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Napoleon Bonaparte

Jetzt greift er nach der Macht
General Bonaparte vor dem Rat der Fünfhundert in Saint-Cloud am 10. November 1799 (Gemälde von François Bouchot aus dem Jahr 1840)
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Intro

Nach dem Terrorregime des Jakobiners Maximilien de Robespierre standen die Franzosen unter Schock. Eine neue Verfassung und fünf gleichberechtigte Direktoren an der Spitze des Staates sollten verhindern, dass sich erneut ein Einzelner zum Diktator aufschwingt. Nach dieser Story weißt du, weshalb trotzdem schon bald wieder ein Alleinherrscher über Frankreich regierte.

Kapitel 1: Diktator gesucht

Frankreich 1799. Wütend schlägt Emmanuel Sieyès, selbst erst kürzlich zum Direktor bestellt, auf den Schreibtisch seines pompösen Büros. Verflucht noch mal, denkt er, diese unfähige Regierung muss endlich von der Bildfläche verschwinden! Schon lange ist ihm das schwächliche Parlament ein Dorn im Auge. Frankreich braucht jemanden, der keine Skrupel hat, gegen Jakobiner, Royalisten und sonstige Extremisten vorzugehen. Am besten wäre ein General, der für Recht und Ordnung sorgt. Joubert hatte bereits zugesagt – aber dann musste der sich ja unbedingt von einer russischen Kugel niederstrecken lassen. Sieyès seufzt und streicht den Namen in seiner Liste durch. Dann wäre da noch Moreau, der clevere Rechtsgelehrte und Schlachtenlenker. Aber der weiß nicht mal, was er selber will. Grimmig streicht Sieyès auch dessen Namen durch. Bleibt eigentlich nur noch General MacDonald. Dumm nur, dass der nichts von Diktaturen hält. Also streicht Sieyès auch diesen Namen. Nachdenklich blickt der Direktor auf den letzten Namen, den er an den Rand gekritzelt hat. Napoléon Bonaparte. Der hatte sich als geschickter Feldherr in Italien einen Namen gemacht. Angeblich ist er zum Putsch bereit, ganz gleich mit wem. Sieyès weiß, dass ihm keine Wahl bleibt. Der Korse ist der Einzige, mit dem der Umsturz gelingen kann. Er ist bereits in Frankreich gelandet und General Moreau hat Sieyès in seiner Meinung bestärkt: „Da haben Sie Ihren Mann. Er macht Ihren Staatsstreich besser als ich.“

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Kapitel 2: Ein holpriger Neuanfang

Fünf Jahre zuvor. Die Schreckensherrschaft der Jakobiner war vorbei, sodass sich die Bevölkerung endlich wieder auf die Straße traute. Doch wie sollte es weitergehen? Schließlich war die Staatskasse immer noch leer, das Land im Krieg mit absolutistisch regierten Nachbarstaaten und von Hungersnöten zerrüttet. Der Nationalkonvent hatte immerhin eingesehen, dass das Regierungssystem unbedingt verbessert werden musste. Kurzerhand wurden die Revolutionstribunale abgeschafft und die radikalen Klubs der Sansculotten und Jakobiner weitestgehend aufgelöst. Der Wohlfahrtsausschuss wurde zunächst entmachtet und 1795 ganz aufgelöst. Um auch die Wirtschaftskrise zu bewältigen, setzte man auf eine Art freie Marktwirtschaft. Das Ergebnis: Reiche Bürger wurden noch reicher, und die breite Masse blieb auf der Strecke. Steuerte Frankreich damit auf einen neuen Umsturz zu? Die Vorzeichen hatten sich allerdings umgekehrt: War zu Beginn der Französischen Revolution lauthals die Absetzung des Königs gefordert worden, so pochten andere nun auf einen neuen König. Lieber einen starken Mann an der Spitze des Staates als ein unentschlossenes Parlament und unwillige Direktoren!

Politiker, die diese Meinung vertraten, wurden „Royalisten“ genannt – ihnen gegenüber standen die „Republikaner“, welche die hart errungene Republik behalten wollten. Wie groß und entschlossen die Anhängerschaft dieser Royalisten bereits war, zeigte sich am 5. Oktober 1795. Der Royalisten-Aufstand konnte jedoch niedergeschlagen werden – mit tatkräftiger Unterstützung eines jungen Generals namens Napoléon Bonaparte.

