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Münchner Abkommen

So ließen die Westmächte die Tschechoslowakei im Stich
Chamberlain mit dem Text des Münchner Abkommens, Flughafen Heston, 30. September 1938
Münchner Abkommen
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Der sogenannte Anschluss Österreichs war vollzogen; nun wollte Hitler auch das benachbarte Sudetenland „heim ins Reich“ holen – so der zynische Ausdruck für den längst geplanten Einmarsch in die Tschechoslowakei. In dieser Story erfährst du, wie die Westmächte darauf reagierten und warum sie die Kriegsgefahr immer noch nicht sehen wollten.

Kapitel 1: Der einsame Rufer

Im britischen Unterhaus herrscht Tumult. Mit Pfiffen, Zwischenrufen und verächtlichen Gesten versuchen Abgeordnete, ihren Kollegen am Rednerpult aus dem Konzept zu bringen. Doch Winston Churchill lässt sich nicht unterbrechen. Zu wütend ist er über das, was der britische Premierminister Neville Chamberlain vor wenigen Tagen so stolz verkündet hat: Der Frieden in Europa sei gesichert! In langen zähen Verhandlungen hätten Frankreich und Großbritannien dem deutschen Diktator Hitler das Versprechen abgerungen, dass er keinen Krieg anfangen werde.

Der Abgeordnete Churchill glaubt Hitler kein Wort. Und was ihn am wütendsten macht, ist der Preis, den ein Dritter dafür bezahlen musste: Die befreundete Tschechoslowakische Republik musste unter dem Druck der beiden Westmächte ihre wertvollste Industrieregion dem Hitlerreich überlassen! Ist das ein angemessenes Opfer für den Frieden? Nein, ist Churchill überzeugt. Denn Hitler wird nicht damit aufhören, sich fremdes Territorium anzueignen! „Glauben Sie nicht, dass dies das Ende ist!”, schleudert er dem Unterhaus entgegen. „Das ist erst der Beginn der Abrechnung, bloß der erste Vorgeschmack des bitteren Trankes, der uns Jahr für Jahr vorgesetzt werden wird.“

Es ist der 5. Oktober 1938, und keiner seiner Kritiker ahnt, wie recht Winston Churchill damit haben sollte. Denn nur ein Jahr später war der Zweite Weltkrieg da...

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Kapitel 2: Zugeständnisse an den Kriegstreiber

Was den konservativen Unterhaus-Abgeordneten und späteren Premierminister von Großbritannien so in Rage brachte, war ein Vertrag zwischen den Regierungschefs von Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien, der als Münchner Abkommen in die Geschichte eingegangen ist. Dieses Abkommen sah vor, dass die Tschechoslowakei, die nach Ende des Ersten Weltkriegs gegründet worden war, ihre überwiegend deutschsprachigen Gebiete – auch „Sudetenland“ genannt − räumen und an das Deutsche Reich abtreten musste. Damit verlor sie nicht nur wichtige Industriegebiete, sondern auch den größten Teil eines ausgedehnten Systems von Grenzbefestigungen, des „Tschechoslowakischen Walls“. Und spätestens hier stellt sich die Frage: Wie konnte sich die tschechoslowakische Regierung auf so ein Abkommen einlassen?

Die Antwort lautet: Ihr blieb nichts anderes übrig – denn Hitler hatte von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass er so oder so in die Tschechoslowakei einmarschieren würde. Und die Westmächte verlangten von ihrem östlichen Bündnispartner, Hitlers Forderung zu erfüllen! Auf militärische Hilfe könne die Tschechoslowakei jedenfalls nicht hoffen, wenn es zu einem Angriff Hitlerdeutschlands käme. Denn Frankreich und Großbritannien glaubten im Herbst 1938 immer noch, den deutschen Diktator durch Zugeständnisse von einem Angriffskrieg abhalten zu können. Sie betrieben eine Politik, die „Appeasement“ genannt wird: eine Politik der Beschwichtigung und des Nachgebens gegenüber dem selbsternannten „Führer des Dritten Reiches”, der indes immer dreister und skrupelloser wurde.

