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Anschluss Österreichs

Diese Eroberung gibt Rätsel auf
Reichsparteitag 1938 in Nürnberg - Zum "Parteitag Großdeutschland" marschieren nach dem Anschluß Österreichs auch österreichische Trachtengruppen (hier aus dem Zillertal) durch die Stadt.
akg-images / Sammlung Berliner Verlag / Archiv
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Intro

Diese Eroberung gibt Rätsel auf: Als die Deutschen in Österreich einmarschierten, wurden sie von jubelnden Menschenmassen empfangen. War der Jubel inszeniert – wie in Köln, als Hitler seine Truppen ins Rheinland schickte?

Kapitel 1: Mit offenen Armen

In den frühen Morgenstunden des 12. März 1938 marschieren die deutschen Truppen ins Nachbarland Österreich ein. Doch statt auf Waffen, Gegenwehr und Widerstand treffen die Soldaten auf Beifall und Begeisterung. Im ganzen Land bricht Jubel aus.

Carl Zuckmayer jubelt nicht. Der Schriftsteller ist erst wenige Jahre zuvor vor den Nazis nach Österreich geflohen. Den Einmarsch der Deutschen beschreibt er mit folgenden Worten:

„Was hier entfesselt wurde, war der Aufstand des Neids, der Mißgunst, der Verbitterung, der blinden böswilligen Rachsucht. […] Hier war nichts losgelassen als die dumpfe Masse, die blinde Zerstörungswut, und ihr Haß richtete sich gegen alles durch Natur oder Geist Veredelte. Es war ein Hexensabbat des Pöbels und ein Begräbnis aller menschlichen Würde.“

Ja, Carl Zuckmayer begreift sofort, dass seine neue Heimat Österreich an diesem Tag im März 1938 aufhört, als eigenständiges Land zu existieren.

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Kapitel 2: Zielscheibe Österreich

Auch Adolf Hitler war mittlerweile in Österreich eingetroffen. Wie ein Popstar tourte er durch sein altes Heimatland. Dann, am Nachmittag des 14. März 1938, war Hitlers Wagenkolonne unter dem Geläut sämtlicher Kirchenglocken durch jubelnde Menschenmassen in Wien eingefahren. Und nur einen Tag später stand er auf dem Balkon der Neuen Hofburg am Heldenplatz und hielt vor einer Viertelmillion begeisterter Österreicher eine Rede, die er mit folgenden Worten schloss: „Als der Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reiches melde ich vor der Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!“

Eintritt? − Die Eingliederung Österreichs ins „Dritte Reich” stellt die Geschichtsforschung noch heute vor ein großes Rätsel. War die Begeisterung, die den „Führer“ buchstäblich durch das Alpenland trug, echt? Sicher ist zumindest, dass sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 ein Großteil der Österreicher für den Beitritt ins Deutsche Reich entschieden hätte – was die Siegermächte allerdings zu verhindern wussten. Doch was geschah in der Republik Österreich, während Adolf Hitler in Deutschland nach und nach seine Diktatur errichtete?

Nun, im Großen und Ganzen verlief dort alles ganz ähnlich wie in der Weimarer Republik: Die Weltwirtschaftskrise hatte auch Österreich geschwächt, die Republik entwickelte sich zu einem autoritär regierten „Ständestaat”, in dem auch die österreichischen Nationalsozialisten immer mehr an Einfluss gewannen. Kein Wunder also, dass Hitler nach der Machtergreifung 1933 begehrliche Blicke auf das Nachbarland warf. Immerhin war Hitler-Deutschland durch die gewaltige Aufrüstung hoch verschuldet, und das viel kleinere Österreich besaß die dreifache Menge an Gold und Devisen – vom Vermögen der jüdischen Bevölkerung ganz abgesehen.

Also setzte Hitler im Februar 1938 dem österreichischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg mit einem Ultimatum die Pistole auf die Brust. In einem Gespräch unter vier Augen drohte er mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht, sollte Schuschnigg nicht wie gefordert die Nationalsozialisten an der Regierung in Wien beteiligen. Dabei war die NSDAP seit dem NS-Putschversuch von 1934, bei dem der damalige österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß erschossen worden war, sogar verboten. Doch Schuschnigg ließ sich erpressen und setzte den Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart als neuen Innenminister ein. Indes versuchte er noch ein letztes Mal, dem Nationalsozialismus in seinem Land die Stirn zu bieten und das Ruder herumzureißen: Für den 13. März setzte er eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Österreichs an. Sollte die österreichische Bevölkerung doch selbst entscheiden, ob sie zum Deutschen Reich gehören wollte oder nicht. Das wäre eine große Chance für den Vielvölkerstaat gewesen, unabhängig zu bleiben! Schuschnigg hatte allerdings einen wichtigen Mann im NS-Regime übersehen: den Vierjahresplan-Beauftragten Hermann Göring, der zwei Tage vor der Volksbefragung zum Telefonhörer griff...

Kapitel 3: Ein unerwarteter Empfang

Hermann Göring, der von Hitler beauftragt worden war, Deurschland innerhalb von vier Jahren kriegsfähig zu machen, ließ sich mit dem frischgebackenen Innenminister Seyß-Inquart verbinden und legte ihm nahe, die Kanzlerschaft des Landes zu übernehmen. Sollte der österreichische Bundespräsident Wilhelm Miklas ihm die Ernennung zum Schuschnigg-Nachfolger verweigern, würden deutsche Truppen über das Land herfallen. Und tatsächlich: Noch in derselben Nacht hatte der Alpenstaat einen strammen Nationalsozialisten als Kanzler, was zahlreiche Nazi-Anhänger dazu bewog, mit „Heil Hitler“-Rufen durch die Straßen Wiens zu ziehen – und die Volksbefragung wurde abgesagt.

