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Der Deutsche Bund

So platzte der Traum vom geeinten Deutschland
König Wilhelm I. v. Preußen in großer Generalsuniform; nach 1870 Wilhelm I. ist in Generalsuniform (sog. "gestickter Rock" [-> die Bezeichnung rührt von der Eichenlaubstickerei am Kragen und den Aufschlägen her]) mit großer Ordensdekoration dargestellt. Da das Bild schwarz-weiß: Zur Farbgebung: Der Rock dunkelblau, der Kragen und die -sog. "schwedischen"- Ärmelaufschläge rot, mit goldener Eichenlaubstickerei. Schultergeflecht, Achselband und Knöpfe ebenfalls golden. Der im Hintergrund rechts auf dem Sessel oder Stuhl liegende Hermelinmantel verweist dezent auf die Stellung/Königswürde Wilhelms (sonst könnte es sich bei dem Dargestellten ja auch um einen anderen Kgl. preuß. Offizier im Generalsrang handeln...).
Der Deutsche Bund
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Auf dem Wiener Kongress wurde nicht nur über die politische Neuordnung Europas entschieden, sondern auch über die Zukunft der deutschen Länder. Im Juni 1815 gründeten die Vertreter von knapp 40 Fürstentümern und freien Städten den Deutschen Bund. Wie er funktionierte und welche Probleme er hatte, erfährst du in dieser Story.

Kapitel 1: Nur Ärger mit dem Zoll

Der Universitätsprofessor Friedrich List legt die Feder aus der Hand. Sein Schreiben soll den deutschen Machthabern endlich die Augen öffnen. Jedes Wort will also sorgfältig überlegt sein. Seine Gedanken wandern zurück zur Frankfurter Messe, auf der er mit führenden Handelsvertretern ins Gespräch gekommen war. Alle schimpften über die vielen Zollschranken zwischen den deutschen Teilstaaten, über die hohen Kosten und all die Beschränkungen, die die Preise in die Höhe treiben.

Professor List kennt sich mit Wirtschaft aus. Er weiß, dass unter diesen Bedingungen kaum Entwicklung auf deutschem Gebiet möglich ist. Und genau das muss er den Königen und Fürsten der deutschen Teilstaaten klarmachen. Entschlossen nimmt er die Feder wieder zur Hand und setzt die Bittschrift fort, die er im Auftrag der Kaufleute verfasst. Friedrich List findet klare Worte und notiert: „Achtunddreißig Zoll- und Mautlinien in Deutschland lähmen den Verkehr im Innern und bringen ungefähr dieselbe Wirkung hervor, wie wenn jedes Glied des menschlichen Körpers unterbunden wird, damit das Blut ja nicht in ein anderes überfließe.“

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Kapitel 2: Deutschland, ein Flickenteppich

Der drastische Vergleich, den der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich List im April 1819 wählte, traf mitten ins Schwarze. Denn ein Deutschland, so wie wir es heute kennen, gab es damals nicht. Das Land war ein Flickenteppich aus lauter Herzog- und Fürstentümern, Königreichen, freien Städten und sonstigen politischen Einheiten. Und an jeder Grenze musste Zoll bezahlt werden. Für die Herrscher waren das willkommene Einnahmen, für Handelsreisende aber ärgerliche Verluste. Hinzu kamen die unterschiedlichen Münzen und Maße, ganz zu schweigen von allerhand verschiedenen Vorschriften und Verboten. Nicht einmal die Uhrzeit war einheitlich. Was für ein Wirrwarr.

Der Wiener Kongress am Ende der napoleonischen Kriege hatte daran nichts geändert. Infolge des Freiheitskampfes gegen Napoleon und die französische Besatzung war bei vielen Deutschen allerdings ein neues Nationalbewusstsein geweckt worden. Man sprach dieselbe Sprache und berief sich auf dieselbe Kultur. Vor allem im gebildeten Bürgertum wurde daher der Ruf nach einem geeinten und freien Deutschland immer lauter.

Aber warum hatten die Herren in Wien nicht Nägel mit Köpfen gemacht und einen richtigen, einheitlichen deutschen Staat gegründet? Ganz einfach: Weil der Wiener Kongress eine Tagung der Herrscher war. Keiner von ihnen wollte etwas von seiner Macht verlieren oder sich von anderen in die eigene Politik hineinreden lassen. Also erteilte der Wiener Kongress dem Nationalgedanken eine Absage und beschloss im Juni 1815 lediglich, einen losen Zusammenschluss aus selbstständigen Herrschaftsgebieten zu gründen. Das war die Geburtsstunde des Deutschen Bundes.