Kapitel 3: Der Hoffnungsträger

Napoléon Buonaparte, so sein korsischer Geburtsname, war 1769 in Ajaccio auf der Insel Korsika zur Welt gekommen und hatte die königliche Militärschule in der französischen Stadt Brienne als 16-Jähriger mit Bravour abgeschlossen. Bald war er als Patriot bekannt, kämpfte für die Jakobiner unter Maximilien de Robespierre und wurde im Alter von 24 Jahren zum General ernannt.

Unterdessen ging der Staatsumbau munter weiter. Im August 1795 hatte Frankreich eine neue Verfassung bekommen: die sogenannte Direktorialverfassung. Sie sollte verhindern, dass sich wieder ein einzelner Mann der Führung bemächtigte. Deshalb sollten gleich fünf gleichberechtigte Direktoren die Regierung bilden. Die Legislative lag nun bei einem Rat der Alten sowie einem Rat der 500. Aber auch dieses System wies erhebliche Mängel auf, und der Putschversuch der Royalisten am 5. Oktober war ein deutlicher Warnschuss in Richtung Republik. Und einer der fünf Direktoren wollte nicht darauf warten, bis Extremisten den jungen Staat zu Fall brachten. Er hieß Emmanuel Sieyès und war einer der Vordenker der Revolution gewesen, als er 1789 seine Streitschrift über den Dritten Stand veröffentlicht hatte. Hinter den Kulissen plante er jedoch nichts Geringeres als einen Staatsstreich gegen das eigene Regierungssystem und die Einsetzung eines ranghohen Militärs an der Spitze des Staates! Und zwar genau jenes jungen Generals, der nach siegreichem Italienfeldzug gerade im Auftrag des Direktoriums mit einem Expeditionsheer und einer Expertengruppe von 167 Wissenschaftlern, Ingenieuren und Künstlern in Ägypten weilte. Ziel dieser Expedition war es, Ägypten in eine französische Provinz zu verwandeln und die britische Vorherrschaft im Mittelmeerraum zu beenden.

Kapitel 4: Das Ende der Revolution

Anfangs lief auch noch alles nach Plan: Der von Sieyès ausgeklügelte Staatsstreich begann am 9. November 1799 mit einem vorgetäuschten Jakobineraufstand und endete – nicht ohne militärische Gewalt – mit einer neuen Verfassung. Gemäß dieser war Napoléon Bonaparte als Erster Konsul der neue starke Mann an der Spitze des Staates. Und als solcher erklärte er die große Revolution der Franzosen kurzerhand für beendet. Dass Steuereinnahmen und Kriegsbeuten aus eroberten Gebieten die leeren Staatskassen füllten und sich die Wirtschaft ganz langsam zu erholen begann, erwies sich dabei als äußerst nützlich für Napoleon in seiner weiteren Karriere. 1802 ließ er sich nach einer Volksabstimmung zum Konsul auf Lebenszeit ernennen. Und nun krempelte er das ganze Land um. Er zog die Staatsverwaltung auf eine einzige Institution zusammen, modernisierte Justiz und Bildungssystem, führte die allgemeine Wehrpflicht ein – und setzte 1804 ein verbindliches Gesetzeswerk in Kraft: den „Code civil”, auch „Code Napoléon” genannt. Dieses erste bürgerliche Gesetzbuch Frankreichs trug wesentliche Freiheitsgrundsätze der Revolution und war so fortschrittlich, dass große Teile davon auch heute noch in vielen Ländern Gültigkeit haben. Ein Beispiel dafür ist die Trennung von Kirche und Staat. Aber Napoléons Diktatur hatte eine dunkle Kehrseite: Zeitungen wurden zensiert oder verboten, das Volk strengster Kontrolle unterzogen, politische Gegner abgeschoben. Wahlen und Volksabstimmungen fanden nur noch zum Schein statt.

Napoléons Alleinherrschaft erreichte ihren Höhepunkt, als er sich am 2. Dezember 1804 in der Kathedrale Notre-Dame in Paris eigenhändig zum Kaiser der Franzosen krönte. Zur Kaiserin krönte er seine Ehefrau Joséphine de Beauharnais, die ihm allerdings leider keinen Thronfolger gebären konnte. Das sollte erst seiner zweiten Frau Marie-Louise im Jahr 1811 gelingen.

