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Vertrag von Versailles

Kann das gut gehen?
William Orpen: Vertragsunterzeichnung in der Spiegelgalerie des Schlosses von Versailles 1919.
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Inhalte

Intro

Der Erste Weltkrieg war zu Ende, Deutschland offiziell eine Republik - und im Vertrag von Versailles wurde nun schwarz auf weiß festgehalten, wer die alleinige Schuld an dem jahrelangen Grauen zu tragen hatte ...

Kapitel 1: Ein dünnes Band

Es ist der 28. Juni 1919 und damit der fünfte Jahrestag des Attentats auf Österreich-Ungarns Thronfolger Franz Ferdinand. Im Spiegelsaal von Versailles warten Hunderte Männer gespannt auf die Unterzeichnung des Friedensvertrags. Endlich werden die Deutschen offiziell anerkennen, dass sie ganz allein schuld sind an dem entsetzlichen Krieg. Neben dem französischen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau und dem englischen Premierminister David Lloyd George sitzt auch der amerikanische Präsident Woodrow Wilson mit am grünen Tisch. Er will nichts Geringeres als Frieden unter allen Nationen. Er hat sogar schon eine Friedensordnung entworfen und wiederholt auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker gepocht. Da öffnet sich die schwere Tür. Zwei Männer mit mürrischen Mienen und zackigem Schritt betreten den prunkvollen Saal: der deutsche Außenminister Hermann Müller und sein Kabinettskollege Johannes Bell. Nach harten Diskussionen in der Reichsregierung und einem “Ja” der Nationalversammlung haben sie sich bereiterklärt, diesen Friedensvertrag unter den Blicken der alliierten Sieger zu unterzeichnen. Voller Unbehagen beobachtet der US-Präsident die Szene und muss immer wieder daran denken, was der Franzose Ferdinand Foch während der Pariser Friedenskonferenz gesagt hat: „Das ist kein Friedensschluss. Es ist ein Waffenstillstand für 20 Jahre.“ Wie prophetisch dieser Satz war, kann aber auch Woodrow Wilson in diesem Moment nicht ahnen ...

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Kapitel 2: Demütigung in Vertragsform

Dass das deutsche Kaiserreich den Ersten Weltkrieg verloren hatte, bekamen die beiden deutschen Abgesandten im Schloss von Versailles deutlich zu spüren. Sie mussten als Letzte den Saal betreten, mussten vorbei an fünf Kriegsversehrten mit entstellten Gesichtern, als sollte ihnen noch einmal vor Augen geführt werden, was Deutschland der Welt angetan hatte. Auch den Spiegelsaal als Ort dieser Zeremonie hatte man bewusst gewählt: Denn hier war nach dem Sieg über Frankreich im Jahr 1871 der deutsche Kaiser ernannt und das Deutsche Reich gegründet worden. Nun aber gehörte Frankreich zu den Siegern und diktierte dem Verlierer Deutschland die Friedensbedingungen, die unter den drei großen Siegermächten USA, Großbritannien und Frankreich ausgehandelt worden waren: Deutschland sollte ein Siebtel seines Gebiets abgeben, es sollte entwaffnet werden, Reparationszahlungen leisten, aber vor allem sollte es die alleinige Kriegsschuld übernehmen. Eine weitere Bedingung war bereits im Waffenstillstandsvertrag von Compiègne festgeschrieben worden: Das diktatorisch geführte Deutsche Reich musste zu einer modernen Demokratie werden.

Kapitel 3: Zwischen Dolchstößen und Drohungen

Reparationen, Gebietsabtretungen, Alleinschuld ... Viele Deutsche empfanden es als demütigend, wie die Siegerstaaten mit ihnen umsprangen. Kein Wunder. Schließlich hatte die Öffentlichkeit ja vier Jahre lang nur von grandiosen Siegen und grausamen Feinden gehört. Und die Schuldigen an der schmachvollen Niederlage waren dank der sogenannten Dolchstoßlegende schnell gefunden: Der entmachtete, aber nach wie vor willensstarke Paul von Hindenburg zeigte auf die demokratischen Politiker - allen voran auf Philipp Scheidemann (SPD), der am 8. November 1918 die Republik ausgerufen hatte - und auf die angeblich unmotivierte Zivilbevölkerung. Sie alle seien es gewesen, sie hätten dem unbesiegten deutschen Heer den Dolch in den Rücken gestoßen! Und genau diese dreiste Geschichtsfälschung sollte nur wenige Jahre später auch Adolf Hitler für seine Zwecke einsetzen ...