Kapitel 3: Die Sudetenkrise

Seit Jahren ging das schon so. Keine Westmacht war eingeschritten, als deutsche Truppen widerrechtlich das Rheinland besetzten; niemand hatte protestiert, als Hitler sich mit Drohungen und Erpressung ganz Österreich unter den Nagel riss. Und nun begehrte der Diktator das Sudetenland mit den rund drei Millionen deutschsprachigen Einwohnern. Die Weltwirtschaftskrise hatte auch dort den Nationalsozialismus so weit gestärkt, dass die von Hitlers NSDAP gelenkte Sudetendeutsche Partei (SP) versuchte, die sudetendeutschen Gebiete von der Tschechoslowakei abzuspalten. Höhepunkt war das unter dem SP-Vorsitzenden Konrad Henlein ausgearbeitete Karlsbader Programm mit völlig überzogenen Forderungen an die Regierung in Prag. Hitler nutzte diese Situation gezielt aus, um die anderen europäischen Länder unter Druck zu setzen. Nach außen hin pochte er auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker – in diesem Fall der Sudetendeutschen, die schon seit 1919 lieber zum Deutschen Reich gehören wollten. Entweder, so tönte der deutsche „Führer”, würde die Tschechoslowakei freiwillig auf das Sudetenland verzichten – oder er würde es mit Waffengewalt „heim ins Reich“ holen. Diese Drohung unterstrich er in reißerisch aufgemachten Berichten mit bewährten Propagandamitteln: Die „Volksdeutschen“, wie Hitler die deutsche Minderheit nannte, würden von den Tschechen brutal unterdrückt und misshandelt. Was Hitler dabei verschwieg: Die Zerschlagung der Tschechoslowakei war längst beschlossene Sache. Hitler wollte neuen „Lebensraum“ für seine „arische Herrenrasse“, vor allem, um die eigene Wirtschaft am Laufen zu halten und dabei immer weiter aufrüsten zu können. Die böhmischen und mährischen Industriegebiete kamen Hitler dafür gerade recht.

Kapitel 4: Der Preis für den Frieden

In Großbritannien wuchs unterdessen die Angst vor einem deutschen Luftangriff. Premierminister Chamberlain mühte sich deshalb, alles zu vermeiden, was Hitler provozieren könnte. Die Franzosen waren im Zwiespalt: Einerseits brannten sie darauf, Hitler endlich in seine Schranken zu weisen. Andererseits wollten sie nicht allein dastehen, falls es zu einem deutschen Angriff käme. In der Tschechoslowakei wiederum vertraute die Regierung noch immer darauf, dass die Westmächte die Übernahme verhindern würden. Aber England und Frankreich taten etwas ganz anderes: Sie bedrängten die tschechische Regierung, die Gebiete mit über 50 Prozent deutscher Bevölkerung an Hitler abzugeben. Den neuen Grenzverlauf würde eine internationale Kommission festlegen, das tschechische Staatsgebiet werde garantiert. Weigerten sich die Tschechen jedoch, dürften sie mit keinerlei Unterstützung des Westens rechnen!

Widerwillig erklärte die Regierung in Prag ihr Einverständnis. Aber der deutsche Diktator hatte den Preis für den Frieden inzwischen erhöht: Nun forderte er die sofortige Räumung des kompletten Sudetenlandes! Das war sogar den Franzosen und Briten zu viel. Beide lehnten ab, und Frankreich begann nun doch mit Kriegsvorbereitungen. Die Tschechoslowakei rief die Generalmobilmachung aus. Ein europäischer Krieg schien unabwendbar. Da startete die britische Regierung mithilfe des italienischen Diktators Benito Mussolini einen allerletzten Versuch. Und tatsächlich: Hitler fand sich bereit, noch einmal an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Warum auch nicht, denn seinen Willen würde er ja so oder so bekommen...

Kapitel 5: Verrat am Verhandlungstisch

Die Westmächte waren erleichtert. Neville Chamberlain reiste in bester Stimmung nach München, wo er im „Führerbau” am Königsplatz neben den beiden Deutschen Hitler und Göring auch die Regierungschefs von Frankreich und Italien traf. In der Nacht zum 30. September 1938 gaben die Herren ihre Zustimmung für den Anschluss des gesamten Sudetengebiets an das Deutsche Reich. Und die Tschechoslowakei? Die war zu dem Treffen ebenso wenig eingeladen wie ihr Verbündeter Sowjetunion. Sie durfte lediglich einen Vertreter in den Ausschuss der Unterzeichnerstaaten senden, der unter anderem das Wie der Gebietsräumung und der geplanten Volksabstimmungen regeln sollte.

