Die Liebe – gemeinhin gilt sie als das schönste Gefühl der Welt. Doch was tun, wenn sie nicht erwidert wird? In William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtsraum“ („A Midsummer night's dream“) hat der Elfenkönig Oberon einen ganz besonderen Einfall. Mit magischen Mitteln will er der Liebe und der eigenen Ehe auf die Sprünge helfen – und macht damit natürlich alles nur noch schlimmer! Vorhang auf für das liebestolle Chaos …
Oberon ist außer sich – wie kann Titania es wagen? Ja, sie ist seine Frau und Königin – aber er ist Oberon, Elfenkönig und Herrscher des Waldes! Wie kann sie es wagen, sich seinem Willen zu widersetzen? Er stampft mit dem Fuß auf, dass um ihn herum der Boden bebt. Die Elfen verkriechen sich in ihren Höhlen. Oberon schnaubt – er will dieses indische Fürstenkind haben, das Titania ihr Eigen nennt! Diesen hübschen Burschen, den sie adoptiert hat. Ja, es ist auch die Eifersucht, die Oberon schier um den Verstand bringt. Doch Titania will sich seinem Willen einfach nicht beugen. Nun denn, er wird sie schon Gehorsam lehren!
„Droll!“, ruft Oberon. Und prompt kommt sein Helfer herbei. „Geh, Droll, besorg mir die magische Blume – jene, deren Saft ein jedes Wesen dazu bringt, sich in die Kreatur zu vergaffen, die sie zuerst erblickt!“
Der Kobold verneigt sich tief und ist schon wieder verschwunden. Oberon grinst zufrieden und sagt zu sich: „Hab ich nur den Saft erst, so werde ich ihn in Titaniens Auge träufeln. Was sie zunächst erblickt, wenn sie erwacht, sei's Löwe, sei es Bär, Wolf oder Stier. Ein naseweiser Aff, ein Pavian – Sie soll's verfolgen mit der Liebe Sinn. Und eh ich sie von diesem Zauber löse, wie ich's vermag mit einem andern Kraut, muss sie mir ihren Edelknaben lassen.“
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Jetzt runterladen!Ein Ehekrach ist selten eine gute Sache. Und wenn dabei ein Elfenkönig gegen eine Elfenkönigin antritt – schon zweimal nicht. Denn natürlich werden auch Unbeteiligte hineingezogen.
So geschieht es in William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“. Und es passiert in einem magischen Wald. Dort nämlich tragen der Elfenkönig Oberon und seine Ehefrau Titania ihren Machtkampf aus. Um diesen zu gewinnen, verzaubert Oberon Titania mit dem Saft einer Zauberblume: Sie wird sich nun in das erste Wesen verlieben, das sie erblickt! Doch natürlich kommt alles anders. Was folgt, ist ein perfektes Durcheinander der Emotionen und eine absurd-komische Verfolgungsjagd im Wald.
Shakespeares „Sommernachtstraum“ zeigt damit vor allem zwei Dinge: Erstens, mit der Liebe experimentiert man nicht. Und zweitens, wenn man es doch tut, sollte man auf jede Menge Chaos vorbereitet sein!
Die Geschichte selbst spielt in einem magischen Wald nahe Athen zur Mittsommernacht – der kürzesten Nacht des Jahres. Dem Volksglauben nach sind Elfen, Feen und Hexen in dieser Nacht besonders aktiv und treiben gerne ihre Späße mit den Sterblichen. Und genau das geschieht auch in „Ein Sommernachtstraum“.
Theseus, der Herzog von Athen, ist verlobt mit Hippolyta, der Königin der Amazonen. In der Nacht des Neumondes soll die Hochzeit sein, und als Höhepunkt der Festlichkeiten wollen sechs Athener Handwerker die „tief tragische Komödie“ von Pyramus und Thisbe aufführen. Peter Quince, der Spielleiter, verteilt die Rollen und ermahnt alle, ihre Texte auswendig zu lernen. Geprobt werden soll im Schlosswald vor der Stadt ...
Genau in diesem magischen Wald tobt derweil der Ehekrach zwischen Elfenkönig Oberon und seiner Frau Titania. Beide zählen sich gegenseitig ihre außerehelichen Beziehungen auf und streiten um ein Pflegekind, das jeder der beiden für sich haben will. Schließlich reicht es Oberon. Titania soll ihre „Unverschämtheit büßen“: Er will seine Frau mit der Zauberblume in einen Liebesrausch versetzen, der so peinlich wie nur möglich für sie sein soll!
