Ein hinterhältiger Königsmord – darum geht es in Shakespeares Tragödie „Macbeth“. Und die Hauptfigur ist doch tatsächlich der Mörder selbst: Macbeth, ein Antiheld, wie er im Buche steht. Nach dieser Story weißt du, wie Ehrgeiz, Obsessionen und Machtgier die Welt und die gültige Gesellschaftsstruktur aus den Angeln heben können.
Es ist still geworden in seiner Burg. Gäste und Diener haben sich zur Ruhe begeben, ebenso sein höchster Gast: König Duncan, der Herrscher über Schottland! Macbeth steht da und atmet schwer – heute ist die Nacht der Tat. Er hat es seiner Frau versprochen, und sie soll ihn nicht für einen Feigling halten. Er war stets ein Mann fürs Grobe, hat für sein Land und den König Blut vergossen und Rebellionen niedergeschlagen. Doch nun hat er Höheres im Sinn... seitdem er diese drei unheimlichen Schwestern in der Heide getroffen hat. Ihre Prophezeiung brachte ihn hierher, an die Tür des Schlafgemachs des Königs: Er – Macbeth – würde König von Schottland werden, hatten die drei Hexen gesagt und sich dann in Luft aufgelöst. Noch heute Nacht, wo König Duncan bei ihnen zu Gast ist, soll er diesem Schicksal auf die Sprünge helfen. Seine Frau besteht darauf. Ach, hätte er ihr doch nichts von der unheimlichen Begegnung erzählt ...
Macbeth zögert. Kann er das tun – einen Königsmord begehen? Und damit gegen seinen Treueschwur und seine Pflicht der Gastfreundschaft gegenüber dem schottischen König verstoßen? Macbeth zögert, doch er hat die Stimme seiner Frau im Ohr, die ihn einen Feigling schimpft. Und was sieht er dort vor sich? Einen blutigen Dolch! Den Griff ihm zugewandt, schwebt er dort in der Luft, als wollte er ihm den Weg weisen. „Nun denn“, flüstert Macbeth. „Ich geh’ und’s ist getan. Die Glocke mahnt. Hör sie nicht, Duncan, 's ist dein Grabgeläut, das dich zu Himmel oder Höllʼ entbeut.“
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Jetzt runterladen!Die Tragödie, die der englische Dramatiker William Shakespeare vermutlich um 1606 schrieb, dreht sich um einen Helden, der durch falschen Ehrgeiz zum Antihelden und Tyrannen wird. In Shakespeares Macbeth ist diese zentrale Figur der gleichnamige schottische Feldherr, der durch die Prophezeiung von drei Hexen (im englischen Original „the Weird Sisters“, also „die unheimlichen Schwestern“ genannt) dem Wahn verfällt, ihm stünde die Krone Schottlands zu. Seine letzten Skrupel nimmt ihm seine ebenfalls machtbesessene Ehefrau, Lady Macbeth. Sie will ihn als einen Mann der Tat sehen und drängt ihn zum Äußersten. Doch der Königsmord ist nur der Anfang einer Reihe von blutigen Ereignissen in diesem wohl brutalsten Werk Shakespeares. Denn auch weitere Thronanwärter und die unschuldige Macduff-Familie fallen dem Wahn und dem Machthunger des Ehepaars Macbeth zum Opfer. Diese Morde und Intrigen spiegeln den Zerfall der etablierten Ordnung wider. Alles gipfelt in dem Eingreifen des Königs von England, der nach Inverness in die schottischen Highlands eilt, um den Tyrannen Macbeth zu stürzen.
Macbeth ist nicht nur eines der blutigsten Stücke William Shakespeares, es gilt auch als eines seiner düstersten. In dem Stück treten Hexen auf, werden Geister und Dämonen beschworen, Morde begangen, und nicht zuletzt verfallen die Hauptfiguren – das Ehepaar Macbeth – zunehmend dem Wahn. Alles beginnt, als Macbeth und sein Freund Banquo auf drei Hexen treffen, die ihnen eine glorreiche Zukunft prophezeien: Sie grüßen Macbeth nicht nur als Thane of Glamis, als hochrangigen Lehnsmann des Königs, sondern als den künftigen König von Schottland! Sein Freund Banquo hingegen werde Stammvater eines Königsgeschlechts sein.
