(12076)

Kostenlos im App Store laden

Schicksalssinfonie

So pocht das Schicksal an die Pforte
Das Bild zeigt eine Illustration von Ludwig van Beethoven auf dem Sterbebett, umgeben von Kerzenlicht. Er liegt in einem dunklen Raum, und ein geöffneter Flügel steht neben dem Bett.
0:00
-0:00
Inhalte

Intro

Vier Töne. Kaum eine andere Tonfolge ist weltweit so bekannt. Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67 ist ein revolutionäres Werk und ein Aufruf, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Nach dieser Story weißt du, warum Beethoven das beste Beispiel dafür ist, dass wirklich alles möglich ist, und warum seine „Schicksalssinfonie“ durch die Weiten des Weltalls schwebt.

Kapitel 1: Beethoven für Aliens

5. September 1977: Die Raumsonde Voyager 1 startet ihren Erkundungsflug ins All. Mit an Bord ist eine vergoldete Kupferplatte als Botschaft an außerirdische Zivilisationen. Denn für den Fall, dass irgendwo da draußen im All intelligentes Leben existiert, enthält die Kupferschallplatte Informationen für den ersten Kontakt. Auf dieser sogenannten „Voyager Golden Record“ befinden sich Bild- und Audiodateien, die das Leben auf der Erde repräsentieren sollen. Das Plattencover erklärt in Zeichensprache, wie sich die Platte mithilfe des beiliegenden Tonarms abspielen lässt. Auf ihr befinden sich gesprochene Grüße in 55 Erdsprachen, Klänge der Natur wie Wind, Walgesänge oder ein Herzklopfen; mechanische Geräusche wie eine Dampflokomotive oder Morsezeichen; und natürlich auch Musik – aus verschieden Ländern und verschiedenen Zeiten der Erde. Der deutsche Komponist Ludwig van Beethoven ist sogar gleich zweimal auf der Platte vertreten: unter anderem mit dem ersten Satz seiner Sinfonie Nr. 5. Mit etwas Glück bringt eine außerirdische Lebensform sie irgendwann einmal zum Erklingen, irgendwo in den unendlichen Weiten des Weltalls.

Letter Y representing our logo with the text YUNO below

Die erste App, die dich wirklich schlauer macht.

Jetzt runterladen!

Kapitel 2: Schicksalhafter Höhenflug

„Wahre Kunst bleibt unvergänglich“ sagte Ludwig van Beethoven einst. Mit seiner Musik wollte er sich einen Platz in der Ewigkeit sichern. Und seit über 40 Jahren schwebt sie im All. Unvergänglich ist die Platte der Voyager 1 zwar nicht, aber mit einer geschätzten Haltbarkeit von 500 Millionen Jahren kommt sie schon nah heran. Und mit ihr schwebt auch Beethovens 5. Sinfonie Richtung Unendlichkeit. Jene Sinfonie, die an die Schöpferkraft des Menschen appelliert, an seine göttliche Fähigkeit, das Schicksal selbst zu gestalten. So lautet die moderne Interpretation dieses Werks aus der Feder eines Menschen, der zeitweise selbst am eigenen Schicksal verzweifelte.  
Beethoven wurde von Krankheiten und inneren Dämonen gequält. Ein erschütterndes Zeugnis darüber legt ein Brief ab, den der erst 31-jährige Beethoven 1802 von einem Kuraufenthalt in Heiligenstadt an seine Brüder schrieb und der als „Heiligenstädter Testament“ in die Musikgeschichte einging. In ihm beklagt er seinen zunehmenden Gehörverlust, den die Ärzte nicht aufhalten konnten. Was kann es Schlimmeres für einen Pianisten geben, als die Musik nicht mehr hören zu können? Beethoven dachte über Selbstmord nach, er sah keine Hoffnung mehr, „sie muß mich nun gänzlich verlassen, wie die Blätter des Herbstes herabfallen, gewelkt sind [...] – selbst der hohe Muth – der mich oft in den schönen Sommertägen beseelte – er ist verschwunden“.

Es war die Liebe zur Kunst, die ihm immer wieder neuen Lebenswillen schenkte. „Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiß nicht“, hatte er schon 1801 einem Freund in Bonn geschrieben. Und er komponierte weiter: Sinfonien, Klaviersonaten, visionäre Streichquartette und seine einzige Oper „Fidelio“. Er hörte sie in seinem Kopf. Die Kunst, so glaubte er, könne ihm Flügel schenken, die ihn über sein weltliches Schicksal erheben, hoch hinaus in die Luft. Beethoven war sich sicher: „Ich werde sie finden, diese Flügel!“

Kapitel 3: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Vier Töne bilden das zentrale Motiv der 5. Sinfonie: das weltberühmte „Klopf-Motiv“, auch „Schicksalsmotiv“ genannt. Nach dem eingängigen Anfang im ersten Satz (dem Kopfsatz) zieht es sich in verdichteter Form durch die Stimmen des Orchesters. Dieses Motiv ist kaum eine Melodie. Allein der Rhythmus gibt den Wiedererkennungseffekt:  „ta-ta-ta-taaa“. Kurz – kurz – kurz – lang. Wer sein Gehör schulen will, kann sich durch die gesamte Sinfonie auf die Suche nach dem Motiv begeben. Es spielt eine wegweisende Rolle in der Sinfonie, und Beethoven variiert und versteckt es auf vielfältige Art. 

