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Deutsch-Französischer Krieg

Deshalb wurde ein Telegramm zum Kriegsgrund
Napoleon III. und Otto von Bismarck treffen sich nach der Schlacht von Sedan
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Intro

Im Jahr 1870 wurde ein Preuße Kandidat für die Thronfolge in Spanien, und Frankreich wollte das verhindern. Ein Fall für die Diplomatie, aber doch kein Kriegsgrund − möchte man meinen. Warum es dann doch ganz anders kam und was ein raffiniert gekürztes Telegramm damit zu tun hatte, erfährst du in dieser Story.

Kapitel 1: Eine brisante Depesche

Otto von Bismarck sitzt an seinem Schreibtisch und liest ein ziemlich langes Telegramm. Ein ums andere Mal schüttelt er dabei den Kopf: Was bilden sich diese Franzosen eigentlich ein? Sie wollen nicht nur bestimmen, ob sich ein preußischer Prinz um den spanischen Thron bewerben darf, sie belästigen auch noch den König von Preußen während seines Kuraufenthalts in Ems damit! Und dann bekommen sie ihren Willen – und sind damit immer noch nicht zufrieden? Ärger wallt in Bismarck auf. Doch dann kommt ihm eine Idee …

Und während er zur Feder greift, sie in das Tintenfass tunkt und an dem Text auf seinem Tisch ein paar kleine Änderungen vornimmt, zieht ein Lächeln über sein Gesicht.

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Kapitel 2: Das Ende der Diplomatie

Das Telegramm, das Otto von Bismarck im Sommer 1870 für die Veröffentlichung bearbeitete, ging als „Emser Depesche“ in die Geschichte ein. Sie wurde zum Auslöser des Deutsch-Französischen Krieges – des dritten und letzten der Deutschen Einigungskriege. An seinem Ende stand die Gründung des Deutschen Kaiserreichs.

Aber wie konnte ein simples Telegramm – damals „Depesche“ genannt − einen Krieg auslösen? Nun, dahinter steckte kein anderer als Bismarck. Listig nutzte er einen harmlosen Streit zwischen herrschaftlichen Nachbarn aus, um Frankreich zu einer Kriegserklärung zu provozieren. Aber warum wollte Bismarck Krieg mit Frankreich? Weil er ihn für notwendig hielt, um die Einigung Deutschlands endlich zu vollenden. Denn er wusste: Frankreich fürchtete um seine Stellung unter den europäischen Großmächten und würde alle Register ziehen, um einen starken deutschen Nationalstaat neben sich zu verhindern.

Kapitel 3: Napoleons Problem

Frankreich selbst hatte inzwischen einen weiteren politischen Umbruch hinter sich: Es war wieder ein Kaiserreich! Auf dem Thron saß Napoleon III., ein Verwandter des ehemaligen Kaisers Napoleon Bonaparte, den die europäischen Mächte in den Befreiungskriegen besiegt hatten. Wie sein berühmter Vorfahr hatte sich auch Napoleon III. in einer Volksabstimmung als Kaiser bestätigen lassen – und nun musste er beweisen, dass er der Krone würdig war.

Denn die Franzosen verfolgten mit wachsendem Misstrauen, wie das benachbarte Königreich Preußen immer größer und mächtiger wurde. Nahezu alle Gebiete nördlich des Mains gehörten inzwischen dazu! Zwar hatte der preußische König versichert, dass er die deutschen Länder südlich der Mainlinie nicht antasten werde − aber konnte man ihm trauen? Und dann sickerten zufällig zwei Nachrichten durch, die eigentlich noch geheim bleiben sollten. Nummer eins: Preußen und die süddeutschen Länder hatten nach dem Deutschen Krieg Militärbündnisse geschlossen. Nummer zwei: Ein preußischer Prinz war Kandidat für den Königsthron von Spanien! Zwei Dinge, die auf den ersten Blick überhaupt nichts miteinander zu tun hatten. Auf den zweiten Blick allerdings schon...

Kapitel 4: Die spanische Thronfolgekrise

In Spanien war vor einigen Jahren die Königin gestürzt worden, und eine Übergangsregierung klapperte auf der Suche nach einem neuen Herrscher die europäischen Königshäuser ab. Einer der Kandidaten hieß Leopold und gehörte einer Nebenlinie des Hauses Hohenzollern an − jenes Adelsgeschlechts, das auch den Thron von Preußen innehatte! König Wilhelm I. stimmte der Kandidatur zu, jedoch ausdrücklich nur aus familiären Gründen, nicht aus politischen. Die Franzosen aber waren alarmiert. Denn wenn dieser Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen tatsächlich König von Spanien wurde, dann wäre Frankreich wie ein Stück Käse zwischen zwei Weißbrotscheiben von preußisch regierten Staaten eingeklemmt! Das durfte nicht passieren. Also wurde unverzüglich der französische Botschafter zu König Wilhelm geschickt: Er möge doch dafür sorgen, dass Prinz Leopold den Spaniern absagt. Wilhelm, der in diesen Tagen in dem vornehmen Kurort Ems an der Lahn weilte, ließ nach einigen Gesprächen mit dem Botschafter tatsächlich seine Beziehungen spielen. Prinz Leopold verzichtete und König Wilhelm in Bad Ems betrachtete den Fall als erledigt.