Da kommen vier junge Leute hinzu, die unglücklich verliebt sind: Hermia, die Tochter des reichen Atheners Egeus, soll Demetrius heiraten. Sie liebt aber Lysander. Die beiden flüchten in den magischen Wald, werden aber von Demetrius verfolgt, der Lysander töten will. Doch auch der eifersüchtige Demetrius wird verfolgt: von der hoffnungslos in ihn verliebten Helena. Das bringt Oberon auf die Idee, seinen Blumenzauber einmal an ihnen auszuprobieren. Dabei soll sein Kobold Puck (in der deutschen Version: Droll) helfen – doch der tut nicht, wie ihm aufgetragen. Weil er den Saft der Zauberblume der falschen Person in die Augen träufelt, sind plötzlich beide Männer unsterblich in Helena verliebt – und Egeus’ Tochter Hermia bleibt allein zurück. Und was geschieht mit der armen Titania? Die verliebt sich prompt in den Athener Nick Bottom (in der deutschen Version Niklas Zettel), dem der schelmische Puck (Droll) mitten in der Theaterprobe einen Eselskopf auf die Schultern gezaubert hat!
Es folgt ein heilloses Durcheinander der Gefühle, bei dem Menschen und Elfen sich wie Narren aufführen. Mit der Liebe sollte man besser nicht spielen – zu dieser Einsicht kommt zuletzt auch Oberon. Er hegt den durchaus begründeten Verdacht, dass Kobold Puck seinen Befehl zum Schabernack falsch ausgeführt hat und befiehlt ihm, den Zauber bei den Menschen zu korrigieren. Er selbst hebt den Wahn Titanias wieder auf, die furchtbar erschrocken darüber ist, bei einem Esel gelegen zu haben ...
Zuletzt gibt es – wie in Komödien üblich – ein Happy End. Tatsächlich beendet Shakespeare das Stück sogar mit gleich drei Hochzeiten! Dabei schauen sich die Liebespaare ein Theaterstück an – quasi ein „Stück im Stück“. Dies war zur damaligen Zeit ein revolutionärer Kniff, denn plötzlich wurden die Figuren des Stücks selbst zu Zuschauern. Das berühmt gewordene Zitat „Gut gebrüllt, Löwe!“ rufen sie am Ende den Schauspielern zu. Und Oberon und Titania? Die blicken zufrieden auf ihr Werk – zum Glück hat sich der Wirrwarr zuletzt in Wohlgefallen aufgelöst.
Doch klärt sich wirklich alles am Ende? Nein, es bleiben Zweifel: Waren die Ereignisse in der Feenwelt vielleicht doch nur ein Traum? Das fragt sich zum Beispiel Zettel – jener Athener Handwerker, der kurz einen Eselskopf hatte und in den Armen der Elfenkönigin Titania erwachte. Und so stellt Zettel am Ende nüchtern fest: „Ich hatte 'nen Traum – es geht über Menschenwitz zu sagen, was es für ein Traum war. Der Mensch ist nur ein Esel, wenn er sich einfallen lässt, diesen Traum auszulegen …“
Anders als in seinen großen Tragödien wie Hamlet oder Macbeth, wo beklemmender Wahn tödliche Konsequenzen hat, präsentiert Shakespeare in seinem „Sommernachtstraum“ ein stimmungsvolles, witzig-harmloses Verwirrspiel der Liebe. Im Wesentlichen trägt es vier Handlungsstränge: einen um die Herrscher-Hochzeit, einen um die adeligen Liebespaare, einen über die Schelmenstreiche der Feenwelt und schließlich die Dreifachhochzeit mit Theateraufführung.
Elfen, Kobolde, Zauber, Witz und Wahn – gerade wegen dieser außergewöhnlichen Elemente zählt „Ein Sommernachtstraum“ zu den beliebtesten und meistaufgeführten von Shakespeares Stücken. Uraufgeführt wurde es um 1598, ins Deutsche übersetzt von Christoph Martin Wieland (1762) und dann ab 1798 noch einmal von August Wilhelm Schlegel. Dabei wurden einige der Namen eingedeutscht. So wurde unter anderem Puck zu Droll, Quince zu Squenz, Flute zu Flaut, Snote zu Schnauz, Starveling zu Schlucker und Snug zu Schnock.
Felix Mendelssohn Bartholdy vertonte den „Sommernachtstraum“ im Sommer 1826 zu einer Konzertouvertüre. Sie gehört zu den meistgespielten Werken des Komponisten und ist vor allem durch den „Hochzeitsmarsch“ weltberühmt geworden. Verfilmungen des Theaterstücks entstanden 1999 und 2016.