„So pocht das Schicksal an die Pforte“, soll der Komponist über dieses weltberühmte Eröffnungsmotiv seiner Fünften Sinfonie gesagt haben – so schrieb es zumindest sein Sekretär Anton Schindler in seine Beethoven-Biografie. Heute wird die Glaubwürdigkeit dieses Zitats stark bezweifelt, doch es hielt sich hartnäckig genug, dass die 5. Sinfonie den Beinamen „Schicksalssinfonie“ erhielt – Jahre nach Beethovens Tod allerdings.

Nach der Einleitung variiert ein Horn das „Schicksalsmotiv“. Das Horn diente zu allen Zeiten dazu, Botschaften über große Entfernungen zu übermitteln – es kündigte die Postkutsche an, erklang beim Militär oder auf der Jagd. Bei Beethoven leitet es zu einem neuen, hoffnungsvolleren Teil über, der wohl die Sehnsucht nach Harmonie und Frieden symbolisiert. Dieser zerbrechliche Zustand währt jedoch nicht lange: Das „Schicksalsmotiv“ nimmt schnell wieder Fahrt auf, wird kräftiger und ist im Verlauf des Satzes kaum zu bremsen. Die Hoffnung scheint ihre letzten Atemzüge zu tun, während das Schicksal sie unerbittlich am Boden zu halten sucht. Aber die Hoffnung ist noch nicht erloschen. Der Kampf geht noch über drei weitere Runden.

Kapitel 4: Die Revolution im Geiste

Beethovens Fünfte sollte Mut machen und Hoffnung schenken. In seiner Außenwelt spiegelte sich der Schicksalskampf wider: Zur Zeit der Französischen Revolution rebellierten Bürger gegen Klassenunterschiede und Unterdrückung für den Traum von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Beethoven war ein Anhänger der Ideen und Ideale, die diese Bewegung inspirierten. Dazu gehört die Ansicht, dass nur durch die Revolution im Geiste auch die Revolution auf den Straßen gewonnen werden könne. Jeder besitze die schöpferische Kraft, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Dieser Gedanke findet sich immer wieder in Beethovens Musik, in seinem Leben, in seinem Kampf gegen das eigene Schicksal. Selbstbestimmung und Freiheit, so glaubte er, könnten nur erreicht werden, wenn der Mensch bereit ist, das Leid anzunehmen und zu überwinden. 

Beethoven vertont diesen geistigen Prozess in seiner 5. Sinfonie zu einer musikalischen Heldenreise – ganz nach der lateinischen Redewendung „per aspera ad astra“ – frei übersetzt: „Auf rauen Pfaden gelangt der Mensch zu den Sternen“. 

Und nach dieser Devise verläuft auch die Sinfonie: Über 30 Minuten steuert sie auf den erlösenden Höhepunkt zu. Ein derart langer Spannungsverlauf bis zum Happy End war in der Musikgeschichte neu für klassische Sinfonien.

Kapitel 5: Der Weg zu den Sternen

Die 5. Sinfonie spiegelt eine innere Entwicklung wider. Nach dem unerbittlichen Allegro con brio („schnell mit Schwung“ bzw. „mit Feuer“) des ersten Satzes folgt ein melodischer zweiter Satz (Andante con moto; „ruhig gehend mit Bewegung“). Auffällig unbeschwert und ruhig wiegen sich die Streicher anfangs im Takt. Doch für Entspannung ist es in Beethovens Schicksalskampf noch zu früh. Die Spannung wird gehalten, indem die Idylle regelmäßig durch lautstarke Revolutionsfanfaren unterbrochen wird: Raus aus der Komfortzone! Es wird zum Handeln aufgerufen. Die Nähe zur Militärmusik der Französischen Revolution ist an vielen Stellen der Sinfonie offenkundig. In der Fanfare klingt der Charakter der französischen Nationalhymne, der „Marseillaise“, mit. 

