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Schöne neue Welt

Alles unter Kontrolle
Schöne neue Welt
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Intro

Schöne neue Welt – vielleicht kennst du den Titel dieses Romans des englischen Autors Aldous Huxley. Und vielleicht weißt du auch, dass er absolut ironisch gemeint ist. Denn die Welt, die Huxley in seiner düsteren Zukunftsvision beschreibt, ist alles andere als „schön“. In dieser Story kannst du eintauchen in eine Gesellschaft, die ihre Freiheit geopfert hat – für Sicherheit, Kontrolle und Drogenrausch.

Kapitel 1: Alles unter Kontrolle

Lenina Crowne betritt die Brut- und Normzentrale. Es ist ein graues, gedrungenes Gebäude, in dem nur kaltes Licht herrscht. Doch Lenina gefällt es hier. Schließlich ist dies nicht nur ihr Arbeitsplatz – dieses Gebäude und seine Labore sind der Anfang von allem: In den Befruchtungsräumen werden die Eizellen befruchtet, in den Brutöfen wachsen sie zu Föten heran. Menschen werden hier als Teil ihrer Kaste erschaffen: Alphas, Betas, Gammas, Deltas und Epsilons. Sie alle bekommen ihren Platz in der Gesellschaft zugewiesen. Es ist ein perfektes System der Erschaffung von Leben – sicher, sauber, kontrolliert. Und bei Weitem nicht so schmutzig und schmerzhaft wie die Geburten in vergangenen Zeiten – als Frauen die Kinder noch aus ihren Körpern pressen mussten. 

Lenina schüttelt sich. Gut, dass diese primitive Phase der Menschheit hinter ihnen liegt. „Gemeinschaftlichkeit, Einheitlichkeit, Beständigkeit …“, flüstert sie vor sich hin, während sie weiter die Halle durchschreitet. Ja, was ist schon die individuelle Freiheit wert im Vergleich zum großen Allgemeinwohl?

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Kapitel 2: Das Individuum – ein Störfaktor

Wie könnte sie aussehen: eine Gesellschaft ohne Individualismus? Der englische Autor Aldous Huxley geht dieser Frage in seiner Dystopie „Schöne neue Welt“ nach. Sie ist eine Zukunftsvision, in der mit Hilfe von wissenschaftlichen Methoden und durch totale Kontrolle jegliche Individualität abgeschafft wurde. Die Zeitrechnung dieser Welt beginnt mit dem Jahr 1908 unserer Zeitrechnung. In diesem Jahr ließ der Automobilbauer Henry Ford sein erstes T-Model vom Fließband laufen – jenes Fahrzeug, das zum Synonym der Automatisierung geworden ist. Im Jahr 141 A.F. (was „anno Ford“ bedeutet) begann ein neunjähriger verheerender Krieg, dem ein weltweiter wirtschaftlicher Zusammenbruch folgte. Schließlich fanden sich alle Regierenden zu einer gemeinsamen Weltregierung zusammen und beschlossen einen friedlichen Neuanfang. Fortan lautete die gemeinsame Staatsdoktrin „Kollektivität, Identität, Stabilität“. Das Ziel: eine neue, rundum glückliche und wohlhabende Weltgemeinschaft, in der es keine Eigeninteressen mehr gibt, keinen Neid, keine Gier. Und: keine natürliche Fortpflanzung. Denn etwas so Unkontrollierbares passt nicht ins Konzept dieser perfekten Welt.

Im Jahr 2540 A.F. werden Menschen nicht mehr einfach gezeugt und geboren. Nein, sie werden genetisch programmiert und im Labor erschaffen. Im Erbgut werden ihre Eigenschaften wie Intelligenz und Aussehen festgelegt – und damit auch ihre soziale Stellung im Kastensystem. Jeder Mensch wird Teil einer gesellschaftlichen Gruppe, der er oder sie von der Geburt bis zum Tode angehören. Nichts wird dem Zufall überlassen. Ob man ein Alpha-Plus wird – also Mitglied der kleinen herrschenden Oberklasse – oder als Epsilon-Minus die niedersten Arbeiten erledigen muss: Alles wird in den sogenannten Brut- und Normzentren von der Eizelle an festgelegt und gesteuert.

Doch wie kann gewährleistet werden, dass die Menschen die ihnen zugewiesenen Rollen auch akzeptieren?