Kapitel 5: Frankreich wird Imperium

Seine Eroberungen in ganz Europa und darüber hinaus setzte Napoléon I. ungebremst fort. Bald reichte Frankreich von der Nordseeküste bis in die ewige Stadt Rom im Süden, vom Atlantischen Ozean im Westen bis hin zur Adria im Osten. In Deutschland, genauer gesagt im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ löste Kaiser Napoléon Hunderte von Kleinstaaten auf und verteilte diese Gebiete an die Kurfürsten – die damals einzig anerkannten „Wahlmänner“ des Königs. Sein Sieg gegen Russland und Österreich in der „Dreikaiserschlacht” bei Austerlitz 1805 ging als sein größter militärischer Erfolg in die Geschichtsbücher ein. Außenpolitisch gründete er als Gegengewicht zu den mächtigen Staaten Preußen und Österreich den sogenannten Rheinbund Dessen Mitglieder mussten sich verpflichten, ihm Soldaten zur Verfügung zu stellen. 1805 erlitt seine Flotte eine vernichtende Niederlage gegen die Briten in der Seeschlacht bei Trafalgar an der spanischen Südküste. Als Reaktion sperrte er 1806 englische Handelsschiffe von nahezu allen Seehäfen des Kontinents aus. Diese Kontinentalsperre sollte bis 1814 andauern. Nach der siegreichen Doppelschlacht von Jena und Auerstedt 1806 annektierte er Preußen und große Teile Österreichs und schaffte es sogar, den König von Spanien zum Abdanken zu zwingen. Doch das Blatt sollte sich bald wenden.

Kapitel 6: Verbrannte Erde

Im Jahre 1812, auf dem Höhepunkt seiner Macht, stand Kaiser Napoléon mit seiner Grande Armée vor Moskau – und wartete vergeblich darauf, dass Zar Alexander I. ihm die besiegte, brennende Stadt übergeben würde. Der aber dachte überhaupt nicht daran. Und Napoléon musste unverrichteter Dinge den Rückmarsch befehlen, wenn er vor dem Winter noch heimatlichen Boden erreichen wollte. Aber was war das für ein Rückmarsch! Denn entlang der endlosen Strecke hatte der Zar jedes Getreidefeld, jedes Dorf und jedes Lagerhaus anzünden lassen! Die russische Taktik der „verbrannten Erde” – also der Verwüstung von allem, was dem Feind nützen könnte – ging auf, den Rest besorgten der russische Winter und die zermürbenden Angriffe nachrückender Kosakentruppen. Das Ausmaß der Verluste durch Hunger, Krankheit und Kriegsgefangenschaft war katastrophal: Von den knapp 600.000 Soldaten der Grande Armée, die auf Russlandfeldzug gegangen waren, sollten kaum 18.000 die preußische Grenze an der Memel erreichen.

Der Mythos Napoléons als unbesiegbarer Feldherr war dahin. Und das hatte gravierende Folgen für Frankreich: Preußen kündigte die Allianz und verbündete sich mit Russland, Österreich, Großbritannien und Schweden für die sogenannten Befreiungskriege.

In der berühmten Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 brachten die Alliierten der französischen Armee schließlich die entscheidende Niederlage bei. Die Sieger marschierten in Frankreich ein und erzwangen die Abdankung des Kaisers. Er wurde auf die Mittelmeerinsel Elba verbannt, der Wiener Kongress bestimmte 1815 Europas Ländergrenzen völlig neu.

Nach nur einem Jahr im Exil gelang Napoléon Bonaparte allerdings noch eine letzte Flucht. Noch ein Mal regierte er über das französische Volk – 100 Tage lang. In der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 wurde Napoléon endgültig von der feindlichen Allianz besiegt. Der Kaiser von Frankreich verbrachte seine letzten Tage bis zu seinem Tod einsam als Verbannter auf der winzigen Insel St. Helena, knapp 1.900 Kilometer von der Westküste Afrikas entfernt.

