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Anne Boleyn

Verheiratet mit dem Tod
Henry VIII standing solemnly in the center, surrounded by six solemn stone memorials for each of his wives, oil painting, soft, ethereal lighting highlighting the sorrowful expression on Henry's face, a muted color palette of greys and dark greens, close-up shot with a 50mm lens capturing the emotional weight of the scene
Anne Boleyn
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Inhalte

Intro

King Henry VIII. hatte sechs Frauen – und Anne Boleyn war ganz sicher die schillerndste Figur unter ihnen. Um sie heiraten zu können, sagte sich der Tudor-König vom Papst und der katholischen Kirche los. In dieser Story hörst du, warum er sie trotzdem hinrichten ließ – und wie es seinen übrigen Gemahlinnen erging...

Kapitel 1: Das Schwert von Calais

Ein Raunen geht durch die Reihen der Zuschauer, als die kleine Prozession auf das Towergreen einbiegt. Voran schreitet der Towerkommandant, neben ihm die Königin, dahinter ihre Dienerinnen. In stolzer Haltung steigt die Königin die wenigen Stufen des Schafotts hinauf und tritt dem Mann gegenüber, der ihr als ein Meister seines Fachs angekündigt wurde – ein letztes, gnädiges Geschenk ihres königlichen Gemahls. Ein spöttisches Lachen will in ihrer Kehle aufsteigen. Sie unterdrückt es. Denn sie darf den König nicht noch mehr erzürnen, wenn sie ihre kleine Tochter vor seiner Rache bewahren will. Nein, sie muss ihre letzten Worte dafür nutzen, den König zu besänftigen, ihn als guten und barmherzigen Herrscher zu preisen und ihm Gottes Segen zu wünschen. Was folgt, ist eine flammende Lobrede auf Heinrich VIII., mit der sich dessen zweite Frau an diesem 19. Mai 1536 auf dem Schafott von der Welt verabschiedet. Ihre dreijährige Tochter Elizabeth, die sie zurücklassen muss, wird später als Königin Elizabeth I. Weltgeschichte schreiben. Aber das kann Anne Boleyn freilich nicht ahnen, als sie niederkniet und sich die Augen verbinden lässt ...

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Kapitel 2: Zwei ungleiche Schwestern

„Ich hörte, der Henker ist sehr erfahren − und ich habe einen schmalen Hals“, soll sie einen Tag vor ihrer Enthauptung gesagt haben. Und tatsächlich ist überliefert, dass der Scharfrichter ihren Kopf mit einem einzigen schnellen Hieb seines Schwertes vom Körper trennte. Heinrich VIII. hatte den Spezialisten eigens aus Saint-Omer bei Calais kommen lassen, der letzten Stadt jenseits des Ärmelkanals, die nach dem Hundertjährigen Krieg von den einst riesigen Festlands-Besitztümern der Krone übriggeblieben war. Es war die erste öffentliche Hinrichtung einer englischen Königin, und Heinrich wollte offenbar eine ehrenvolle Show – auch für sein eigenes Ansehen. Doch warum ließ Heinrich die Frau köpfen, die er doch drei Jahre zuvor noch so sehr geliebt hatte, dass er sich sogar mit dem Papst in Rom überwarf und sein ganzes Land spaltete?

Als Anne dem König zum ersten Mal begegnete, muss sie ungefähr Mitte 20 gewesen sein. Ihr Geburtsdatum ist nicht eindeutig belegt, ebenso ihr Geburtsort – möglicherweise Hever Castle in der Grafschaft Kent oder Blickling Hall in der Grafschaft Norfolk. Ihr Vater Thomas Boleyn (in einer älteren Schreibweise auch „Bullen”) war ein alter Gefolgsmann Heinrichs VII. und Diplomat unter dessen Sohn, dem neuen König Heinrich VIII. Ihre Mutter Elizabeth Howard war Hofdame unter dessen Mutter, Königin Elizabeth of York gewesen und später in die Dienste seiner ersten Gemahlin Katharina von Aragon getreten. Die Boleyns hatten fünf Kinder, von denen jedoch nur drei das Säuglingsalter überlebten: Mary, Anne und George. Die beiden Mädchen wurden am Hof der habsburgischen Statthalterin der Niederlande, Margarete von Österreich, in die adelige Gesellschaft eingeführt und genossen eine hervorragende Ausbildung am französischen Königshof. Zurück in England, wurde die ältere Tochter Mary Boleyn mit William Carey verheiratet, einem der Kammerherren des jungen Königs Heinrich VIII.. Dass dieser mit Mary eine diskrete Affäre angefangen hatte, war bald ein offenes Geheimnis. Er benannte sogar eines seiner Schiffe nach ihr.