Kapitel 3: Alles unter Kontrolle

Huxleys Antwort auf diese Frage lautet: Konditionierung. Von klein auf werden die Menschen dazu erzogen, nur das zu sein, was der Staat ihnen zubilligt. Und so ist auch die Beta-Frau Lenina Crowne (in der deutschen Übersetzung Lenina Braun) völlig im Reinen mit sich und ihrer Rolle. Diese Rolle besteht in erster Linie darin, Männern zu gefallen und mit möglichst vielen von ihnen Geschlechtsverkehr zu haben. Denn Sexualität und Lustbefriedigung haben eine entscheidende Funktion in dieser Welt. Sie dienen dazu, die Menschen ruhig zu stellen. Und wenn es doch mal hakt oder jemand unzufrieden ist, gibt es für alle die vom Staat bereitgestellte Droge Soma. Es ist also alles reguliert, alles unter Kontrolle. Jeder hat seinen Platz, jeder hat zu funktionieren und niemand ist unglücklich – eine schöne neue Welt eben. Wo also ist das Problem?

„Schöne neue Welt“ erschien im Jahr 1932. Es war eine Zeit, in der das Individuum einen schweren Stand hatte. Politische Systeme wie der Kommunismus in der Sowjetunion, doch auch der aufkeimende Nationalsozialismus in Deutschland stellten das Wohl des Kollektivs, des großen Ganzen, über die Wünsche des Einzelnen. Zugleich war es eine Zeit des wissenschaftlichen Fortschritts in der Genetik. Wissenschaftler experimentierten mit Erbgut, und die Eugenik war auf dem Vormarsch: Jene Lehre, die der Frage nachgeht, wie man das menschliche Erbgut verbessern kann.

Autor Aldous Huxley stammte selbst aus einer Mediziner-Familie. Wie kann man den Menschen formen, ihn beeinflussen, ihn besser machen? Diese Frage lag zu jener Zeit in der Luft. Sie ist nicht ungefährlich. Die Nationalsozialisten trieben diese Idee mit ihrer sogenannten „Rassenhygiene“ auf die Spitze. Und nur wenige Menschen stellten sich die viel wichtigere Frage: Wenn wir anfangen, Menschen nach einer bestimmten Vorstellung zu formen, was opfern wir dabei?

Kapitel 4: Das kleine Opfer Freiheit

Aldous Huxley liefert die Antwort in „Schöne neue Welt“ ganz konsequent: Es ist die Freiheit. Nicht nur die Freiheit des Individuums, sondern die der Menschheit als Ganzes. In Huxleys Gesellschaftsvision der totalen Kontrolle wird die Freiheit auf dem Altar der Wissenschaft geopfert. Denn individuelle Freiheit ist dort, wo Sicherheit und Kontrolle an erster Stelle stehen, ein unberechenbarer Störfaktor. Und was noch schlimmer ist: Die Menschen stellen all das nicht in Frage. Sie lieben diese neue Welt.

In Huxleys Roman der Zukunft gibt es keine Länder mehr, kein Europa und keine USA, keine Amerikaner oder Deutschen. Es gibt nur noch einen einzigen großen, wissenschaftlich durchstrukturierten Weltstaat. Lesen ist abgeschafft, alle Bücher, sogar die Bibel, wurden vernichtet. Stattdessen gibt es jede Menge Spaß und Ablenkung, in Sport- und Freizeitzentren oder bei Gruppensex-Orgien, die durch offiziell ausgeteilte Drogen angeregt werden.

Das System aus kontrollierter künstlicher Fortpflanzung und umfassender Konditionierung ist so perfektioniert, dass niemand die Freiheit vermisst. Das Allgemeinwohl steht an erster Stelle, das wird jedem Einzelnen eingetrichtert. Und so glauben auch alle an das Motto dieser Gesellschaft: Gemeinschaftlichkeit, Einheitlichkeit, Beständigkeit. Der Staat hat alles fest im Griff und alle Menschen sind glücklich! Das System funktioniert über viele Generationen. Bis es zu einer Abweichung kommt.