Der dritte Satz (Allegro; „schnell“) gilt in Sinfonien meist als Vorbereitung auf das große Finale. Beethoven aber brach auch hier mit Konventionen: Es gibt keine Trennung zwischen dem dritten und dem finalen vierten Satz. Statt ihrer komponierte er eine Überleitung, die im Dunkel beginnt und mit Beginn des vierten Satzes buchstäblich explodiert. Die Spannung wird stetig aufgebaut und entlädt sich im Sturm des Finales. Es klingt wie ein feierlicher Siegeszug und gleicht den Triumphgesängen der Französischen Revolution. Gleich einer Hymne marschiert die Sinfonie in eine neue, selbstbestimmte Welt. Der erlösende Höhepunkt ist erreicht – über raue Pfade zu den Sternen in nur vier Sätzen. 

Dabei zögert Beethoven das Ende mehrmals hinaus. Nach jedem scheinbaren Schlussakkord dreht er noch eine Runde. So, als greife er nach der Unendlichkeit, als steige er immer weiter auf.

Und auch der Komponist selbst hat es geschafft: Selbst der Tod konnte seinen Aufstieg nicht stoppen. Beethoven hat seine Flügel gefunden, die ihn zu den Sternen tragen. Mit jeder Generation wuchsen der Einfluss seiner Musik und die Verehrung seiner Person. Sein Leitgedanke, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und immer wieder über sich hinauszuwachsen, inspiriert die Menschen noch heute  – weltweit und vielleicht sogar darüber hinaus. Ein Blick in die Sterne lässt hoffen: Beethoven bleibt unvergänglich: Ein Ende ist nicht in Sicht.

Zusammenfassung

  • Beethovens 5. Sinfonie (Symphony no. 5 in c minor) trägt den Beinamen „Schicksalssinfonie“. Diesen erhielt es jedoch nicht von Beethoven selbst, wie wir heute wissen.

  • Die Sinfonie hat vier Sätze und wurde vor allem in der Romantik als Schicksalskampf vom Leid bis zur Erlösung interpretiert. 

  • Die Tonfolge des Eröffnungsmotivs („ta-ta-ta-taaa“) wird auch „Schicksalsmotiv“ genannt; heute ist auch die Bezeichnung „Klopf-Motiv“ üblich. Es durchzieht den gesamten ersten Satz der Sinfonie und wird im weiteren Verlauf teils versteckt wieder aufgenommen.

  • Beethoven verarbeitete in seiner 5. Sinfonie Elemente der französischen Revolutionsmusik.

  • Beethovens 5. Sinfonie wurde am 22. Dezember 1808 in Wien zusammen mit ihrem Schwesterwerk, der 6. Sinfonie (Pastorale) und weiteren Musikstücken Beethovens uraufgeführt.

  • Auf Tonträger fliegt sie seit mehr als 40 Jahren mit der unbemannten Raumsonde Voyager 1 durchs All. Sie ist Teil einer Klang- und Bildsammlung über das Leben auf der Erde.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wer komponierte die „Schicksalssinfonie“?
    1. A) Johann Sebastian Bach
    2. B) Wolfgang Amadeus Mozart
    3. C) Ludwig van Beethoven
    4. D) Anton Bruckner
  2. Wie wird das berühmte Eingangsmotiv von Beethovens Sinfonie Nr. 5 genannt?
    1. A) „Ouvertüre“
    2. B) „Schicksals-“ oder „Klopf-Motiv“
    3. C) „Eroica“
    4. D) „Posaunen von Jericho“
  3. Mit welchem Instrument wurden früher wichtige Botschaften verkündet?
    1. A) Horn
    2. B) Oboe
    3. C) Pauke 
    4. D) Querflöte
  4. Mit welchem geschichtlichen Ereignis ist Ludwig van Beethovens „Schicksalssinfonie“ verknüpft?
    1. A) Völkerschlacht bei Leipzig
    2. B) Französische Revolution
    3. C) Wiener Märzrevolution
    4. D) Besetzung seiner Geburtsstadt Bonn durch Napoleon
  5. Auf welchem Medium wurde Beethovens „Schicksalssinfonie“ zusammen mit anderen Bild- und Tonaufnahmen 1977 ins All geschickt?
    1. A) Mikrochip
    2. B) CD
    3. C) Kupferplatte
    4. D) Tonbandkassette

Richtige Antworten: 
1. C) Ludwig van Beethoven 
2. B) „Schicksals-“ oder „Klopf-Motiv“ 
3. A) Horn
4. B) Französische Revolution
5. C) Kupferplatte

Mehr Wissen mit Yuno

Höre jetzt deine erste Story und stille deinen Wissensdurst. Kleiner Tipp: Es geht um einen großen Philosophen.

Appstore badgeGoogle Play store badge
4.7/5Aus 12k Bewertungen
Smartphone-Screen zeigt eine Geschichte über Sokrates in der Yuno-App, mit dem Titel 'Er lehrte den Zweifel - und bezahlte mit dem Leben'