronfolgerpaar die Fäden gezogen zu haben. Nun aber sah sich der russische Zar zum Eingreifen gezwungen, denn Russland betrachtete sich als Schutzmacht Serbiens. Und das Deutsche Kaiserreich? Das hatte dummerweise jenes geheime Neutralitätsabkommen mit Russland nicht verlängert, das seinerzeit der alte Reichskanzler Otto von Bismarck mit dem russischen Zaren geschlossen hatte. Der Zar schickte nun also Truppen nach Serbien – und als Bündnispartner der Doppelmonarchie musste jetzt wiederum der deutsche Kaiser Wilhelm II. handeln. Also erklärte er Russland den Krieg. Würden die Deutschen nun gleichzeitig gegen Frankreich und gegen Russland kämpfen, also einen Zweifrontenkrieg führen müssen? Das musste unbedingt verhindert werden. Aber die kaiserlichen Generäle hatten auch schon einen Plan dafür: den sogenannten Schlieffen-Plan.

Kapitel 3: Vorbild Antike

Schon seit fast zehn Jahren lag dieser Schlachtplan in den Schubladen des deutschen Generalstabs. Er war für einen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland ausgearbeitet worden und sah vor, den französischen Truppen mit einem Teil der eigenen Truppen in den Rücken zu fallen. Dann sollten sie in einer Zangenbewegung umfasst und eingekesselt werden. Entworfen hatte diesen Plan seinerzeit der damalige Generalfeldmarschall Alfred Graf von Schlieffen. Und der hatte sich an der Antike orientiert: nämlich an der erfolgreichen Vernichtungsschlacht des Feldherrn Hannibal Barkas[1] im Jahr 216 vor Christus! Die Karthager hatten die Römer damals überraschend von zwei Seiten in die Zange genommen, sodass es ihnen ein Leichtes war, die Feinde von allen Seiten her niederzumetzeln.

Ähnliches bereitete nun, im Jahr 1914 nach Christus, der deutsche Generalstab vor.

Schlieffens Plan zufolge war die Armee in drei Sektionen aufzuteilen: Die erste Gruppe sollte nach Osten zur russischen Grenze an die Ostfront ziehen, die zweite Gruppe sollte entlang der französischen Grenze postiert werden. Doch das war vorerst nur als Ablenkungsmanöver gedacht. Der Schlieffen-Plan sah nämlich noch eine dritte Armee vor, die weiter nördlich, an der Grenze zu Belgien, aufgestellt wurde. Dieser sogenannte rechte Flügel sollte flott durch das neutrale Belgien marschieren und anschließend einen Bogen nach Süden schlagen, sodass sie dem Feind – wie einst Hannibal – am Ende in den Rücken fallen konnten. Die Soldaten der zweiten Gruppe wiederum sollten die Franzosen an der deutsch-französischen Grenze ein bisschen ärgern und sich gegebenenfalls auch etwas zurückziehen. Der Plan war, die Franzosen auf diese Weise genau dort hinzulocken, wo die Deutschen sie haben wollten...

Kapitel 4: Schnell an die Westfront

Frankreich sollte also in einer groß angelegten Bogenbewegung über das neutrale Belgien in die Zange genommen werden. Kurz hinter Paris sollte diese Zange geschlossen und das französische Heer vernichtend geschlagen werden. Mit diesem Schlachtplan wollte das deutsche Militär die Franzosen in gerade einmal sechs Wochen besiegt haben! Danach könnten sich die deutschen Streitkräfte endlich gen Osten wenden, um gegen den neuen Kriegsgegner Russland zu ziehen. Und das alles sollte so schnell wie möglich vonstattengehen, denn es wäre ja nicht auszudenken, was passieren würde, wenn Russland seine Truppen früher als geplant in Deutschland einmarschieren ließe...

Kurz nach Kaiser Wilhelms Balkonrede wurden also die deutschen Truppen mobilisiert und eiligst nach Westen geschickt. „Ihr werdet wieder zu Hause sein, ehe noch das Laub von den Bäumen fällt!“ – diese zuversichtlichen Worte gab Wilhelm den abrückenden Truppen noch mit auf den Weg. Und in der Tat kannte die Kriegsbegeisterung in Deutschland keine Grenzen. Niemand ahnte in diesen Tagen, zu welcher globalen Katastrophe sich das Ganze noch ausweiten würde...