Aber wenige Jahre später sollte Mary das Schicksal der allermeisten Mätressen teilen, die mit den Königen Europas das Bett teilten: Wurde der Herrscher ihrer überdrüssig, dann legte er sie ab wie ein Paar getragene Schuhe und suchte sich eine neue Herzensdame. Im Falle Marys sollte das bald ihre jüngere Schwester Anne sein. Aber die hatte offenbar einen Entschluss gefasst: Sie würde sich dem König erst hingeben, wenn er ihre Zukunft und die ihrer gemeinsamen Nachkommen abgesichert hatte. Und zwar durch eine Ehe!

Kapitel 3: Frauentausch

Zu dieser Zeit Anfang der 1520er-Jahre diente Anne ebenso wie zuvor ihre Schwester Mary der Königsgemahlin Katharina als Hofdame. Ihr erster Auftritt bei einem Maskenball im März 1522 muss hinreißend gewesen sein: Ihre Schönheit und ihre eleganten Roben nach neuester französischer Mode zogen die Blicke auf sich und Heinrich muss sich spontan in sie verliebt haben. Er war Mitte 30, groß gewachsen, sportlich und hochintelligent, ein begeisterter Turnierkämpfer und ein Förderer von Kunst und Wissenschaft, er sprach mehrere Sprachen und komponierte sogar Musikstücke. Die junge Anne faszinierte ihn. Sie war nicht nur schön, sondern auch charmant und belesen. Ihre markanteste Eigenschaft aber war ihre Schlagfertigkeit: Sie hielt mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg, egal ob es um Politik oder Glaubensfragen ging. Das passte nicht ins Frauenbild des damaligen Englands. Frauen hatten still und demütig zu sein und ihrem Mann zu gehorchen. So wie Katharina von Aragon, die katholische rechtmäßige Ehefrau des Königs. Die Sympathien des Volkes waren auf ihrer Seite.

Aber Heinrich wollte Anne. Sie imponierte ihm. Er schrieb ihr glühende Liebesbriefe, sie ließ ihn abblitzen. Er machte ihr Geschenke, ehrte ihren Vater mit dem Titel Viscount Rochford, den auch ihr Bruder George führen durfte. Anne ließ Heinrich trotzdem weiter um sich werben und beharrte auf einer offiziell und gültig geschlossenen Ehe. Das ging fast sechs Jahre lang so. Zwischenzeitlich hatte sie sogar einen Verlobten, einen jungen Mann namens Henry Percy, 6. Earl of Northumberland, der als Page im Haus des Kardinals Thomas Wolsey diente. Ob dieser oder der König selbst die beiden zwang, ihre unerlaubte Verlobung zu lösen, ist nicht ganz geklärt. Immer öfter begleitete Anne den König nun auch zu offiziellen Anlässen, was eigentlich die Aufgabe seiner Gemahlin Katharina war. Aber sie wurde von Heinrich auf einem entlegenen Schloss kaltgestellt. Als im Herbst 1532 ein Staatsbesuch beim König von Frankreich bevorstand, musste Katharina sogar ihre Juwelen an Anne herausgeben.

Kapitel 4: Am Ziel ihrer Wünsche

Im Januar des Folgejahrs war Anne am Ziel ihrer Wünsche, was ihre Zukunft als neue Königin anbetraf. Heinrich VIII. hatte die Auseinandersetzungen mit dem Heiligen Stuhl in Rom über die Annullierung seiner Ehe mit Katharina kurzerhand dadurch beendet, dass er sich und sein Reich vom Papst losgesagt und sich selbst zum Oberhaupt der Anglikanischen Kirche erklärt hatte. Am 25. Januar ließ er sich in einer stillen Zeremonie mit Anne trauen, obwohl seine Ehe mit Katharina vor der Kirche noch immer Bestand hatte. Ihre Annullierung besorgte er schließlich selbst mit einer Parlamentsakte, die durch den Schatzkanzler und Privatsekretär Thomas Cromwell sowie dem Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, gegenüber dem Klerus durchgesetzt wurde. Im März hatte auch sein neues Erbfolgegesetz, der First Act of Succession, das Parlament passiert. Mit diesem Gesetz schuf Heinrich die dynastische Grundlage für seine künftigen Nachkommen mit Queen Anne Boleyn, legitimiert und geschützt vor politischen Gegnern durch einen Eid, den alle Amts- und Würdenträger auf das Gesetz ablegen mussten.