Im Schloss Versailles aber schlug für die Deutschen erst mal die bittere Stunde der endgültigen Niederlage. Die Bestimmungen des Versailler Vertrages, insbesondere der sogenannte “Kriegsschuldartikel”, waren ein dicker Brocken, den die Deutschen ohne Wenn und Aber zu schlucken hatten. Immerhin saßen die Alliierten in jeder Beziehung am längeren Hebel. Noch immer blockierten englische Schiffe die Nordsee, und an der deutsch-französischen Grenze standen alliierte Truppen zum Einmarsch bereit, sollten sich die deutschen Gesandten weigern, das Abkommen zu unterschreiben. Dieser Drohung bedurfte es jedoch nicht: Die Deutschen unterschrieben den Friedensvertrag, betrachteten ihn allerdings von Anfang an als „Schandfrieden“. Sogar Reichministerpräsident Gustav Bauer (SPD) sprach vom “Unrechtsfrieden”.

Kapitel 4: Vertrag mit Folgen

Ja, der Friedensvertrag von Versailles verlangte Deutschland einiges ab: Dass es besetzte Gebiete zurückgeben musste, versteht sich von selbst. Darüber hinaus musste Deutschland auf wirtschaftlich wichtiges Staatsgebiet verzichten – zum Beispiel fielen große Teile Westpreußens an Polen, Elsass-Lothringen ging an Frankreich, und das Saargebiet wurde dem Völkerbund unterstellt. Neben diesen Gebietsverlusten wurde Deutschland gezwungen, seine Kriegsschiffe, Flugzeuge und schweren Landwaffen abzuliefern. Es durfte nur noch eine Reichswehr mit weniger als 100.000 Mann haben. Und last but not least hatte die junge Republik für sämtliche Kriegsschulden aufzukommen. Nicht wenige Deutsche fühlten sich deshalb regelrecht versklavt. Dabei kam Deutschland im Grunde noch glimpflich davon, denn die Republik wurde weder in lauter Einzelregionen zerschlagen noch in großem Maßstab von feindlichen Truppen besetzt.

Unterdessen versank das Nachkriegseuropa im Chaos: Monarchien zerbrachen, Hunger und Seuchen beherrschten den Alltag der Menschen. Epidemien wie die Spanische Grippe sollen sogar noch mehr Menschenleben gefordert haben als der Erste Weltkrieg selbst. Die Wirkungen des Versailler Vertrags aber reichten über Europa hinaus: In Asien, Afrika und Arabien zogen Franzosen und Briten neue, oft willkürliche Ländergrenzen.

Der Versailler Vertrag war zwar der offizielle Schlusspunkt hinter dem Ersten Weltkrieg. Die Not der deutschen Bevölkerung aber beendete er nicht. Er wurde vielmehr zu einer schweren Hypothek für die Republik, die mit Ende des Krieges gegründet worden war: die Weimarer Republik, die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland ...

Zusammenfassung

  • Der Friedensvertrag von Versailles wies Deutschland die alleinige Kriegsschuld zu. Deshalb hatte Deutschland auch sämtliche Kriegsschulden zu bezahlen.

  • Der Versailler Vertrag verlangte nicht nur die Abtretung wichtiger Gebiete im Westen und Osten, er verbot Deutschland auch jeglichen Besitz schwerer Waffen sowie eine Armee mit mehr als 100.000 Mann. 

  • Der Versailler Vertrag wurde von vielen Deutschen als demütigend empfunden und war eine große Hypothek für die frisch gegründete erste Demokratie in Deutschland: die Weimarer Republik.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wo wurde der Friedensvertrag der Alliierten mit Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg unterzeichnet?
    1. A In der Westminster Abbey
    2. B In der Pariser Oper
    3. C Im Schloss von Versailles
    4. D Im Weißen Haus
  2. Wer waren die drei großen Siegermächte nach dem Ersten Weltkrieg?
    1. A Russland, Italien, USA
    2. B USA, Frankreich, Großbritannien
    3. C Großbritannien, Belgien, Frankreich
    4. D Frankreich, Osmanisches Reich, USA
  3. Als was bezeichneten viele Deutsche den Friedensvertrag von Versailles, der am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde?
    1. A Schandfrieden
    2. B Eintrittskarte zum Zweiten Weltkrieg
    3. C Fesselfrieden
    4. D Knebelvertrag

Richtige Antworten:
1. C Im Schloss von Versailles
2. B USA, Frankreich, Großbritannien
3. A Schandfrieden

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