Dabei hatte Hitler seine Truppen bereits in Bewegung gesetzt. Am 12. März 1938 marschierte die Wehrmacht mit rund 65.000 Mann in Österreich ein. Würde es jetzt also zum Krieg mit Österreich kommen? Von wegen. Nirgends war ein Zeichen des Widerstands zu sehen! Statt Zorn über die Besetzung herrschte eitel Freude; kein einziger Schuss fiel. In Linz jubelten 80.000 Menschen vor dem Rathaus dem selbsternannten Führer zu. Ja, sogar Adolf Hitler selbst war über diese Reaktionen erstaunt, während er in seinem Mercedes durch sein früheres Heimatland gefahren wurde. Das war schneller gegangen, als er jemals gedacht hätte. Wie aber konnte das sein?

Kapitel 4: Vom Freudentaumel in den Terror

War der Massenjubel beim Einzug der Deutschen nichts anderes als eine großangelegte Inszenierung? Die moderne Geschichtsforschung sieht das differenziert. Natürlich waren der Einmarsch deutscher Truppen und der Auftritt Hitlers auf dem Wiener Heldenplatz von einer gewaltigen Propagandamaschinerie vorbereitet und begleitet worden. Es gab aber auch viele Österreicher, die den Anschluss ihres Landes an das Deutsche Reich tatsächlich freudig begrüßten. Zum einen sahen sie den gebürtigen Österreicher Adolf Hitler einen der Ihren an, zum anderen hatten sie mitverfolgen können, wie die deutsche Wirtschaft unter dem Diktator aufgeblüht war. Und nicht zuletzt spielte die Angst alteingesessener Bürger vor einer vermeintlichen „Überfremdung“ im Vielvölkerstaat Österreich eine Rolle. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs galt allerdings jahrzehntelang die Opferthese. Sie war mit der Moskauer Erklärung von 1943 aufgekommen, denn die Alliierten hatten den Alpenstaat darin als Opfer von Hitlers Aggressionspolitik dargestellt. Auch während der Nürnberger Prozesse wurde der Anschluss Österreichs als Folge einer Angriffhandlung gewertet. Erst in den 1980er Jahren begann sich Österreich mit seiner eigenen NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Eines war nämlich ganz bestimmt nicht inszeniert, sondern bittere Realität: Kaum war in jener Nacht der letzte Jubelruf verklungen, begannen Hitlers Schergen unter dem zum Reichsstatthalter gekürten Seyß-Inquart damit, zahllose Regimegegner, vor allem aber Jüdinnen und Juden zu verhaften. Der antisemitische Gewaltausbruch in Wien befeuerte auch den offenen Judenhass zwischen Flensburg und München, der ein halbes Jahr später in den Novemberpogromen mündete. Aus dem souveränen Östereich war innerhalb kürzester Zeit ein Teil der deutschen Nazi-Diktatur geworden, der nun „Ostmark“ hieß. Doch das Alpenland sollte nicht der einzige Staat Europas bleiben, den Adolf Hitler in sein immer mächtiger werdendes Reich eingliedern wollte. Das nächste deutschsprachige Land hatte er bereits im Visier: das Sudetenland. Aber würden die dortigen Einwohner ihm ebenso freudestrahlend zujubeln?

Zusammenfassung 

  • Im März 1938 wurde Österreich dem Deutschen Reich angegliedert. Den Nationalsozialisten ging es neben dem Gebietsgewinn vor allem um die Goldreserven und um das Vermögen der jüdischen Bevölkerung. 

  • Die Übernahme war sorgfältig vorbereitet. Durch Erpressung und Kriegsandrohungen erreichten Adolf Hitler und sein Minister Hermann Göring, dass der Nationalsozialist Arthur Seyß-Inquart erst österreichischer Innenminister und kurz darauf sogar Bundeskanzler wurde.

  • Am 12. März 1938 marschierte Hitler mit rund 65.000 Soldaten in Österreich ein. Es gab keinerlei Widerstand; stattdessen säumten jubelnde Menschenmassen die Straßen. 

  • Innerhalb weniger Tage errichteten die Nationalsozialisten in Österreich eine Nazi-Diktatur und gingen wie in Deutschland mit aller Härte gegen Juden und Regimegegner vor.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Zu welchem Land wollte die Mehrheit der Österreicher nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gehören?
    1. A) Ungarn
    2. B) Italien
    3. C) Schweiz
    4. D) Deutschland
  2. Was erhoffte sich Adolf Hitler durch den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich?
    1. A) Goldvorräte und jüdisches Vermögen
    2. B) Bodenschätze
    3. C) Neuen Lebensraum für Deutsche
    4. D) Industrieanlagen
  3. Wann marschierten die deutschen Truppen in Österreich ein?
    1. A) 27. Mai 1938
    2. B) 12. März 1938
    3. C) 1. September 1939
    4. D) 4. April 1939
  4. Wie hieß der Nazi, der Anfang 1938 zunächst österreichischer Innenminister, dann Bundeskanzler und Mitte März schließlich Reichsstatthalter der „Ostmark” wurde?
    1. A) Benito Mussolini
    2. B) Karl Schuschnigg
    3. C) Arthur Seyß-Inquart
    4. D) Georg Prader

Richtige Antworten:
1. D) Deutschland
2. A) Goldvorräte und jüdisches Vermögen
3. B) 12. März 1938
4. C) Arthur Seyß-Inquart

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