Das war er aber nicht. Denn nur wenige Tage später passte der französische Botschafter den König auf der Emser Kurpromenade ab und unterbreitete ihm eine neue Forderung: Wilhelm sollte den Verzicht Leopolds in einer Art Entschuldigung offiziell bestätigen und dazu noch erklären, dass niemals ein Hohenzoller den spanischen Thron besteigen werde! Das aber wäre eine politische Demütigung für Preußen gewesen. Folglich erteilte Wilhelm dem Botschafter eine Absage.

Einen Bericht über diese Ereignisse telegrafierte ein Mitarbeiter an Otto von Bismarck nach Berlin – und der Kanzler des Norddeutschen Bundes erkannte schnell: Diese Depesche war der Schlüssel zur Lösung seines größten Problems.

Kapitel 5: Die Falle

Bismarck beschäftigte sich schon seit Längerem mit der Frage eines Kriegs gegen Frankreich. Die Aufmarschpläne für die deutschen Armeen lagen längst bereit. Allerdings durften Preußen und seine Verbündeten nicht von sich aus aktiv werden. Nein, Frankreich musste den ersten Schlag führen! Denn die innerdeutschen Schutz- und Trutzbündnisse, die Preußen mit den süddeutschen Ländern Bayern, Württemberg und Baden sowie Hessen-Darmstadt geschlossen hatte, galten nur für den Verteidigungsfall! Aber wie konnte man Frankreichs Kaiser Napoleon dazu bringen, Preußen den Krieg zu erklären?

Als Bismarck die Emser Depesche in Händen hielt, wusste er: Dieses Telegramm war die Gelegenheit dazu! Plötzlich war die Antwort ganz einfach: indem man Napoleon bei der Ehre packte und außerdem noch das französische Volk so richtig in Wut auf die Deutschen brachte. Und genau das machte Bismarck mit dem Text der Depesche. Er stutzte ihn so zurecht, dass sich der Bericht nun wie eine schallende Ohrfeige mitten ins Gesicht der französischen Nation las. Und so ließ er ihn in den Zeitungen beider Länder veröffentlichen. Für die Franzosen las sich das jetzt ungefähr so: Der preußische König habe den Botschafter gar nicht erst empfangen, den Wunsch Frankreichs schroff zurückgewiesen und jedes weitere Gespräch abgelehnt.

Eine solche Blamage konnte Napoleon III. nicht auf sich sitzen lassen, wenn er auf seinem Thron bleiben wollte. Seine politischen Gegner tobten. Bismarcks Falle war zugeschnappt: Am 19. Juli 1870 erklärte der Kaiser der Franzosen dem Königreich Preußen den Krieg.

Kapitel 6: Frankreichs Irrtum

Frankreich galt zu dieser Zeit als führende Militärmacht Europas, und seine Generäle glaubten an einen leichten Sieg. Sie sollten sich irren! Denn Preußen und seine Verbündeten hatten nicht nur weitaus mehr Soldaten, sie verfügten auch über die bessere Logistik. Ihr Oberbefehlshaber Helmuth von Moltke konnte einmal mehr auf das gut ausgebaute Eisenbahnnetz setzen, das den raschen Transport Hunderttausender von Soldaten von deutscher Seite über die französische Grenze ermöglichte. So kam es, wie es kommen musste: Innerhalb weniger Wochen waren große Teile der französischen Truppen besiegt. Die Festung Metz wurde nach langer Belagerung eingenommen und trotz großer eigener Verluste trugen die Preußen am 18. August auf dem Schlachtfeld nahe der Gemeinde Gravelotte den Sieg davon.

Am 1. und 2. September 1870 kam es bei Sedan zur entscheidenden Schlacht − und Napoleon III. wollte seinen Truppen in der belagerten Festung persönlich Mut machen. Keine gute Idee. Denn die Festung war nicht zu halten und der Kaiser geriet dabei in Gefangenschaft. Zu Hause in Paris tobte derweil wieder einmal eine Revolution und Napoleon wurde in Abwesenheit entthront. Zum dritten Mal wurde Frankreich eine Republik − und kämpfte unter einer provisorischen Regierung weiter gegen die Deutschen.