Kapitel 5: Der „Wilde“

Diese Abweichung heißt Bernard Marx (dt. Sigmund Marx). Bernard Marx ist ein „Alpha“ und damit Angehöriger der höchsten Kaste. Doch etwas ist offensichtlich bei seiner genetischen Erzeugung schiefgegangen. Bernard ist kleiner und nicht so attraktiv, wie Alphas es normalerweise sind. Seine Minderwertigkeitskomplexe bekämpft er, indem er sich immer wieder kleine Regelverstöße leistet. Gut, dass er in dem etwas verschrobenen Alpha Helmholtz Watson einen Freund (und insgeheim systemkritischen Seelenverwandten) in den höchsten Kreisen hat ...

Ja, und dann hegt Bernard auch noch romantische Gefühle für die Beta-Frau Lenina. Die ist davon natürlich höchst irritiert. Schließlich ist die Liebe verboten – weil sie einfach nicht kontrollierbar ist! Das folgenreiche Resultat: In einer Gesellschaft, in der alle ihre Unfreiheit lieben, wird der unglückliche Bernhard zum Stachel im Fleisch des Staates. Seine Sehnsucht nach Nähe ist so groß, dass er Lenina zu einem Ausflug überredet. Sie besuchen ein sogenanntes Reservat. Das ist einer der letzten Orte, an denen es noch Monogamie gibt, wo Menschen noch auf natürliche Weise geboren werden und ohne staatliche Kontrolle leben. Sie sind Indigene, die vom System als „Wilde“ abqualifiziert werden. Dort im Reservat treffen Bernard und Lenina den jungen „Wilden“ John Savage (dt. Michel). Sein Vater ist der Chef des City-Brüters und Konditionierungscenters London, seine Mutter Linda hat ihn allein im Reservat aufgezogen. John ist gutaussehend und intelligent, er hat sich sogar mit einer im Dorf vergessenen Gesamtausgabe der Werke Shakespeares das Lesen beigebracht. Aber wegen seiner hellen Haut und seiner zerlumpten Kleidung ist er ständig Zielscheibe von Hänseleien, und an den Ritualen der Indigenen darf er nicht teilnehmen. Bernard und Lenina nehmen John mit in die „Zivilisation“. Und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

Kapitel 6: Der Fehler im System

Für John ist der Eintritt in die schöne neue Welt ein Kulturschock im wahren Sinn des Wortes – und zwar mit umgekehrtem Vorzeichen. Die buntschillernde Freizeitwelt lässt ihn staunen, aber hinter der Fassade erkennt er die Kulturlosigkeit der Massengesellschaft. Deren Regeln ergeben für ihn keinen Sinn, und die von ihm verehrte Linda verstört ihn mit ihren rein sexuellen Annäherungsversuchen. Sex ist ihr Job, er aber möchte Liebe. Verwirrt und frustriert stört er eines Tages eine staatliche Drogenverteilung und wird dem Oberboss Mustapha Mond (in der deutschen Übersetzung Mustafa Mannesmann) vorgeführt. Zwischen den beiden entspinnt sich ein philosophisches Gespräch über die neue Gesellschaft und deren Auswirkungen auf den Einzelnen. Auch Mond kennt Shakespeare, den John in seiner Hilflosigkeit ständig zitiert. Schließlich wird der junge „Wilde“ verbannt. In einem verlassenen Leuchtturm versucht er, sein Verlangen nach Linda mit rituellen Selbstgeißelungen zu „strafen“. Und wird damit zu einer Art Touristenattraktion. Massen von Schaulustigen belagern den Turm, auch Linda kommt und wird von John mit Peitschenhieben traktiert. Der Menschenauflauf wird zur Orgie, die Massen singen, tanzen und prügeln sich bis tief in die Nacht. Am nächsten Morgen aber wird John von Scham und Entsetzen über das Geschehene übermannt. Er erhängt sich an seinem Turm.

Kapitel 7: Die großen Fragen

Das Aufeinanderprallen der beiden Welten führt in dieser Science-Fiction-Geschichte nicht etwa zu einer positiven Veränderung oder gar zum großen Systemsturz. Vielmehr zeigen die Entwicklungen auf tragische Art und Weise, wie ein einzelner Mensch an einem übermächtigen System der totalen Kontrolle scheitert.

Aldous Huxley wählt dabei einen anderen Weg als etwa sein Schriftstellerkollege George Orwell in „1984“: In Huxleys „neuer Welt“ halten sich die Herrschenden nicht durch Folter und Mord an der Macht, sondern auf vordergründig friedliche und subtile Weise. Die Alphas stellen die Massen durch Verführung und Bedürfnisbefriedigung ruhig, denn ein zufriedenes Volk denkt nicht an Rebellion. Das wussten schon die antiken römischen Kaiser mit ihren „Panem et circenses“ (Brot und Zirkusspiele). Bei Huxley sind es Sex, Drogen und Konsum.