Die anfängliche Irritation weicht bald einer wahnhaften Leidenschaft, als Macbeth von den Thanen Ross und Angus erfährt, dass er tatsächlich mit dem Fürstentitel eines Than von Cawdor (Thane of Cawdor) geehrt wurde. Der erste Teil der Weissagung hat sich also bereits erfüllt. Und als er hört, dass König Duncan außerdem bald zu Gast bei ihm sein wird, nimmt unter dem Einfluss seiner machthungrigen Ehefrau ein grausiger Plan Gestalt an. Lady Macbeth wird die Wachen mit einem Schlaftrunk betäuben und dann eine Glocke als das vereinbarte Zeichen läuten.
Macbeth ermordet Duncan. Doch noch während die verbrecherischen Eheleute dabei sind, die Spuren zu verwischen und die Mordwaffe einem Unbeteiligten unterzuschieben, begehren die von einem Feldzug zurückkehrenden Gefolgsleute Macduff und Lennox Einlass ins Schloss. Im allgemeinen Trubel erschlägt Macbeth die beiden Diener des Königs als die angeblichen Mörder. Aber gerade diese Tat erregt den Verdacht Macduffs. Unterdessen beschließen die Söhne des toten Königs, der Thronfolger Malcolm und der jüngere Donalbain, außer Landes zu fliehen, um nicht auch noch ermordet zu werden.
Bis hierhin ist Macbeth noch der Getriebene, nicht nur durch seine Frau, sondern auch in Reaktion auf die Entwicklung der Ereignisse. Im dritten Akt beginnt er, aktiv zu handeln. Als neuer König hat er allen Grund, um seine Position zu fürchten. Denn da ist ja noch die zweiter Prophezeiung der Hexen: Nicht ihm, sondern seinem Freund Banquo hatten sie vorhergesagt, Stammvater des Königsgeschlechts zu werden! Das darf nicht sein ... und schon lädt Macbeth den nächsten Mord auf sein Gewissen. Von nun an wendet sich das Blatt. Beim Bankett anlässlich seiner Krönung sieht er plötzlich den Geist Banquos auf seinem Platz sitzen – und seine Gäste wundern sich, dass der neue König vor einem leeren Stuhl zurückschreckt und ein fürchterliches Theater veranstaltet! Ist er wahnsinnig geworden? Die umtriebige Lady Macbeth kann die Situation auch nicht mehr retten. Es hilft nichts: Macbeth muss noch einmal zu den drei Hexen gehen und sich Klarheit verschaffen.
Und tatsächlich: Was die unheimlichen Schwestern ihm nun in Form rätselhafter Visionen zeigen, scheint durchaus auf eine hoffnungsvolle Zukunft hinzudeuten. Erstens: Vor Macduff soll er sich in Acht nehmen. Zweitens: Kein Mensch, der von einer Frau geboren wurde, könne ihn töten. Schließlich, als dritte Vision, sieht er ein gekröntes Kind mit einem Baum in der Hand. Das Versprechen dazu: Er habe nichts zu befürchten, ehe nicht der Wald von Birnam zu seinem Herrschersitz Dunsinane käme. Das heißt: wohl nie, denn Bäume können schließlich nicht laufen ... Beruhigende Prognosen also. Aber die nicht minder rätselhafte Antwort auf die Frage nach Banquos Nachkommen trübt die Stimmung wieder ...
Banquos Sohn Fleance und König Duncans Sohn Malcolm sind dem Königsmörder unterdessen entkommen. Mit Unterstützung des englischen Königs Edward rüsten sie ein Heer gegen den Thronräuber. Der verfällt immer mehr dem Wahn und schreckt auch nicht davor zurück, Lady Macduff und ihre jüngeren Kinder ermorden zu lassen. Lady Macbeth aber kann ihre eigene Schuld an all den Morden nicht mehr ertragen. Sie verfällt dem Wahnsinn und bringt sich selbst um. Macbeth bleibt allein auf seiner Burg Dunsinane zurück, ein verbitterter Tyrann, dem Wahnsinn näher als dem Leben.
