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Cicero

Er hat die griechische Philosophie nach Rom geholt
Marcus Tullius Cicero, ancient Roman statesman in a toga, oil painting, warm golden light highlighting his dignified expression, classical Roman color palette with deep reds and earth tones, composition: medium close-up shot using a 50mm lens to create a sense of intimacy
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Intro

Dieser kluge Ritterssohn machte eine Bilderbuchkarriere im Römischen Reich. Er war ein begnadeter Redner, was er als Anwalt und Politiker bestens zu nutzen wusste. Vor allem aber sorgte Cicero dafür, dass seine Landsleute die griechische Philosophie kennenlernen konnten.

Kapitel 1: Angriff ist die beste Verteidigung

Die Zuschauer drängeln und schubsen, um noch schnell einen Platz zu ergattern. Es ist ein spektakulärer Prozess: Der Angeklagte Sextus Roscius soll den eigenen Vater, einen bekannten Millionär, aus Habgier ermordet haben! Die Anklage ist sich ihrer Sache sicher – bis ein junger, noch unbekannter Anwalt die Verteidigung des Angeklagten übernimmt. Selbstbewusst wirft er die entscheidende Frage auf: „Cui bono?“ (ins Deutsche übersetzt: „Wem nützt es?“). Und dann deckt er nach und nach auf, dass das Millionenerbe gar nicht dem verdächtigten Sohn zufallen wird, sondern zwei Verwandten und einem skrupellosen Politiker. 

Die Zuschauer sind beeindruckt: Dieser junge Anwalt verteidigt, indem er angreift. Redegewandt beweist er die Unschuld des Angeklagten und benennt die wahren Schuldigen. So etwas haben die Römer noch nicht erlebt: Da wendet sich tatsächlich jemand gegen die korrupten Mächtigen, um einen Unschuldigen zu retten!

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Kapitel 2: Kluger Kopf und Kämpfer für die Republik

Dieser Gerichtsprozess fand im Jahr 80 v. Chr. statt, und er war der Startschuss für die beispiellose Karriere von Marcus Tullius Cicero. Er war gerade erst 26 Jahre alt, als er mit seiner ausgefeilten Verteidigungsrede für Sextus Roscius dessen Freispruch erreichte. Zehn Jahre später gewann er als Ankläger den Prozess gegen Gaius Verres, der als Statthalter von Sizilien durch Korruption und Erpressung einige Millionen Sesterzen ergaunert hatte. Schon bald nannten Ciceros Zeitgenossen den begabten jungen Anwalt einen „König vor Gericht“. So raffiniert waren seine Plädoyers, dass er als der wohl berühmteste Redner Roms in die Geschichte eingegangen ist.

Klar, dass er dieses Talent nicht nur vor Gericht geschickt einzusetzen wusste. Es half ihm auch in seiner Laufbahn als Politiker. Im Jahr 63 v. Chr. gelang es ihm sogar, Konsul zu werden und sich somit das höchste Staatsamt der Römischen Republik zu sichern. Sein unterlegener Konkurrent Lucius Sergius Catilina war darüber so wütend, dass er eine Verschwörung anzettelte, um die Regierung zu stürzen. Aber er hatte die Rechnung ohne Cicero gemacht. Akribisch sammelte er Beweise und deckte die Pläne auf. Der Senat empfahl in einem Notstandsbeschluss die Todesstrafe für fünf Verschwörer – und der frischgebackene Konsul ließ sie unverzüglich hinrichten. Ohne Gerichtsverhandlung. Das sollte ihm noch großen Ärger einbringen. Vorerst aber wurde er für seine Verdienste um die Republik mit Lob überhäuft und als Retter bzw. „Vater des Vaterlandes“ („Pater patriae“) gefeiert.

Kapitel 3: Republik in der Krise

Konsul, das war man in der Römischen Republik grundsätzlich nur für ein Jahr. Diese Regelung sollte verhindern, dass ein Einzelner auf Dauer zu viel Macht ausüben konnte. Dennoch war die Römische Republik keine Demokratie im heutigen Sinne, wie wir sie in Deutschland haben. Cicero beschrieb sie in seinen späteren Werken als eine Mischform aus Demokratie, Monarchie und Aristokratie: Die mächtigen Konsuln bildeten das monarchische Element. Den Senat – das eigentliche Machtzentrum der Republik – stellte die Aristokratie. Und die Volksversammlung verkörperte das demokratische Element.