Kapitel 5: Einmarsch in Belgien

Der deutsche Generalstabschef Helmuth von Moltke begann nun also, den Schlieffen-Plan umzusetzen. Aber dann kam die böse Überraschung: Das neutrale Belgien untersagte den Deutschen den Durchmarsch. Und der vor Jahren ausgeklügelte, zwischenzeitlich allerdings mehrfach überarbeitete Angriffsplan offenbarte weitere Schwächen. Zum einen marschierten sieben deutsche Armeen im Westen auf, während nur eine einzige Armee im Nordosten dem Gebiet Ostpreußen den Rücken gegen Russland freihielt. Zum anderen war der rechte Flügel im Westen weitaus schwächer aufgestellt, als Alfred Graf von Schlieffen es einst geplant hatte. Das hatte Folgen. Denn der deutsche Generalstab ahnte nicht einmal, dass Belgien seine Neutralität derart verbissen verteidigen würde. Das kleine Königreich hatte den Durchmarsch der deutschen Truppen untersagt und machte Ernst, als diese das Verbot ignorierten. Mit der Eisenbahn hofften sie, ihre Truppentransporte innerhalb Belgiens zügig über die Bühne bringen zu können. Aber das wussten natürlich auch die Belgier – und begannen vielerorts, ihre eigenen Gleisanlagen zu zerstören. So kamen die Deutschen fast nur noch auf Pferden und mit Wagen voran, die allerdings immer wieder auf den schlammigen Wegen stecken blieben. Von “zügig“ konnte keine Rede mehr sein. Aber es sollte noch viel schlimmer kommen...

Mit dem Schlieffen-Plan hatte Deutschland vermeiden wollen, einen Zweifrontenkrieg gegen Russland und Frankreich führen zu müssen. Doch die große Unbekannte zu Beginn des Krieges war das Vereinigte Königreich Großbritannien. Es war in der sogenannten Triple Entente Bündnispartner von Frankreich und Russland und verstand sich ebenso auch als Schutzmacht Belgiens. Eigentlich wollte die britische Armeeführung ja nur ungern gegen Deutschland zu Felde ziehen, denn mit Blick auf ihre zahlreichen Kolonien rund um den Erdball war den Briten klar: Wenn sie jetzt eingriffen, würde der bislang auf Europa beschränkte Krieg rasch zum Weltenbrand werden. Aber der deutsche Einmarsch in Belgien brachte das Fass zum Überlaufen. Der Bruch der belgischen Neutralität ließ den Briten keine andere Wahl, als ebenfalls in den Krieg einzutreten. Und so sollten sie nur wenige Wochen später gemeinsam mit den Franzosen am Fluss Marne die erste vernichtende Schlacht gegen die deutschen Armeen schlagen. Eine Schlacht, die aus französischer Sicht mit einem Wunder enden sollte...

Zusammenfassung:

  • Am 1. August 1914 erklärte der deutsche Kaiser Wilhelm II. Russland den Krieg.

  • Zunächst sollte Frankreich in einem schnellen Gefecht ausgeschaltet werden. Denn Deutschland wollte vermeiden, einen Zweifrontenkrieg gegen Russland und Frankreich führen zu müssen. Das deutsche Militär setzte dabei auf den sogenannten Schlieffen-Plan.

  • Der Schlieffen-Plan war ein Aufmarschplan im Ersten Weltkrieg. Er sah vor, dass ein Teil der deutschen Truppen durch das neutrale Belgien marschieren, die Franzosen hinterrücks umfassen und einkesseln sollte.

  • Die Truppen des Deutschen Reichs marschierten am 4. August 1914 durch Belgien, um auf kürzestem Wege nach Nordfrankreich zu gelangen. Ziel war ein schneller Sieg. Deutschlands Heeresleitung wollte nach diesem Plan innerhalb von sechs Wochen Frankreich besiegen.  Kaiser Wilhelm II. hatte aber nicht damit gerechnet, dass sich die Belgier so entschlossen gegen den deutschen Einmarsch wehren würde.