Es würde also Annes künftiger Sohn sein, der Heinrich VIII. als Thronfolger beerben und einst König von England sein würde. Heinrichs Tochter aus erste Ehe − Maria − war offiziell zum Bastard erklärt und von der Thronfolge ausgeschlossen worden.

Kapitel 5: Drohendes Unheil

Doch auch Anne, inzwischen offiziell in der Westminster Abbey zur Königsgemahlin gekrönt, brachte „nur“ eine Tochter zur Welt: Elisabeth, geboren am 7. September 1533 im Greenwich Palace. Sie erhielt eine prächtige Taufe, aber das zu Ehren des erwarteten Thronfolgers anberaumte Turnier wurde auf Befehl des Königs abgesagt. Heinrich war enttäuscht. Und Annes unkonventionelles Verhalten, das ihn einst so fasziniert hatte, nervte ihn nur noch. Sie war oft launisch und hochfahrend und scheute sich nicht, in aller Öffentlichkeit mit ihrem Gemahl zu streiten. Sie dachte gar nicht daran, stillschweigend über seine Affären mit anderen Damen hinwegzusehen, so wie es Katharina getan hatte. Sie machte ihm Szenen. Und statt endlich einen Sohn zur Welt zu bringen, erlitt sie Fehlgeburten. Heinrich hatte genug von ihr und ihren erfolglosen Schwangerschaften. Wutschnaubend und angstvoll zugleich musste Anne erkennen, dass seine Aufmerksamkeit längst einer anderen Frau galt: der jungen Hofdame Jane Seymour.

Ahnte die Königin das Unheil, das sich über ihr zusammenbraute? 1536 war Katharina von Aragon gestorben, und das brachte Anne zusätzlich in Gefahr: Wenn sie nicht endlich einen männlichen Erben gebar, würde es Heinrich viel leichter haben, sie zu verstoßen und ganz legal eine neue Ehe zu schließen. Der König wiederum überließ es seinem bewährten Sekretär Thomas Cromwell, Anne auf möglichst elegantem Wege aus dem Weg zu schaffen. Und der hatte auch noch ein eigenes Hühnchen mit der Königsgemahlin zu rupfen, denn die hatte es gewagt, sich in finanzielle und außenpolitische Angelegenheiten Cromwells zu mischen.

Kapitel 6: Unter Anklage

Cromwell fand eine Lösung: einen Prozess wegen angeblichen Ehebruchs und damit verbundenen Hochverrats, denn der angebliche Ehebruch der Königsgemahlin hätte ja Auswirkungen auf die Legitimität eines möglichen Thronfolgers gehabt. Der Sekretär des Königs hatte seine Spione in allen Gängen des Palasts; er war über jede Person informiert, die bei der Königin ein- und ausging. Mal war es ein junger flandrischer Musiker gewesen, mal ein harmlos in sie verknallter Dichter namens Sir Thomas Wyatt, mal ihr eigener Bruder George, der Viscount Rochford. Schnell war die Anklage auf Inzest erweitert. Sogar Hexerei versuchte das Gericht Anne Boleyn nachzuweisen. Am 2. Mai wurde sie verhaftet und mit einem Lastkahn in den Tower of London gebracht. Ihr eigener Onkel Thomas Howard führte den Vorsitz bei dem Prozess gegen sie und ihre angeblichen Liebhaber.