Dennoch hat sein Roman alles, was eine gute Dystopie ausmacht. Denn Huxley stellt uns Lesenden die großen Fragen. Auf der politischen Ebene stellt er die Frage nach staatlicher Kontrolle: Wie viel Freiheit sind wir bereit an den Staat abzugeben? Auf der gesellschaftlichen Ebene fragt er uns: Wie viel Freiheit will eine Gesellschaft dem Einzelnen zugestehen? Wollen wir Vielfalt, mit all den Konflikten, Reibungen, unterschiedlichen Lebensanschauungen und Diskussionen, die diese mit sich bringt? Oder ziehen wir ihr die vermeintlich sichere, stabile Konformität vor?

Nicht zuletzt stellt Huxley auch moralische Fragen: Gibt es eine ethische Grenze für Wissenschaft und Fortschritt? Hat der Mensch – nur weil er es kann – wirklich das Recht, über das Leben anderer zu entscheiden? Diese Fragen muss sich eine Gesellschaft immer wieder stellen. Und hinzu kommt das ebenso aktuelle Thema, welches Margaret Atwood in ihrer Dystopie „Der Report der Magd“ auf sehr beängstigende Weise ausmalt: die Unterdrückung der Frau unter dem Vorwand der Religion.

Zusammenfassung

  • In „Schöne neue Welt“ (Originaltitel „Brave New World“) entwirft Aldous Huxley eine Gesellschaft der Zukunft, in der die individuelle Freiheit abgeschafft wurde.

  • Wissenschaftliche Kontrolle durch Genetik und Konditionierung bestimmt alles: Menschen werden genetisch erzeugt, in Kasten eingeordnet und zu bestimmten Verhaltensweisen erzogen. Und sie lieben ihre Unfreiheit!

  • In diesem System der totalen Kontrolle, in dem das Kollektiv über allem steht, wird eine Hauptfigur mit individuellen Bedürfnissen zum Störfaktor.

  • Huxley stellt mit „Schöne neue Welt“ noch heute gültige politische, gesellschaftliche und moralische Fragen nach dem Wert von Freiheit, Toleranz und Individualität. 

  • Der Roman erschien noch 1932 in deutscher Übersetzung (Herbert E. Herlitschka). Darin sind die Namen der Hauptpersonen verändert und die Handlung nach Berlin bzw. Norddeutschland verlegt. 1978 erschien im Verlag Das Neue Berlin eine Neuübersetzung, die wieder die originalen Namen und Schauplätze verwendet.

  • Eine weitere Neuübersetzung von Uda Strätling erschien 2013 bei Fischer Taschenbuch und im selben Jahr auch als Hörbuch. Verfilmungen existieren bislang nur fürs Fernsehen.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wann erschien der Roman „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley?
    1. A) 1932
    2. B) 1832
    3. C) 1992
    4. D) 2001
  2. Zu welchem Genre zählt der Roman „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley?
    1. A) Horror
    2. B) Krimi
    3. C) Fantasy
    4. D) Dystopie
  3. Was wird in Aldous Huxleys Roman „Schöne neue Welt“ zum verbotenen Störfaktor?
    1. A) Politische Ambitionen
    2. B) Individuelle Freiheit
    3. C) Promiskuität
    4. D) Drogenkonsum
  4. Was sind Leitbegriffe der Gesellschaft in „Schöne neue Welt“?
    1. A) Revolution und Veränderung
    2. B) Romantik und Liebe
    3. C) Allgemeinwohl und Einheitlichkeit
    4. D) Kunst und Freiheit
  5. Wie ist die Gesellschaft in der Dystopie „Schöne neue Welt“ strukturiert?
    1. A) Als Diktatur unter einem großen Führer
    2. B) In soziale Kasten
    3. C) Als parlamentarische Demokratie
    4. D) Ohne soziale Strukturen

Richtige Antworten: 
1. A) 1932
2. D) Dystopie
3. B) Individuelle Freiheit 
4. C) Allgemeinwohl und Einheitlichkeit
5. B) In soziale Kasten

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