Immerhin: Ein europäischer Krieg war damit noch einmal abgewendet worden. Mit entsprechendem Jubel wurde der britische Premier bei seiner Rückkehr in London empfangen. Auch Hitler ließ sich als Verhandlungsgenie und Friedensbringer feiern. Kampflos marschierte die deutsche Wehrmacht am 1. Oktober ins Sudetenland ein. Wenige Monate später brach Hitler das Münchner Abkommen: Er verleibte dem Deutschen Reich auch noch die sogenannte „Rest-Tschechei“ ein, machte die Slowakei zu seinem Vasallenstaat. Auch in dem als Protektorat Böhmen und Mähren bezeichneten Gebiet wurden nun Demokraten und Minderheiten verfolgt, insbesondere die Juden.

Die Westmächte aber hatten bei den ost- und südosteuropäischen Staaten gewaltig an Vertrauen verloren. Kein Wunder, hatten sie doch mit ihrer Appeasement-Politik gezeigt, dass sie im Ernstfall nicht für ihre Bündnispartner einstehen würden. Auch der sowjetische Diktator Joseph Stalin änderte daraufhin seine Politik. Er schloss einen Pakt − mit Adolf Hitler.

Zusammenfassung 

  • 1938 erhob Adolf Hitler Ansprüche auf das Sudetenland mit seiner überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung und drohte, die Tschechoslowakei militärisch anzugreifen. 

  • Die Westmächte Frankreich und Großbritannien waren als Bündnispartner eigentlich verpflichtet, die Tschechoslowakei zu unterstützen. Sie befürchteten aber einen Krieg mit Deutschland und entschieden sich für eine Beschwichtigungspolitik. 

  • Vor diesem Hintergrund setzten England und Frankreich die Regierung in Prag unter Druck, einige überwiegend deutschsprachige Gebiete ans Deutsche Reich abzutreten. Doch Hitler erhöhte den Preis für den Frieden. 

  • Ende September 1938 unterzeichneten Hitler und die Regierungschefs der Westmächte das Münchner Abkommen. Es sah die sofortige Abtretung des ganzen Sudetenlandes an Deutschland vor. Im Gegenzug versprach Hitler, keinen neuen Krieg zu beginnen. 

  • Die Appeasement-Politik der Westmächte zu Lasten der Tschechoslowakei führte zum Vertrauensverlust bei den ost- und südosteuropäischen Staaten.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Welcher Begriff wurde für die britische Beschwichtigungspolitik gegenüber Hitlerdeutschland geprägt?
    1. A) No-War-Way
    2. B) Peace Path
    3. C) Appeasement-Politik
    4. D) Strategy of Silence
  2. Wer war im Jahr 1938 Premierminister von Großbritannien?
    1. A) Neville Chamberlain
    2. B) Winston Churchill
    3. C) Anthony Eden
    4. D) Stanley Baldwin
  3. Wie wird die Vereinbarung zwischen den Westmächten und Nazideutschland genannt, mit der Adolf Hitler 1938 von einem Angriffskrieg abgehalten werden sollte?
    1. A) Versailler Vertrag
    2. B) Münchener Abkommen
    3. C) Polen-Papier
    4. D) Chamberlain Contract
  4. Was wurde beim Münchner Abkommen im Jahr 1938 beschlossen?
    1. A) Die Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich
    2. B) Teilung des Sudetenlandes
    3. C) Umsiedlung der Sudetendeutschen
    4. D) Verbot der Sudetendeutschen Partei
  5. Welcher Staat war zu der Münchner Konferenz von 1938, in der es um das Sudetenland ging, nicht eingeladen?
    1. A) Großbritannien
    2. B) Frankreich
    3. C) Tschechoslowakei
    4. D) Italien

Richtige Antworten:
1. C) Appeasement-Politik
2. A) Neville Chamberlain
3. B) Münchener Abkommen
4. A) Die Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich
5. C) Tschechoslowakei

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