Kapitel 3: Ein herrschaftlicher Verein

Der Deutsche Bund war also kein Staat, sondern ein loser Staatenbund. Rund 40 deutsche Teilstaaten gehörten ihm an. Das waren Königreiche, Fürstentümer und ein paar freie Städte. Zweck des Bundes war es, innere Sicherheit zu schaffen und im Gleichgewicht der europäischen Mächte zu Frieden und Stabilität beizutragen. So stand es in der Bundesakte, die sozusagen einer Verfassung des Deutschen Bundes entsprach.

Die beiden größten und mächtigsten Staaten im Deutschen Bund waren das Königreich Preußen und das Kaisertum Österreich. In der Mitte und im Norden des Bundesgebiets gab es hingegen viele kleinere und kleinste Einheiten. Auf der Landkarte sah das schön bunt aus, aber praktisch war dieses Gebilde nicht. Zudem saßen auch noch andere europäische Königshäuser mit am Tisch: Die britische Krone etwa herrschte auch über das Königreich Hannover, der König von Dänemark war gleichzeitig Herzog von Holstein.

Die kleinen Machthaber waren mit ihrem Deutschen Bund trotzdem hochzufrieden. Kein Wunder: Ob König von Bayern, Kurfürst von Hessen, Großherzog von Oldenburg oder Bürgermeister der Hansestadt Bremen – sie alle durften unbeschränkt über ihre Teilstaaten herrschen und waren unabhängig von der Politik anderer Mitglieder. Andererseits hatte man sich zur gegenseitigen Unterstützung nach innen verpflichtet. Wenn also irgendwo eine Revolution auszubrechen drohte, konnte der jeweilige Landesherr auf die Unterstützung durch das Bundesheer zählenWenn es doch einmal etwas miteinander zu besprechen gab, dann traf man sich zur sogenannten Bundesversammlung in Frankfurt am Main. Dort hatte Österreich den Vorsitz, und genau das trug dazu bei, dass es politisch kaum Fortschritte gab. Denn der Staatsmann, der den Vorsitz führte, war ein strikter Verfechter der alten Ordnung und bekämpfte alles, was auch nur entfernt nach Veränderung aussah. Außerdem wollte er im Interesse Österreichs verhindern, dass Preußen die Vorherrschaft im Deutschen Bund erlangte. Das ergab ein ständiges Machtgerangel, das den inneren Frieden nicht gerade förderte.

Kapitel 4: Wirtschaftshindernisse

Weil sich politisch nichts bewegte, köchelte auch die Wirtschaft im Deutschen Bund auf Sparflamme. In England rauchten bereits Fabrikschlote und Eisenbahnen transportierten riesige Mengen an Rohstoffen und Handelswaren kreuz und quer durchs Königreich. Die industrielle Revolution lief dort bereits auf vollen Touren. In deutschen Landen hingegen stellte man viele Gebrauchsgüter noch in Handarbeit her. Und die vielen Zollschranken innerhalb des Deutschen Bundes erschwerten Güterverkehr und Handel zunehmend.

Das ärgerte vor allem den König von Preußen. Denn seine Landesteile waren über das halbe Bundesgebiet verstreut, bunt gemischt mit verschiedenen anderen Teilstaaten. Neben dem Stammland östlich der Elbe besaß Preußen Gebiete im heutigen Thüringen sowie an Rhein und Ruhr, also weit im Westen an der französischen Grenze. Das hatte der Wiener Kongress so eingerichtet, damit Preußen mit seiner starken Armee schnell zur Stelle sein konnte, falls Frankreich wieder einmal Eroberungspläne hegte. Trotz der Zersplitterung konnte Preußen seine Wirtschaft gut voranbringen und stand bald besser da als sein Konkurrent Österreich. Aber die Zollschranken blieben ein Ärgernis. Schließlich ergriff Preußen die Initiative und entwarf ein eigenes System ohne Binnenzölle. Einige Kleinstaaten sahen die Vorteile und schlossen sich dem preußischen Zollgebiet an. Andere protestierten wütend und gründeten eigene Verbünde. Erst 1834 sollte es gelingen, mit der Gründung des Deutschen Zollvereins so etwas wie eine wirtschaftliche Einheit zu schaffen. Ohne Österreich allerdings, was dessen Verhältnis zu Preußen weiter verschlechterte.

