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Doppelte Staatsgründung

Jetzt wird Deutschland geteilt
Foto Konrad Adenauer
Wikimedia
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Inhalte

Intro

Nur wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs brachten die Westmächte die Gründung eines neuen, demokratischen deutschen Staats auf den Weg. Die Sowjets aber verfolgten einen anderen Plan.

Kapitel 1: Eintritt in die Geschichte

Bonn. 23. Mai 1949. Es ist die letzte Sitzung des Parlamentarischen Rates. Acht Monate haben die 70 Männer und Frauen an diesem Schriftstück gearbeitet. Acht Monate haben sie gestritten und um jede Formulierung gerungen. Und nun ist es vollbracht: Ein letztes Mal ergreift Konrad Adenauer, Präsident des Parlamentarischen Rates, das Wort: 

„Heute, am 23. Mai 1949, beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes: Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten.“

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Kapitel 2: Neuanfang im Westen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren die Gräben zwischen der Sowjetunion und den anderen drei westlichen Besatzungsmächten nach und nach immer tiefer geworden. Nur im Kampf gegen den Nationalsozialismus waren sie einig gewesen. In der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 hatten sich die Staatschefs der drei Hauptsiegermächte noch auf ein gemeinsames Abschlussprotokoll einigen können, das wichtige Punkte wie die Entnazifizierung Deutschlands und die zu leistenden Reparationen sowie die politische und territoriale Nachkriegsordnung für Europa enthielt. Die Westmächte hatten sogar der Forderung des sowjetischen Diktators Josef Stalin nachgegeben, große Gebiete im Osten Polens der von ihm geführten UdSSR einzuverleiben. Als aber die amerikanischen, britischen und französischen Besatzer im Juni 1948 in Westdeutschland und den drei West-Sektoren Berlins eine Währungsreform durchführten und mit der D-Mark eine „harte“ Währung einführten, kam es zur Berlin-Blockade durch die Sowjets. Und niemand konnte mehr Zweifel hegen, dass zwischen Ost und West ein Kalter Krieg herrschte.

Die Folge: Ost- und Westdeutschland entwickelten sich in völlig unterschiedliche Richtungen. Die drei Westmächte hatten ihre Besatzungszonen zu einem Vereinigten Wirtschaftsgebiet zusammengelegt. Dort und in weiteren westeuropäischen Ländern war ein milliardenschweres Wirtschaftsförderprogramm angelaufen, das nach seinem Erfinder „Marshallplan“ genannt wurde. Es sollte die Grundlagen für den Aufbau eines neuen, demokratischen Staates schaffen. Eines westlichen deutschen Staates wohlgemerkt!

Kapitel 3: Ein Provisorium namens Grundgesetz

Im Westen Deutschlands sollte also eine echte parlamentarische Demokratie entstehen. Die Westmächte organisierten daher die politischen Strukturen von unten nach oben. Bereits 1946 gab es Kommunal-, 1947 dann Landtagswahlen. Noch vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, kurz BRD genannt, konnten die Deutschen in den Westzonen also ihre Vertreter in Gemeinden und Ländern wählen. Die Idee dahinter: Die Macht sollte auf möglichst viele Ebenen verteilt werden. Westdeutschland sollte ein Bund gleichberechtigter Länder werden – man nennt dies auch einen föderalen Staat. Und die elf Länder in den westlichen Besatzungszonen erhielten nun von den Alliierten den Auftrag, eine Verfassung für den neuen Staat auszuarbeiten. 

Allerdings befürchteten die Ministerpräsidenten der elf Länder, dass eine dauerhafte Verfassung die Teilung Deutschlands endgültig zementieren würde. Was also tun? Schließlich einigten sie sich auf einen Kompromiss: Sie beriefen statt einer verfassunggebenden Versammlung den sogenannten Parlamentarischen Rat ein. Der Parlamentarische Rat sollte zwar auch eine Verfassung erarbeiten, allerdings eine vorläufige.  Sie bekam den Namen: Grundgesetz. 

Ja, und genau deshalb heißt unsere Verfassung nicht Verfassung, sondern Grundgesetz. Der Name sollte den provisorischen, also vorläufigen Charakter dieses Regelwerks unterstreichen. Erstaunlich, oder? Um die Frage der deutschen Wiedervereinigung offen zu halten, war das Grundgesetz eigentlich nur als Übergangslösung vorgesehen.

