Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg sollte es nicht mehr lange dauern, bis Preußen und Österreicher erneut ins Feld zogen. Gegen Dänemark hatten die deutschen Führungsmächte Preußen und Österreich noch Seite an Seite gekämpft. Zwei Jahre später standen sie sich als Feinde gegenüber. Wie es dazu kam und weshalb dieser Bruderkrieg auch durch moderne Waffen und Transportmittel entschieden wurde, erfährst du in dieser Story.
Der Berliner Bahnhof bietet an diesem frühen Morgen ein wahrhaft ungewöhnliches Bild. So voll war es hier noch nie! Riesige Menschenmassen stehen in endlosen Reihen auf dem Bahnsteig und blicken dem Zug entgegen, der jetzt im dichten Dampf und Kohlequalm der Lokomotive langsam heranrollt. Kaum einer spricht ein Wort, stumm warten die Soldaten auf den Befehl zum Einsteigen. Was wird sie dort am Ziel der Fahrt erwarten? Es geht nach Böhmen, gegen Österreich – so viel wissen die Männer. Um diese Strecke zu marschieren, würden sie Tage brauchen. Mit der Eisenbahn werden sie in ein paar Stunden am Ziel sein.
Und dann? Werden sie auch diese Schlacht gewinnen? Werden sie verlieren, verwundet in Gefangenschaft geraten – oder den Tod finden? Alles ist offen für die Soldaten, die jetzt geordnet und diszipliniert in die Waggons klettern.
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Jetzt runterladen!Der Deutsche Krieg zwischen Preußen und Österreich, oft auch „Bruderkrieg“ genannt, war die zweite militärische Auseinandersetzung auf dem Weg zur nationalen Einigung Deutschlands. Vordergründig ging es um die ehemals dänischen Herzogtümer Schleswig und Holstein. Dahinter aber stand die alte Auseinandersetzung um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Das Königreich Preußen wollte nicht länger die zweite Geige hinter dem Kaisertum Österreich spielen. Die Rivalität zwischen den beiden Vormächten hatte sich seit Jahrzehnten immer weiter verschärft. Daran hatte auch der gemeinsame Krieg gegen Dänemark nichts geändert. Im Gegenteil: Nun wurde die Gebietsfrage um Schleswig und Holstein zur Machtprobe.
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg hatte man sich darauf geeinigt, dass Österreich Holstein verwalten sollte und Preußen das nördlich angrenzende Schleswig. Aber auch das ging nicht lange gut, es kam zu neuen Spannungen. Österreich brachte den Ärger schließlich vor die Bundesversammlung. Wir erinnern uns: In der Bundesversammlung regelten die Teilstaaten des Deutschen Bundes ihre politischen Fragen. Und dort gab Österreich den Ton an.
Preußen wiederum hatte überhaupt kein Interesse daran, den Konflikt über die von Österreich dominierte Bundesversammlung auszutragen. Es strebte ja ohnehin eine Reichsgründung ohne Österreich an. Preußen tat also beleidigt und ließ im Juni 1866 seine Truppen in Holstein einmarschieren. Die Situation eskalierte und Preußen erklärte den Deutschen Bund kurzerhand für aufgelöst. Damit war der deutsch-deutsche Krieg zwischen Preußen und Österreich nun offiziell...
Der preußische Regierungschef Otto von Bismarck war in den letzten Jahren nicht untätig gewesen. Er hatte Preußen systematisch auf einen Krieg gegen Österreich und dessen Verbündete vorbereitet, zu denen Sachsen, Bayern, Hannover und neun weitere Teilstaaten gehörten. Außenpolitisch waren die Karten neu gemischt, und zwar zugunsten Preußens. Denn das Verhältnis zwischen Russland und Österreich hatte sich merklich abgekühlt. Preußen durfte daher sichergehen, dass sich Russland im Falle eines Krieges neutral verhalten würde. Mit Italien war ein militärisches Bündnis und mit Frankreich eine Art Stillhalteabkommen geschlossen worden. Beide erhofften sich Landgewinne nach einem preußischen Sieg – Bismarck hatte in den Gesprächen so etwas erwähnt. Aber wirklich festgelegt hatte er sich dabei nicht. Das tat er fast nie, und genau das war sein Erfolgsrezept.
Militärisch und technisch hatte Preußen ohnehin die Nase vorn. Mit dem neuen Zündnadelgewehr verfügten seine Truppen über eine hochmoderne Waffe, die eine viel schnellere Schussfolge ermöglichte als die veralteten Gewehre der Österreicher. Außerdem hatte Preußen die besseren Generäle. Während in Österreich nämlich die höheren Offiziersränge bevorzugt nach Adelsstand verliehen wurden, bestimmte in Preußen vor allem fachliches Können die militärische Karriere. Das galt vor allem für den Oberbefehlshaber auf preußischer Seite: General Helmuth von Moltke. Er war nicht nur ein begnadeter Militärstratege, der die Aktionen der eigenen und der verbündeten Truppen über weite Entfernungen hinweg planen und koordinieren konnte. Er war auch der erste Heerführer, der die Bedeutung der Eisenbahn für schnelle Truppenbewegungen und überraschende Angriffsmanöver erkannte.