Laut Cicero existierten in der Römischen Republik also drei Herrschaftsformen nebeneinander – und genau das machte sie aus seiner Sicht zur idealen Staatsform. Auf dem Papier zumindest. Denn eben diese Republik befand sich bereits in der Krise. Seit Jahrzehnten wurde sie von Bürgerkriegen erschüttert, in denen es zunehmend um das Streben einiger machthungriger Männer nach der Alleinherrschaft ging. Cicero kämpfte leidenschaftlich für den Erhalt der bedrohten Republik – in seinen Reden und auch durch Taktieren, was Kritiker ihm als Opportunismus ankreideten. Er aber wollte eine Diktatur verhindern. Damit verscherzte er es sich zunächst mit Iulius Caesar, der sich kurz darauf zum „Diktator auf Lebenszeit“ ernennen ließ. Und nach dessen Ermordung 44 v. Chr. sollte er sich auch noch mit dem herrschsüchtigen Marcus Antonius anlegen, der sich als Caesars Nachfolger betrachtete. Konnte das gut gehen?

Kapitel 4: Geächtet

Cicero hatte einflussreiche Gegner, die nicht untätig blieben. Die voreilige Hinrichtung der fünf Catilina-Verschwörer während seines Konsulats bot ihnen einen willkommenen Anlass, ihn juristisch aus dem Feld zu schlagen: 58 v. Chr. erwirkten sie rückwirkend ein neues Gesetz, wonach jeder, der für den Tod eines römischen Bürgers ohne Gerichtsverhandlung verantwortlich war, auf die Liste der geächteten Personen gesetzt wurde. Das bedeutete den Verlust aller Bürgerrechte und Besitztümer, Verbannung und oft genug auch den Tod, denn jeder Römer durfte einen Geächteten ungestraft umbringen. Cicero floh ins griechische Thessaloniki, wobei er Frau und Kinder zurückließ. Seine Landgüter wurden geplündert, sein Wohnhaus niedergebrannt.

Im Jahr darauf durfte er zwar wieder nach Rom zurückkehren und bekam einen Teil seines Besitzes zurück. Aber sein politischer Einfluss war dahin. Fortan widmete er sich vorrangig der Schriftstellerei. Seine Themen waren die Redekunst, der ideale Staat – und die griechische Philosophie.

Kapitel 5: Zeitenwende der Philosophie

Als Sohn eines Ritters gehörte Cicero der zweithöchsten Gesellschaftsschicht an. Er hatte eine hervorragende Ausbildung genossen und schon früh die griechische Sprache gelernt, die im ersten Jahrhundert v. Chr. noch eine Weltsprache war. So war es ihm möglich, sich die berühmte Redekunst der Griechen und ihre verschiedenen philosophischen Schulen aus erster Hand anzueignen – auf einer monatelangen Bildungsreise nach Athen und Rhodos. Denn damals war das Römische Reich zwar militärisch allen anderen Staaten überlegen, doch mit den kulturellen Errungenschaften der Griechen konnte es nicht mithalten.

Es war Cicero, der die Philosophie nach Rom holte, indem er die Ideen und Lehren der bedeutendsten philosophischen Schulen Griechenlands ins Lateinische übersetzte. Man kann sich kaum vorstellen, was für eine schwere Aufgabe dies bedeutete. Hier half Ciceros Sprachgenie weiter: Er musste immer wieder neue Begriffe und Formulierungen erfinden – denn so etwas wie Philosophie gab es im Lateinischen noch nicht. Mit Cicero begann sie in das Römische Reich und in die lateinische Sprache abzuwandern. Sein schriftliches Werk läutete die Blütezeit der römischen Philosophie und Literatur ein. So wurde er, wie der Römer Plinius der Ältere sagte, zum „Vater der lateinischen Literatur“. Seine Schriften sollten für viele Jahrhunderte die Wahrnehmung der griechischen Philosophie in Europa prägen. Und nicht nur das. Ciceros geschliffener Stil wurde zur Referenz, zum Vergleichsmaßstab für das klassische Latein – die neue Weltsprache der Gebildeten.