Aber der Deutsche Bund hatte noch mehr Probleme. Die Bevölkerung wuchs und verarmte zugleich, vor allem in den ländlichen Gebieten. Missernten verschärften die Situation zusätzlich. Überall im Land gärte es. Vor allem Studenten und gebildete Bürger wünschten sich einen richtigen Staat mit einer Verfassung, die bürgerliche Grundrechte garantierte und der fürstlichen Macht Grenzen setzte. Den Deutschen Bund fanden sie einfach nur rückständig und fortschrittsfeindlich. Aber wer gegen die alte Ordnung protestierte, bekam es mit der Staatsmacht zu tun. Dafür sorgte ein System der Unterdrückung, der Zensur und der Bespitzelung, das fortan jeden Widerstand im Keim ersticken sollte. Und der Kopf dieses Systems war genau der Mann, der den Wiener Kongress geleitet hatte und nun den Vorsitz der Bundesversammlung in Frankfurt innehatte: ein Staatsmann im Dienste Österreichs mit dem stolzen Namen Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich.

Zusammenfassung

  • Die europäischen Großmächte beschlossen auf dem Wiener Kongress 1815 die Gründung des Deutschen Bundes. Er war ein loser Zusammenschluss von insgesamt rund 40 selbstständigen Einzelstaaten, darunter Königreiche, Fürstentümer und freie Städte.

  • Mit diesem Gebilde wurde die deutsche Frage nicht im Sinne eines deutschen Nationalstaats gelöst; die Verfechter eines vereinigten Deutschen Reichs waren enttäuscht.

  • Die Großmächte Preußen und Österreich waren die mächtigsten Teilstaaten im Deutschen Bund. Sie konkurrierten um die Vorherrschaft und sollten letztlich mit einem Krieg gegeneinander das Ende des Deutschen Bundes herbeiführen.

  • Politisch herrschte Stillstand im Deutschen Bund. Die Herrscher der einzelnen Staaten waren vorrangig am Erhalt der eigenen Macht interessiert.

  • Wirtschaftlich hinkten die deutschen Länder der Entwicklung in Europa weit hinterher. Das war unter anderem eine Folge der Kleinstaaterei und der damit verbundenen Zollschranken.

  • Erst nach langem Hin und Her gelang die Gründung des Deutschen Zollvereins und damit die Abschaffung der Binnenzölle zwischen den Teilstaaten.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. In welche Zeitspanne der deutschen Geschichte ist der Deutsche Bund einzuordnen?
    1. A) Heiliges Römisches Reich
    2. B) Vormärz
    3. C) Märzrevolution
    4. D) Deutscher Krieg
  2. Im Rahmen welcher Veranstaltung wurde die Gründung des Deutschen Bundes beschlossen?
    1. A) Hambacher Fest
    2. B) Nationalversammlung in der Paulskirche
    3. C) Wiener Kongress
    4. D) Wartburgfest
  3. Wie nannte sich das politische Regelwerk des Deutschen Bundes?
    1. A) Deutsche Bundesakte
    2. B) Karlsbader Beschlüsse
    3. C) Buch der Verfassungsfragen
    4. D) Prager Frieden
  4. Wer waren die beiden ständig rivalisierenden Vormächte im Deutschen Bund?
    1. A) Württemberg und Luxemburg
    2. B) Bayern und die Niederlande
    3. C) Der Norddeutsche Bund und der süddeutsche Bund
    4. D) Preußen und Österreich 
  5. Wie viele Teilstaaten hatte der Deutsche Bund?
    1. A) 21
    2. B) 2
    3. C) Über 80
    4. D) Etwa 40
  6. Womit wurde 1834 so etwas wie eine wirtschaftliche Einheit im Deutschen Bund geschaffen?
    1. A) Bündnis zwischen Preußen und Russland
    2. B) Gründung des Deutschen Zollvereins
    3. C) Französische Revolution
    4. D) Vereinigung der freien Städte Deutschlands 
  7. Welcher Staatsmann war Vorsitzender der Bundesversammlung in Frankfurt?
    1. A) Fürst von Metternich
    2. B) Otto von Bismarck
    3. C) Friedrich Wilhelm III. von Preußen
    4. D) Franz I. von Österreich

Richtige Antworten:
1. B) Vormärz
2. C) Wiener Kongress
3. A) Deutsche Bundesakte
4. D) Preußen und Österreich 
5. D) Etwa 40
6. B) Gründung des Deutschen Zollvereins
7. A) Fürst von Metternich

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