Kapitel 4: Das Rennen um den Regierungssitz

Am 1. September 1948 begann der Parlamentarische Rat in Bonn seine Arbeit. Er bestand aus 70 Abgeordneten, die von den Länderparlamenten der westlichen Besatzungszonen bestimmt worden waren. Vier Frauen gehörten ihm an – die „Mütter des Grundgesetzes“. Als Präsident wurde ein Politiker namens Konrad Adenauer gewählt. Er gehörte zu den Begründern der Partei CDU, war rundum demokratisch geprägt und sollte das Gesicht dieses neuen demokratischen Deutschlands werden. Es galt aber noch eine wichtige Frage zu klären: Wo sollte das künftige Westdeutschland eigentlich seinen Regierungssitz haben? Berlin kam bis auf Weiteres nicht in Frage – die Stadt lag ja mitten in der Sowjetzone und war Hoheitsgebiet aller vier Siegermächte. Es musste also in einer der drei Westzonen ein Regierungssitz gefunden werden. Wohlgemerkt: ein vorläufiger Regierungssitz. Den Titel „Hauptstadt“ vermied der Parlamentarische Rat zunächst sogar – schließlich wollte man sich zumindest die Möglichkeit eines gesamtdeutschen Staates weiterhin offenhalten. 

Dennoch schlugen die Wellen hoch, als es um die Wahl des Regierungssitzes ging. Frankfurt sah sich schon als Favoriten, schließlich besaß die Mainmetropole mit ihrer berühmten Paulskirche ein besonderes historisches Pfund. Vor 100 Jahren hatte dort die Frankfurter Nationalversammlung getagt, das erste demokratische Parlament auf deutschem Boden. Andere Ratsmitglieder plädierten für Stuttgart oder Kassel. Die Abstimmung am 10. Mai 1949 gewann jedoch ein unscheinbares Städtchen am Rhein: Bonn.

Kapitel 5: Geburtsstunde der Bundesrepublik

53 zu 12 Stimmen. So lautete das Abstimmungsergebnis im Parlamentarischen Rat im Mai 1949. Damit war das Grundgesetz beschlossen. Auch die Alliierten Besatzungsmächte und die Länderparlamente stimmten zu – mit Ausnahme Bayerns übrigens. In Kraft trat es dort trotzdem.

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz dann feierlich vom Parlamentarischen Rat verkündet. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland. Knapp vier Monate später wurden der erste Deutsche Bundestag und der erste Bundeskanzler gewählt: Konrad Adenauer. Wirtschaftliches Leitbild war die Soziale Marktwirtschaft, die vom Wirtschaftsminister und

Und die Sowjetzone? Sie gab sich am 7. Oktober 1949 den neuen Namen „Deutsche Demokratische Republik“. Die Demokratie trug die DDR allerdings nur im Namen. Regiert wurde sie von einer zunächst provisorischen Volkskammer, die von einer einzigen Partei dominiert wurde: der SED, der „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands”. Die Verfassung der DDR hielt noch immer an einer Einheit Deutschlands fest – freilich unter einer sozialistischen Staatsordnung unter Führung der Sowjetunion. Deutschland war damit endgültig in zwei Teile gespalten.

Zusammenfassung

  • Ende 1947 waren die Westmächte und die Sowjetunion so zerstritten, dass USA, Großbritannien und Frankreich den Aufbau eines separaten deutschen Weststaates auf den Weg brachten. Daraufhin begannen auch in der sowjetischen Besatzungszone die Vorbereitungen für die Gründung eines eigenen Staates.

  • Den Auftrag, die neue Staatsordnung für Westdeutschland auszuarbeiten, erhielt der Parlamentarische Rat. Dessen Präsident war der CDU-Politiker Konrad Adenauer, der spätere erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

  • Als Sitz der Bundesregierung wurde die Stadt Bonn gewählt. Den Titel „Hauptstadt“ vermied der Parlamentarische Rat vorerstt.

  • Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland. Am 7. Oktober desselben Jahres wurde in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) die DDR gegründet. Die deutsche Teilung war vollzogen.