Und dann erfüllt sich eine weitere Prophezeiung: Der Wald von Birnam kommt nach Dunsinane!
Natürlich nicht der ganze Wald. Es sind die Kämpfer des rechtmäßigen Thronerben Malcolm, die sich mit Ästen und Zweigen aus eben jenem Wald getarnt der Burg unbemerkt genähert haben! Im Zweikampf trifft Macbeth schließlich auf seinen Widersacher Macduff. Höhnisch wirft er ihm die letzte noch offene Prophezeiung entgegen: Kein Mensch, der von einer Frau geboren wurde, könne ihn töten! Doch er erhält die passende Antwort von Macduff: Er sei nicht „geboren“, sondern seiner Mutter „vor der Zeit“ aus dem Bauch geschnitten worden!
Das Stück endet mit der Krönung des rechtmäßigen Königs. So wird die gottgewollte herrschaftliche Ordnung wiederhergestellt. Shakespeare, der zu jener Zeit den King’s Men angehörte – der persönlichen Schauspieltruppe des Königs – hielt mit dieser Geschichte ein Plädoyer für Königstreue, gegen Verrat und für die Idee eines von Gott bestimmten Königs. Da Macbeth gegen all diese Werte verstößt, muss er am Ende sterben. Die Botschaft dürfte dem damaligen König von England, Jakob I., als er das Stück 1611 in London sah, gefallen haben.
Das Stück Macbeth setzt sich unter anderem mit der damaligen Gesellschaftsstruktur auseinander. Die Menschen dieser Zeit glaubten fest daran: Auf Erden sollte der König nach dem Willen Gottes als sein Vertreter das Zepter führen. Der Königsmord wird vor diesem Hintergrund zur größtmöglichen Sünde – nicht nur an einem Menschen, sondern an Gott selbst. Im Zuge dessen geht es auch um die Leidenschaften des Menschen, die als zerstörerische Elemente wirken können. Schließlich wandelt sich Macbeth erst vom treuen Vasallen zum Mörder, als ihn Machthunger und Ehrgeiz überwältigen. In der Figur der Lady Macbeth werden diese fatalen Emotionen weiter auf die Spitze getrieben. Sie kollidieren mit dem damaligen Bild der Frau, die eine gehorsame und gottesfürchtige Hüterin der Familie zu sein hatte. Doch Lady Macbeth vereint zwanghafte Ideen und geradezu dämonische Züge und personifiziert den ultimativen Verstoß gegen Gottes Plan. In ihrem berüchtigten Monolog, in dem sie Geister und Dämonen aufruft, „ihr Blut zu verdicken“ und sie zu „entweiben“, erfährt ihr Wahn ihren Höhepunkt. Überhaupt nehmen Geister, Hexen und dunkle Mächte einen wichtigen Stellenwert in dem Stück Macbeth ein. Die Menschen damals glaubten an ihre Existenz als Manifestationen des Teufels. So lassen sich die drei Hexen, die mit ihrer Prophezeiung die schrecklichen Ereignisse in Gang setzen, als teuflische Verführer und Manipulierer deuten. Immerhin sagen sie es selbst im ersten Akt, dass ihre Worte nicht für bare Münze zu nehmen sind, wenn sie rufen: „Schön ist häßlich, häßlich schön. Schwebt durch Dunst und Nebelhöhʼn!“
Fehlgeleiteter Ehrgeiz, Machtgier und Verrat sind die zentralen Themen der Tragödie „Macbeth“ (Originaltitel: The Tragedy of Macbeth), in der der Königsmörder selbst zur Hauptfigur wird.
Geister, Hexen und Dämonen machen Macbeth zu einem der finstersten Stücke, die Shakespeare je geschrieben hat.
Shakespeare, der zu jener Zeit der Schauspieltruppe des Königs angehörte, hielt mit Macbeth ein Plädoyer für Königstreue.