Das Eisenbahnnetz war nicht nur für die Wirtschaft ein Segen, sondern auch fürs Militär. Selbst größere Armeen konnten mit der Bahn innerhalb von Stunden bequem den Ort geplanter Kämpfe erreichen – ausgeruht, statt von tagelangen Märschen erschöpft zu sein. Die Heeresleitung konnte die Truppen flexibler und großräumiger einsetzen, bei Bedarf waren auch entfernte Kriegsschauplätze schnell erreichbar. Ganz neu war der Truppentransport per Eisenbahn nicht, aber Helmuth von Moltke hatte das System zur Perfektion entwickelt. Das mittlerweile gut ausgebaute Schienennetz bildete auch die Grundlage für den preußischen Aufmarsch am Ort der wichtigsten Schlacht im Deutschen Krieg: Königgrätz in Böhmen, das damals zu Österreich gehörte.
Preußens Truppen hatten im sogenannten Mainfeldzug bereits einige Gefechte gegen Österreichs Verbündete für sich entschieden. Nun waren insgesamt mehr als 200.000 preußische Soldaten nach Böhmen unterwegs. Aus drei verschiedenen Richtungen rückten sie an, um den Gegner schon bei der Aufstellung direkt in die Zange zu nehmen. „Getrennt marschieren, vereint schlagen“ war die Devise, die Moltke ausgegeben hatte. Am 3. Juli 1866 war es soweit. Ein Gegenangriff der Österreicher scheiterte rasch. Am Ende des Tages waren ihre Truppen aufgerieben, die letzten Einheiten suchten das Weite oder wurden gefangengenommen.
Mit der Schlacht von Königgrätz war der kurze, aber heftige Krieg für Preußen entschieden. Der preußische König Wilhelm I. wollte jetzt am liebsten direkt nach Wien weitermarschieren. Mit einer pompösen Siegesfeier in ihrer eigenen Hauptstadt und natürlich durch erzwungene Gebietsabtretungen würde er die Österreicher noch einmal so richtig demütigen. Alle dachten so – nur Otto von Bismarck nicht.
Der preußische Ministerpräsident Bismarck dachte weiter: Wenn Preußen nach dem Sieg über Österreich nicht Ärger mit den anderen europäischen Mächten riskieren wollte, durfte es sie nicht durch unnützes Machtgehabe verstimmen. Bismarck setzte also auf Mäßigung. Er strebte einen schnellen Frieden an, bei dem der Verlierer Österreich sein Gesicht wahren konnte. Mit größter Mühe setzte er sich damit gegen König Wilhelm I. durch. Ein entsprechender Friedensvertrag wurde im Juli 1866 mit dem sogenannten Vorfrieden von Nikolsburg angebahnt und am 23. August in Prag unterzeichnet.
Und der Deutsche Bund? Der war nach dem Sieg Preußens endgültig Geschichte. Das Königreich Preußen übernahm das Herzogtum Holstein und vereinigte es mit Schleswig zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Außerdem verleibte es sich einige Kleinstaaten ein, deren Herrscher für Österreich gekämpft hatten. Dazu gehörten das Königreich Hannover und das Kurfürstentum Hessen, die beide genau zwischen den westlichen und östlichen Landesteilen von Preußen lagen. Damit war das Königreich nicht mehr in verschiedene Gebiete zersplittert, sondern ein großes Ganzes. Und die betroffenen Herrscher der betroffenen deutschen Staaten? Die wurden einfach entthront. Das gottgegebene Recht der Adelsgeschlechter auf ihre Herrschaft – beim Wiener Kongress vor gut 50 Jahren zum Prinzip erhoben – interessierte Otto von Bismarck ebenso wenig wie die vagen Andeutungen über mögliche Landgewinne, die er den Franzosen und Italienern gegenüber gemacht hatte.
Der Prager Friedensvertrag sah aber noch etwas anderes vor: die Gründung eines norddeutschen Bundes unter preußischer Führung. Würde es Bismarck gelingen, auch noch die süddeutschen Staaten für ein geeintes Deutschland zu gewinnen? Denn bis zur Reichseinigung sollte es noch einen weiteren Krieg geben: den Deutsch-Französischen Krieg. Und dabei spielte ein ganz bestimmtes Telegramm eine unrühmliche Hauptrolle...
Zusammenfassung
Der Deutsche Krieg, auch als Preußisch-Österreichischer Krieg bezeichnet, war der zweite der drei Einigungskriege auf dem Weg zum Deutschen Reich. Er beendete die jahrzehntelange Rivalität zwischen den Großmächten Preußen und Österreich um die Vormachtstellung im Deutschen Bund zugunsten des Königreichs Preußen.
Anlass des Kriegs war der preußische Angriff auf das von Österreich beherrschte Herzogtum Holstein.
Preußen war Österreich und dessen Verbündeten militärisch überlegen. Dazu trug moderne Waffentechnik ebenso bei wie die Eisenbahn als effizientes Truppentransportmittel.
Der Deutsche Krieg endete mit der Niederlage Österreichs und der Auflösung des Deutschen Bundes. Preußen wurde zur dominierenden Macht in Deutschland.
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Richtige Antworten:
1. A) Preußen und Österreich
2. D) Bei Königgrätz
3. B) Helmuth von Moltke
4. C) Das Königreich Preußen
5. B) Norddeutscher Bund
6. A) Der Prager Frieden