Ein unter Folter erpresstes Geständnis eines der Verdächtigten gab schließlich den Ausschlag für ihr Todesurteil. Am 15. Mai 1536 wurden fünf angebliche Liebhaber der Königin auf dem Tower Hill hingerichtet. Anne selbst beteuerte bis zuletzt ihre Unschuld, vermied aber jeden verbalen Angriff auf ihren Mann. Historiker vermuten, dass sie damit ihre Tochter Elisabeth schützen wollte, die zu diesem Zeitpunkt zweieinhalb Jahre alt war. Dafür spricht auch ihre letzte Rede, die sie unmittelbar vor ihrer Enthauptung am 17. Mai auf dem Schafott hielt. Darin lobte sie den König als „gut, freundlich und gnädig”; einen „sanftmütigeren und nachsichtigeren Fürsten” habe es nie gegeben.

Henry the King hatte es unterdessen nicht versäumt, durch Erzbischof Cranmer die Ehe mit Anne für ungültig und die kleine Elizabeth zum Bastard erklären zu lassen. Damit war das gemeinsame Kind von der Thronfolge ausgeschlossen. Und während Anne Boleyn aufrecht kniend mit erhobenem Haupt unter dem Schwert des Scharfrichters starb, soll sich der König auf der Jagd vergnügt haben.

Zusammenfassung

  • Anna Boleyn war die zweite Frau von Heinrich VIII. und die erste Königin von England, die öffentlich hingerichtet wurde. Heinrich ließ eigens dafür einen Scharfrichter aus Frankreich kommen, der ein Spezialist für Hinrichtungen mit dem Schwert war.  

  • Sie wurde in Frankreich und den Niederlanden erzogen und war für ihre Zeit eine außergewöhnlich moderne Frau. Ihre Klugheit und Schlagfertigkeit faszinierten den König zunächst so sehr, dass er alle Hebel in Bewegung setzte, um die Ehe mit seiner ersten Frau Katharina von Aragon annullieren zu lassen. Nachdem ihm Anne aber keinen männlichen Erben gebar, wurde er ihrer überdrüssig.

  • Den Prozess gegen Anne fädelte der Sekretär des Königs, Thomas Cromwell, ein. Die Anklage lautete Ehebruch, Hochverrat und Inzest. Ihr Onkel Thomas Howard saß dem Gericht vor, das sie zum Tode verurteilte. 

  • Anne bestritt jede Schuld, vermied aber jeden Angriff auf den König. Noch auf dem Schafott hielt sie eine Rede, in der sie den König als guten und nachsichtigen Herrn lobte. Historiker vermuten, dass sie damit ihre Tochter Elisabeth schützen wollte, die zu diesem Zeitpunkt zweieinhalb Jahre alt war. Sie sollte viele Jahre später als Königin Elisabeth I. Weltgeschichte schreiben.

  • Die britische Schriftstellerin Philippa Gregory widmete Anne und ihrer Schwester Mary im Jahr 2001 einen historischen Roman mit dem Titel „The other Boleyn Girl” (deutscher Titel „Die Schwester der Königin”). Er wurde 2008 in Großbritannien verfilmt.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wer war die erste Ehefrau von Heinrich VIII.?
    1. A) Jane Grey
    2. B) Katharina Parr
    3. C) Jane Seymour
    4. D) Katharina von Aragon
  2. Auf welche Weise ließ Heinrich VIII. seine zweite Ehefrau Anne Boleyn hinrichten?
    1. A) Mit der Axt
    2. B) Mit dem Schwert
    3. C) Mit dem Strang
    4. D) Auf dem Scheiterhaufen
  3. Welcher berühmte Maler porträtierte potenzielle Heiratskandidatinnen für den englischen König Heinrich VIII.?
    1. A) Lucas Cranach der Ältere
    2. B) Albrecht Dürer
    3. C) Hans Holbein (der Jüngere)
    4. D) Hieronymus Bosch
  4. Wie hieß Anna Boleyns ältere Schwester, die eine Mätresse Heinrichs VIII. war?
    1. A) Jane
    2. B) Catherine
    3. C) Mary
    4. D) Philippa
  5. Was tat Heinrich VIII. mit seinen beiden Töchtern aus seinen beiden ersten Ehen, Maria und Elizabeth?
    1. A) Er ließ sie hinrichten
    2. B) Er erklärte sie zu „Bastarden”
    3. C) Er verheiratete sie mit europäischen Königen
    4. D) Er schickte sie in die Verbannung

Richtige Antworten: 
1. D) Katharina von Aragon
2. B) Mit dem Schwert
3. C) Hans Holbein (der Jüngere) 
4. C) Mary 
5. B) Er erklärte sie zu „Bastarden”

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