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  1. Mit welchem Begriff wurde die neue demokratische Verfassung Westdeutschlands von 1949 bezeichnet?
    1. A) Magna Carta
    2. B) Bürgerliches Gesetzbuch
    3. C) Grundgesetz
    4. D) Gesetz der deutschen Einheit
  2. Welche Stadt wurde 1949 zum Regierungssitz der künftigen Bundesrepublik Deutschland gewählt?
    1. A) Frankfurt
    2. B) Bonn
    3. C) Berlin
    4. D) Stuttgart
  3. Welches historische Pfund warf die Stadt Frankfurt in die Waagschale, als sie sich 1948 um den Regierungssitz der künftigen Bundesrepublik Deutschland bewarb?
    1. A) Den Frankfurter Fürstentag
    2. B) Die Frankfurter Dokumente
    3. C) Das größte Bankenviertel
    4. D) Die Frankfurter Paulskirche
  4. Wer war der erste deutsche Bundeskanzler?
    1. A) Kurt Schumacher
    2. B) Konrad Adenauer
    3. C) Ludwig Erhard 
    4. D) Franz Josef Strauß
  5. Wer arbeitete 1948/49 das Grundgesetz des neuen westdeutschen Staates aus?
    1. A) Der Rechtsausschuss
    2. B) Die internationale Militäradministration
    3. C) Der Deutsche Bundestag
    4. D) Der Parlamentarische Rat
  6. Wann wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet?
    1. A) 23. Mai 1949
    2. B) 23. Mai 1945
    3. C) 23. Mai 1957
    4. D) 23. Mai 1933

Richtige Antworten: 
1. C) Grundgesetz 
2. B) Bonn
3. D) Die Frankfurter Paulskirche 
4. B) Konrad Adenauer
5. D) Der Parlamentarische Rat 
6. A) 23. Mai 1949

FAQs

Was geschah 1949?

In diesem Jahr gründeten sich auf deutschem Boden zwei getrennte Staaten: die Bundesrepublik Deutschland und die DDR. Damit war die Teilung Deutschlands, die sich in den zunehmenden Spannungen zwischen dem marktwirtschaftlich-demokratischen Westen und dem kommunistisch regierten Osten endgültig vollzogen.

Wer arbeitete 1948/49 das Grundgesetz des neuen westdeutschen Staates aus?

Der Parlamentarische Rat – ein Fachgremium aus von den Länderparlamenten der westlichen Besatzungszonen gewählten Abgeordneten – arbeitete das Grundgesetz aus. Es wurde am 23. Mai 1949 verkündet. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland.

Welche Stadt wurde 1949 zum Regierungssitz der künftigen Bundesrepublik Deutschland gewählt?

Regierungssitz der neuen Bundesrepublik Deutschland wurde Bonn. Die Stadt gewann das Rennen gegen Mitbewerber wie Frankfurt und Kassel. Bis 1991 blieb Bonn Sitz des Bundestags und der Regierung. Am 20. Juni beschloss der Bundestag den Umzug nach Berlin, das bereits seit 1990 mit Inkrafttreten des Einigungsvertrags wieder die Hauptstadt Gesamtdeutschlands war.

Wer war der erste deutsche Bundeskanzler?

Konrad Adenauer wurde im September 1948 zum Präsidenten des Parlamentarischen Rates und ein Jahr später zum ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Er gehörte zu den Begründern der CDU, deren Vorsitzender er von 1950 bis 1966 war, und stand für eine Politik der europäischen Einigung. Adenauer war bis 1963 Kanzler, sein Nachfolger wurde der bisherige Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard.

Warum wurde/wird die demokratische Verfassung Westdeutschlands von 1949 als Grundgesetz bezeichnet?

Der Name sollte den provisorischen, also vorläufigen Charakter dieses Regelwerks unterstreichen. Die Ministerpräsidenten der elf westdeutschen Länder befürchteten, dass eine dauerhafte Verfassung die Teilung Deutschlands endgültig zementieren würde. So einigten sie sich auf einen Kompromiss: Sie beriefen statt einer verfassunggebenden Versammlung den sogenannten Parlamentarischen Rat ein. Dieses Gremium sollte zwar auch eine Verfassung erarbeiten, allerdings eine vorläufige. Um die Frage der deutschen Wiedervereinigung offen zu halten, war das Grundgesetz eigentlich nur als Übergangslösung vorgesehen. Letztlich blieb es bestehen, denn mit der Gründung der DDR am 7. Oktober ‘49 war die Teilung endgültig.

Bis wann gab es zwei deutsche Staaten?

1989 kam es in der DDR zur friedlichen Revolution, der im Jahr darauf die Wiedervereinigung Deutschlands folgte. Bei der Volkskammerwahl im März 1990 stimmte die Bevölkerung der DDR für das Parteienbündnis, das sich die deutsche Einheit auf die Fahnen geschrieben hatte. Die Wiedervereinigung zum 3. Oktober 1990 wurde innenpolitisch durch zwei Staatsverträge festgeschrieben, außenpolitisch durch den „Zwei-plus-Vier-Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“. Unterzeichner waren die BRD und die DDR einerseits und die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs andererseits. In diesem Vertrag wurden unter anderem die endgültigen Grenzen Deutschlands, der Abzug der sowjetischen Truppen aus Ostdeutschland bis 1994 sowie die freie Bündniswahl Deutschlands festgelegt.

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