Erstveröffentlichung: 1623 (verfasst um 1606; Uraufführung um 1611)
Seit 1908 sind etliche Verfilmungen unter Leitung namhafter Regisseure entstanden, darunter Orson Welles und Roman Polanski. Die jüngste Adaption mit Denzel Washington als Hauptdarsteller wurde 2021 beim New York Film Festival erstmals gezeigt.
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Richtige Antworten:
1. C) Tragödie
2. A) Den König ermorden
3. C) Es ist besonders düster und brutal
4. B) Lady Macbeth
5. D) Überzogener Ehrgeiz, Verrat und Königsmord
Das Stück „Macbeth“ dreht sich um überzogenen Ehrgeiz, Verschwörung und Königsmord. Verrat und Illoyalität ziehen Tod und Strafe nach sich – das sind die Kernthemen von Shakespeares Tragödie, in der ein adeliger Feldherr (Than) zum Königsmörder wird. Am Ende besteigt der rechtmäßige König den Thron, die Ordnung im Staat wird wieder hergestellt.
Ja. In Shakespeares Tragödie geht es um eine Unterhöhlung aller Werte und Hierarchien, die damals als gottgegeben galten – deshalb führen Macbeths Ausbruch aus diesem System, sein Verrat und seine Skrupellosigkeit zu seinem Niedergang als Antiheld. Shakespeare zeigt in diesem wohl finstersten seiner Dramen, wohin es den Menschen führt, wenn er seinen fehlgeleiteten Emotionen und übertriebenen Ambitionen folgt.
Ja, allerdings nicht so, wie Shakespeare ihn in seiner Tragödie charakterisiert. Der echte Macbeth (der Name bedeutet „Sohn des Lebens“) war ein schottischer König, der von 1040 bis 1057 regierte. Zuvor hatte er tatsächlich seinen Vorgänger Duncan I. getötet, allerdings in einem offenen Kampf, nachdem dieser ihn angegriffen hatte. Duncans Sohn Malcolm versuchte später, mithilfe eines Wikingerfürsten den Thron zurückzuerobern. Beiden gelang es, zunächst den Süden Schottlands einzunehmen. 1057 wurde König Macbeth von seinem Widersacher in der Schlacht von Lumphanan getötet, und dieser bestieg als Malcolm III. den schottischen Thron.
In den ersten Teilen des Dramas manipuliert Lady Macbeth ihren noch schwankenden Mann so, dass er den Königsmord und weitere Verbrechen bis hin zur Ermordung der kleinen Kinder seines Widersachers Macduff begeht. Allmählich aber wird sie zur passiven und entsetzten Beobachterin, während er zunehmend selbst die Initiative ergreift. Ihre Schlafwandel-Szene im fünften Akt des Stücks definiert den Wendepunkt. Ihre Schuldgefühle treiben sie in den Wahnsinn und sie stirbt abseits der Bühne. Ihr Tod wird im Stück nicht als Selbstmord gespielt, sondern nur als Nachricht überbracht.
Im Stück lässt sich der Titelheld von drei Hexen die Zukunft weissagen, versteht aber die Botschaften unvollständig oder gänzlich falsch. Zum Beispiel enthält die Prophezeiung, er werde König sein, auch den Hinweis, dass er es nicht bleiben wird. „Hexen“ ist allerdings nicht der genaue Begriff für jene Naturwesen, die Shakespeare in seinem Stück agieren lässt. Im altenglischen Originaltext werden sie als „The Weird Sisters“ bezeichnet, was auf Deutsch ungefähr „die unheimlichen Schwestern“ bedeutet. In einigen Transliterationen findet sich auch der Begriff „Schicksalsschwestern“.
Einem alten Aberglauben zufolge soll Shakespeare für die Texte seiner Hexen „echte“ Beschwörungsformeln verwendet haben. Diese „Zaubersprüche“ sollen angeblich auch beim Rezitieren auf der Bühne ihre dunkle Magie entfalten. Manche glauben auch, dass Englands Hexen vor lauter Zorn über den „Diebstahl“ ihrer Zaubersprüche das ganze Stück verflucht haben.