  • Das Vereinigte Königreich Großbritannien wollte die belgische Neutralität verteidigen und beschloss, ebenfalls in den Krieg gegen Deutschland einzutreten. Mit dem Kriegseintritt des Inselreichs war die bisher regionale Balkankrise zwischen Österreich-Ungarn und Serbien endgültig zu einem europäischen Krieg geworden.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wer hielt am 1. August 1914 in Berlin eine Balkonrede?
    1. A) Kaiser Wilhelm II.
    2. B) Nikolaus III.
    3. C) Otto von Bismarck
    4. D) Raymond Poincaré
  2. In welchem Krieg kam der Schlieffen-Plan zum Einsatz?
    1. A) Im Luxemburg-Krieg
    2. B) Im Ersten Weltkrieg
    3. C) Im Zweiten Weltkrieg
    4. D) Im Koreakrieg
  3. Was sollte mit dem Schlieffen-Plan vermieden werden?
    1. A) Ein Blitzkrieg
    2. B) Ein Sitzkrieg
    3. C) Ein Zweifrontenkrieg
    4. D) Ein Kleinkrieg
  4. Welche Strategie war Kernstück des sogenannten Schlieffen-Plans im 1. Weltkrieg?
    1. A) Scheingefechte um Lüttich
    2. B) Ein möglichst langer Stellungskrieg
    3. C) Die Besetzung von Lothringen
    4. D) Das französische Heer mit einer Zangenbewegung einkesseln
  5. Durch welches neutrale Land marschierte Deutschland zu Beginn des Ersten Weltkriegs?
    1. A) Belgien
    2. B) Portugal
    3. C) Dänemark
    4. D) Schweiz
  6. Wie wurde der deutsche Kriegsplan im 1. Weltkrieg genannt?
    1. A) Verdun-Aufmarsch
    2. B) Somme-Blitzkrieg
    3. C) Bismarcks Donnerkeil
    4. D) Schlieffen-Plan

Richtige Antworten:
1. A) Kaiser Wilhelm II.
2. B) Im Ersten Weltkrieg
3. C) Ein Zweifrontenkrieg
4. D) Das französische Heer mit einer Zangenbewegung einkesseln
5. A) Belgien
6. C) Schlieffen-Plan

FAQs

Was war der Schlieffenplan?

Der Schlieffen-Plan war ein Aufmarschplan im Ersten Weltkrieg. Er sah vor, dass ein Teil der deutschen Truppen durch das neutrale Belgien marschieren, die Franzosen hinterrücks umfassen und einkesseln sollte. So wollte die deutsche Heeresleitung einen Zweifrontenkrieg gegen Russland und Frankreich vermeiden. Ihr Ziel war ein schneller Sieg über Frankreich, um die Truppen dann nach Osten gegen Russland in Marsch setzen zu können.

Wer war der Erfinder des Schlieffenplans?

Entworfen hatte diesen Plan bereits 1905 der damalige Generalfeldmarschall Alfred Graf von Schlieffen. Und der hatte sich an der Antike orientiert: nämlich an der erfolgreichen Vernichtungsschlacht des Feldherrn Hannibal Barkas im Jahr 216 vor Christus. Die Karthager hatten die Römer damals überraschend von zwei Seiten in die Zange genommen und niedergemetzelt.

Warum scheiterte der Schlieffenplan?

Deutschlands Heeresleitung wollte nach diesem Plan innerhalb von sechs Wochen Frankreich besiegen. Kaiser Wilhelm II. hatte aber nicht damit gerechnet, dass Belgien seine Neutralität derart entschlossen verteidigen und sich gegen den deutschen Durchmarsch wehren würde.

Was ist am 3. August 1914 passiert?

Am 3. August 1914 erklärte das Deutsche Kaiserreich Frankreich den Krieg. Am Tag darauf überquerten fünf deutsche Armeen die belgische Grenze, um nach dem Schlieffenplan die franzüsische Armee im Rücken zu umfassen. Dabei missachtete Deutschland die Neutralität Belgiens, das den Durchmarsch untersagt hatte, und provozierte den Kriegseintritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien.

Warum griff das Vereinigte Königreich Großbritannien in den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ein?

Das Vereinigte Königreich Großbritannien war in der sogenannten Triple Entente Bündnispartner von Frankreich und Russland und verstand sich ebenso auch als Schutzmacht Belgiens. Mit dem Kriegseintritt des Inselreichs wurde die bisher regionale Balkankrise zwischen Österreich-Ungarn und Serbien endgültig zu einem europäischen Krieg.

Wie lange dauerte es bis zum Scheitern des Schlieffenplans?

„Ihr werdet wieder zu Hause sein, ehe noch das Laub von den Bäumen fällt!“ – diese zuversichtlichen Worte gab Kaiser Wilhelm II. den abrückenden Truppen noch mit auf den Weg. Tatsächlich musste Schlieffens Nachfolger Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke den Vorstoß auf Paris im September 1914 (Erste Schlacht an der Marne) vorzeitig abbrechen und die deutschen Truppen hinter die Aisne zurückziehen. Statt eines schnellen Siegs über Frankreich entwickelte sich ein mörderischer Stellungskrieg entlang einer 700 Kilometer langen Frontlinie.

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