Kapitel 6: Philosoph aus Überzeugung

Ciceros Stärke lag nicht in der Ausbildung einer eigenen Lehre. Sein Ziel war es, mit größter Sorgfalt die Gedanken der drei dominantesten Schulen der griechischen Philosophie darzustellen: der Akademie, die auf Platon zurückging, der Stoa, die mit Zenon von Kition begann, und des Kepos, der von Epikur begründet wurde. Viele ihrer Gedanken sind uns nur durch Ciceros schriftstellerische Arbeit überliefert. Fast 20 Bücher soll er mit diesem Stoff gefüllt haben, von denen uns auch die meisten erhalten geblieben sind. Es sind überwiegend Dialoge, in denen die philosophischen Ideen nach dem Vorbild Platons in der Form eines offenen Gesprächs diskutiert werden. Sie führen nicht immer zu einem definitiven Schluss, sondern wägen ab, widerlegen und verteidigen. Auf diese Weise vermittelte er die Philosophie der Griechen in einer lebendigen und kreativen Form. Seine „Gespräche in Tusculum“, in denen er Themen wie die Tugend als Fundament des Glücks und den Umgang des Menschen mit Tod und Leid diskutiert, sind das wohl meistgelesene seiner philosophischen Werke.

Dabei wird auch deutlich, dass Cicero selbst die skeptische Ansicht vertrat, dass wir nie zu endgültigen Wahrheiten kommen, sondern allenfalls zu Wahrscheinlichkeiten: Wir können uns der Wahrheit nur annähern. Das Neue an Ciceros Dialogen ist aber auch, dass er die verschiedenen Schulen in der Gestalt seiner Dialogpartner miteinander diskutieren lässt.

Kapitel 7: Republikaner durch und durch

Die Philosophie war für Cicero der Dreh- und Angelpunkt, um die Fragen zu beantworten, die ihn am meisten beschäftigten. Die eine lautete: Wie sieht der perfekte Staat aus? Die andere: Was macht ein gutes – im Sinne von „richtiges“ – Leben aus? Oder anders ausgedrückt: Was kennzeichnet den idealen Bürger? Cicero betrachtete diese beiden Fragen aber niemals getrennt voneinander. Für ihn gehörten sie zusammen, weil beide Aspekte für politische Kultur und einen guten Staat unabdingbar waren.

Der Staat war für Cicero eine „Res publica“: eine öffentliche Sache, die jeden einzelnen Menschen anging. In seinem mehrteiligen Werk „De officiis“ („Über die Pflichten“) setzte er daher auf die sogenannten Kardinaltugenden, wie sie schon Platon in seiner „Politeia“ aufgeführt hatte: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Und in seiner „De re publica“ („Über das Gemeinwesen“) legte er die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Staatssysteme dar und beschrieb, wie er sich den idealen Staat vorstellte.

Aus Ciceros Sicht war die Römische Republik der ideale Staat. Eigentlich. Denn sie befand sich bereits in der Phase ihres Niedergangs. Schuld daran waren einzelne Politiker, die ihre Macht missbrauchten und die republikanischen Prinzipien mit Füßen traten. Schon den mächtigen Caesar hatte Cicero kritisiert – und nun auch dessen Nachfolger, den ehrgeizigen Feldherrn Marcus Antonius. Cicero wagte es sogar, Antonius in einer ganzen Reihe von Kampf- und Streitreden – den 14 „Philippicae“ – vor dem Senat und der Volksversammlung als Bedrohung für die Republik hinzustellen.

Kapitel 8: Geächtet und ermordet

Ein gefährliches Spiel, denn Marcus Antonius strebte tatsächlich nichts anderes als die Alleinherrschaft an, auch wenn er sich offiziell als Rächer Caesars und Retter der Republik aufspielte. Cicero hatte ihn durchschaut, und tatsächlich überzeugte er den Senat, Antonius am 26. April 43 v. Chr. zum Staatsfeind zu erklären. Nur ließ sich das politisch nicht durchsetzen.

Im November schloss Antonius einen Dreimännerbund mit seinem bisherigen Rivalen Octavian (dem späteren Kaiser Augustus) und dem Feldherrn Lipidus. Dieses sogenannte Zweite Triumvirat riss die Macht an sich, und Antonius ließ Cicero umgehend zur geächteten Person erklären. Damit war dieser von einem Tag auf den anderen völlig recht- und schutzlos – und jedermann durfte ihn ungestraft töten.