Verwirrung und Magie, Illusion und Traum, was ist wahr und was nicht? Mit all diesen Fragen verzaubert „Ein Sommernachtstraum“ seine Zuschauer bis heute. Mit viel Humor zeigt uns Shakespeare, welche Irrwege die Liebe nehmen kann. Ganz anders dagegen in seiner Tragödie „Romeo und Julia“ …
Zusammenfassung
„Ein Sommernachtstraum“ (Originaltitel: „A Midsummernight՚s Dream“) gilt wegen seiner fantasievollen Figuren und seines rasanten Verwirrspiels als Shakespeares beliebteste und meistgespielte Komödie.
Shakespeare schöpfte den Stoff für seine Komödie aus dem Volksglauben – er thematisierte die Mittsommernacht und ließ Elfen und Kobolde auftreten. In seinem Lustspiel lässt er ganz bewusst die Grenzen von Menschen- und Feenwelt sowie von Traum und Wirklichkeit verschwimmen.
In der Komödie von William Shakespeare geht es um die Irrwege der Liebe und das Chaos, das entsteht, wenn man versucht, einzugreifen. Mit der Liebe spielt man nicht! Das zeigt uns diese Geschichte.
Durch das „Stück im Stück“ bricht Shakespeare die Regeln des klassischen Theaters. Durch diesen cleveren Kniff wird das Publikum selbst Teil des Schauspiels.
Felix Mendelssohn Bartholdy vertonte den „Sommernachtstraum“ im Sommer 1826 zu einer Konzertouvertüre. Sie gehört zu den meistgespielten Werken des Komponisten und ist vor allem durch den „Hochzeitsmarsch“ weltberühmt geworden.
Teste dein Wissen im Quiz
Richtige Antworten:
1. C) Komödie
2. A) Puck (Droll)
3. B) Saft einer Zauberblume
4. C) Im Wald vor Athen
5. D) Dreifachhochzeit und Theateraufführung
In dem Stück treffen verschiedene Welten aufeinander: Oberon und Titania verkörpern die Welt der Elfen, Theseus und Hippolyta sind Figuren der griechischen Mythologie. Die jungen Liebespaare und die theaterspielenden Handwerker entstammen der Menschenwelt. Im Verlauf der Handlung lässt Shakespeare die Grenzen zwischen diesen Welten verschwimmen: Die Elfen erproben ihren Zauber an den Menschen und stiften dabei gehörige Verwirrung.
Nein, zumindest nicht im Sinne der Geschichtswissenschaft. Das Stück beruht im Wesentlichen auf dem alten Volksglauben um die Mittsommernacht – die kürzeste Nacht des Jahres. In dieser Nacht sollen die Naturgeister den Menschen besonders nahe sein. Shakespeare lässt mythische Figuren wie Elfen und Kobolde auftreten und die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum aus Zuschauersicht bewusst verschwimmen.
Ja, denn die Handlung enthält viel Ironie, Witz und Wortspiele. Shakespeare präsentiert ein witzig-harmloses Verwirrspiel der Liebe, in welchem er die Grenzen zwischen griechischer Mythologie, Feen- und Menschenwelt verschwimmen lässt. Am Schluss gibt es ein Happy End: Nach Auflösung des Feenzaubers sind alle Liebespaare in den richtigen Konstellationen glücklich vereint.
Shakespeare lässt eine Gruppe Athener Handwerker im Anschluss an die große Dreifach-Hochzeit ein Theaterstück aufführen. Durch diesen cleveren Kniff wird das Publikum selbst Teil des Schauspiels. Mit dem „Stück im Stück“ bricht Shakespeare die Regeln des klassischen Theaters und lässt zugleich die Frage nach Traum oder Wirklichkeit auf geschickte Weise offen.
Theseus ist ein Held der griechischen Mythologie. Seine berühmteste Tat: Er tötet den grausigen Stier Minotaurus im Labyrinth von Kreta und findet mithilfe eines Fadens, den ihm die Königstochter Ariadne gegeben hat, wieder hinaus. Anschließend wird er König von Athen und heiratet die Königin der kriegerischen Amazonen – die in einer von mehreren unterschiedlichen Überlieferungen den Namen „Hippolyte“ trägt.
Shakespeare verwendet diesen Ausruf im 5. Akt seiner Komödie „Ein Sommernachtstraum“. Im englischen Originaltext lautet er „Well roared, lion!“ und fällt während des Theaterstücks, das die Athener Handwerker vor der großen Hochzeitsgesellschaft aufführen („Stück im Stück“). Wie sehr viele Shakespeare-Sprüche ist auch dieses Zitat eine beliebte Redewendung auch im Deutschen. Sie drückt Zustimmung für eine besonders treffende Argumentation aus.