Die deutschen Truppen marschierten unterdessen gegen Paris. Mitte September war die französische Hauptstadt eingeschlossen. In aller Ruhe wartete die deutsche Militärführung auf ein Friedensangebot der belagerten Franzosen. Doch die dachten gar nicht daran, obwohl die Pariser hungerten und kein Brennholz mehr hatten. In Deutschland schlossen sich unterdessen die süddeutschen Staaten nun auch politisch dem Norddeutschen Bund an. Noch vor Kriegsende, am 1. Januar 1871, wurde das Deutsche Kaiserreich aus der Taufe gehoben und der König von Preußen im Schloss Versailles zum Kaiser Wilhelm I. ausgerufen. Und das ausgerechnet im prachtvollen Spiegelsaal, dem prachtvollen Krönungsort der französischen Herrscher seit dem berühmten Sonnenkönig Ludwig XIV.!

Kapitel 7: Eine beispiellose Demütigung

Der Deutsch-Französische Krieg endete mit dem Frieden von Frankfurt am 10. Mai 1871. Über vier Monate hatten deutsche Truppen die Hauptstadt Paris belagert, Ende Januar hatte die französische Armee aufgegeben. Als Verlierer musste Frankreich den Siegern eine horrende Summe als Kriegsentschädigung zahlen und die überwiegend deutschsprachigen Gebiete westlich des Rheins abtreten – das Elsass und große Teile von Lothringen. Dass die deutsche Kaiserproklamation ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles inszeniert wurde, war eine beispiellose Demütigung für Frankreich. Sie sollte das Verhältnis beider Nationen für Jahrzehnte belasten.

Der deutsche Sieg veränderte das Machtgefüge Europas entscheidend. Deutschland löste Frankreich als stärkste Militärmacht ab. Doch Bismarck nutzte das nicht aus. Wie schon nach dem Sieg über Österreich fuhr er einen Kurs der Mäßigung. Deutschland sei zufrieden, betonte er stets. Viel wichtiger war es ihm, kluge Bündnisse zu schließen. Erst nachdem Bismarck im Jahr 1890 von der politischen Bühne abtreten musste, wendete sich das Blatt. Unter einem neuen Kaiser steuerte Deutschland auf einen Krieg zu, der ganz Europa und die halbe Welt in einen Strudel der Vernichtung reißen sollte: den Ersten Weltkrieg...

Zusammenfassung

  • Der Deutsch-Französische Krieg war der dritte und letzte Krieg auf dem Weg zur deutschen Einheit. Er dauerte vom 19. Juli 1870 bis zum 10. Mai 1871.

  • Eine an sich harmlose diplomatische Krise zwischen Preußen und Frankreich bot dazu den willkommenen Anlass. Bismarcks Version der Emser Depesche provozierte Frankreich zur Kriegserklärung.

  • In der Schlacht von Sedan geriet der französische Kaiser Napoleon III. in deutsche Gefangenschaft. Frankreich wurde zum dritten Mal Republik. Eine provisorische Regierung setzte die Kriegshandlungen fort.

  • Der militärische Erfolg Deutschlands gipfelte in der nationalen Einigung. Am 1. Januar 1871 wurde das Deutsche Reich ausgerufen.

  • Als Verlierer musste Frankreich horrende Reparationen zahlen sowie das Elsass und große Teile von Lothringen an Deutschland abtreten. Die Kaiserproklamation im Spiegelsaal des Versailler Schlosses war eine zusätzliche beispiellose Demütigung, die das Verhältnis zwischen Franzosen und Deutschen auf lange Zeit schwer beeinträchtigen sollte.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Welcher Krieg war der dritte und letzte der deutschen Einigungskriege?
    1. A) Deutscher Krieg
    2. B) Deutsch-Französischer Krieg
    3. C) Deutsch-Dänischer Krieg
    4. D) Russland-Feldzug
  2. Was löste große Wut in Frankreich aus und veranlasste den französischen König zur Kriegserklärung an Preußen?
    1. A) Eine gescheiterte Revolution
    2. B) Ein Bombenanschlag
    3. C) Industriespionage
    4. D) Die Emser Depesche
  3. Welche Kampfhandlung wurde nicht während des Deutsch-Französischen Kriegs ausgetragen?
    1. A) Schlacht von Sedan
    2. B) Schlacht bei Gravelotte
    3. C) Schlacht bei Jena und Auerstedt
    4. D) Belagerung von Metz
  4. Welches für die deutschen Staaten zukunftsweisende Ereignis fand noch vor dem Friedensschluss im Deutsch-Französischen Krieg statt?
    1. A) Die Gründung des Süddeutschen Bundes
    2. B) Der Zerfall der Französischen Republik
    3. C) Die Reichsgründung
    4. D) Die Annexion von Elsass-Lothringen
  5. Wo wurde 1871 der deutsche Kaiser Wilhelm I. proklamiert?
    1. A) Im Berliner Stadtschloss
    2. B) Im Spiegelsaal des Versailler Schlosses
    3. C) Im Potsdamer Schloss
    4. D) In der Kathedrale Saint Denis

Richtige Antworten:
1. B) Deutsch-Französischer Krieg
2. D) Die Emser Depesche
3. C) Schlacht bei Jena und Auerstedt
4. C) Die Reichsgründung
5. B) Im Spiegelsaal des Versailler Schlosses

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