Es passierte am 7. Dezember. Antonius’ Häscher ermordeten Cicero unweit von seinem Landsitz bei Formiae. Sein verstümmelter Leichnam wurde ins Zentrum von Rom geschleppt, Haupt und Hände wurden öffentlich ausgestellt – ausgerechnet auf der Rednertribüne, dem Ort seiner mitreißenden öffentlichen Auftritte.

Keine zwei Jahrzehnte nach Ciceros gewaltsamem Tod zerbrach die Republik endgültig – und Rom wurde zu einem Kaiserreich. Der Philosoph und Politiker Cicero musste sterben, weil er sich leidenschaftlich für die Werte der Römischen Republik eingesetzt hatte. Sein Philosophenkollege Seneca hingegen arrangierte sich lieber mit den politischen Gegebenheiten – und stand dann trotzdem einem skrupellosen Machtmenschen im Weg …

Zusammenfassung

  • Marcus Tullius Cicero war ein römischer Anwalt, Politiker und Philosoph, der als berühmtester Redner Roms in die Geschichte eingegangen ist. 

  • Cicero war es, der die griechische Philosophie nach Rom holte, indem er sie ins Lateinische übertrug. Unter anderem schrieb er Dialoge, in denen Vertreter der verschiedenen Philosophenschulen miteinander diskutieren.

  • Der Staat war für Cicero eine „Res publica“: eine öffentliche Sache, die alle Menschen angeht. Das Handeln des Einzelnen sollte sich deshalb an den sogenannten Kardinaltugenden wie Klugheit und Gerechtigkeit ausrichten.

  • Im Namen der Gerechtigkeit scheute Cicero auch nicht davor zurück, sich gegen einflussreiche Politiker zu stellen.

  • Die Römische Republik war für Cicero die ideale Staatsform. Er beschrieb sie als eine Mischverfassung aus demokratischen, monarchischen und aristokratischen Elementen.

  • Zu den bedeutendsten Plädoyers und Reden Ciceros gehören: „Pro Sexto Roscio Amerino“ („Für Sextus Roscio“), „Orationes in Verrem“ („Reden gegen Verres“), „Orationes In Catilinam I-IV“ („Reden gegen Catalina I-IV“) und „Philippicae Marcus Antonius“ („Philippische Reden“).

  • Zu seinen rhetorischen, philosophischen und staatstheoretischen Werken gehören „De inventione“ („Über die Auffindung“) und „De oratore“ („Über den Redner“) sowie „De natura deorum“ („Vom Wesen der Götter“), „De officiis“ („Über die Pflichten“), „Tusculanae disputationes“ („Gespräche in Tusculum“) und „De re publica“ („Über das Gemeinwesen“).

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Wer war Marcus Tullius Cicero? 
    1. A) Maler und Grafiker
    2. B) Schriftsetzer und Drucker
    3. C) Anwalt, Politiker und Philosoph
    4. D) Römischer Kaiser
  2. Für welche intellektuelle Leistung ist Cicero besonders berühmt?
    1. A) Er schrieb den ersten Kriminalroman
    2. B) Er war der erste Philosoph, der römischer Kaiser wurde
    3. C) Er hat die Schrift erfunden
    4. D) Er hat die griechische Philosophie ins Lateinische übersetzt 
  3. Was war neu an Ciceros philosophischen Dialogen?
    1. A) Der Gedankenaustausch zwischen philosophischen Schulen
    2. B) Der Umfang
    3. C) Die juristischen Inhalte
    4. D) Der Aufruf zur Revolution
  4. Cicero war besonders talentiert und erfolgreich als …?
    1. A) Mathematiker
    2. B) Redner
    3. C) Ökonom
    4. D) Arzt
  5. Wie hieß der Mitbewerber um das Amt des Konsuls, dessen Verschwörungspläne Cicero aufdeckte?
    1. A) Ovid
    2. B) Vergil
    3. C) Verres
    4. D) Catilina

Richtige Antworten: 
1. C) Anwalt, Politiker und Philosoph
2. D) Er hat die griechische Philosophie ins Lateinische übersetzt 
3. A) Der Gedankenaustausch zwischen philosophischen Schulen
4. B) Redner
5. D) Catilina

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