Kapitel 7: Das Erbe der Französischen Revolution

Mit dem Staatsstreich vom 9. November 1799 hatte nun also doch wieder ein Mann das Sagen in Frankreich. Bleibt die Frage, welche Bedeutung die Französische Revolution aus unserer heutigen Sicht hat. War sie wirklich eine Revolution der Freiheit? Die meisten Historiker sind sich zumindest darin einig, dass diese zehn turbulenten Jahre einen politisch-sozialen Wendepunkt in der europäischen Geschichte darstellen. Und eine Errungenschaft der Revolution kann tatsächlich nicht hoch genug bewertet werden: Erstmals wurden auf dem europäischen Festland die Menschen- und Bürgerrechte ausformuliert und in einer Verfassung verankert. Nach Jahrhunderten uneingeschränkter Königsherrschaft war darin auf einmal von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit für alle Staatsbürger die Rede – leider zunächst nur für die männlichen. In gerade einmal zehn Jahren waren mehrere Verfassungen und Regierungssysteme ausprobiert worden: die konstitutionelle Monarchie, die parlamentarische Republik, das diktatorische Regime und das Direktorialsystem.

Eine andere Folge der Revolution aber wird heute leicht übersehen, weil sie für viele von uns als selbstverständlich gilt: Sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik hatte sich eine neuartige Diskussionskultur entwickelt. So wurde nun – den Ideen der Aufklärung entsprechend – vernunftbasiert debattiert und über jedes Vorhaben demokratisch abgestimmt. In vielerlei Hinsicht hat uns die Französische Revolution also ein kostbares Erbe hinterlassen. Doch sollten wir dabei nicht aus dem Blick verlieren, was der Fortschritt gekostet hat, mit welchen Mitteln er erstritten worden ist und dass die Revolution schließlich durch den Staatsstreich eines neuen Alleinherrschers beendet wurde: Napoléon Bonaparte.

Zusammenfassung

  • Erstens: Als das Ende von Robespierres Terrorherrschaft 1794 besiegelt war, wurde das französische Regierungssystem grundlegend umgebaut. Dennoch verschärften sich die wirtschaftlichen und sozialen Probleme im Land, sodass die politischen Spannungen erneut zunahmen: Die Royalisten forderten wieder einen König, während die Republikaner an der Republik festhielten.
  • Zweitens: 1795 trat die Direktorialverfassung in Kraft. Das Regierungssystem mit fünf gleichberechtigten Direktoren an der Spitze sollte eine weitere Diktatur verhindern.
  • Drittens: Das Direktorialsystem wurde jedoch von Korruption unterwandert und bekam die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes nicht in den Griff. Emmanuel Sieyès, einer der Direktoren, plante einen Staatsstreich, um einen starken Militärherrscher einzusetzen.
  • Viertens: Kurz nach dem Staatsstreich am 9. November 1799 wurde die Verfassung des Konsulats formuliert und die Französische Revolution für beendet erklärt. Erster Konsul war Napoléon Bonaparte, 1802 ließ er sich zum Konsul auf Lebenszeit ernennen. Dem folgte die eigenhändige Kaiserkrönung.
  • Napoléon bestritt von 1792 bis 1815 eine Reihe militärischer Konflikte gegen europäische Machtrivalen, die sich ursprünglich gegen die Französische Revolution gewandt hatten. Diese Kriege werden auch Koalitionskriege genannt.
  • Im letzten dieser Kriege wurde Napoléon besiegt und auf die Insel Elba ins Exil geschickt. Von dort kehrte er 1815 zurück und herrschte noch einmal 100 Tage, bevor er nach der endgültigen Niederlage bei Waterloo in Belgien auf die Insel St. Helena im Südatlantik verbannt wurde.
  • Zum Erbe der Französischen Revolution gehören die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, die Gewaltenteilung und das Ende der Ständegesellschaft.

Teste dein Wissen im Quiz

  1. Welche Staatsform favorisierten die Royalisten nach der Französischen Revolution?
    1. A) Diktatur
    2. B) Republik
    3. C) Monarchie
    4. D) Militärregierung
  2. Wer stand nach der Französischen Revolution laut Direktorialverfassung an der Spitze der Exekutive?
    1. A) Fünf Direktoren
    2. B) Ein Direktor
    3. C) Drei Konsuln
    4. D) Zwei Präsidenten
  3. Wie nannte sich Napoleon Bonaparte als Kaiser?
    1. A) Napoleon III.
    2. B) Napoleon II.
    3. C) Napoleon I.
    4. D) Napoleon IV.
  4. Wo verlor Napoleon seine letzte Schlacht?
    1. A) Leipzig in Sachsen
    2. B) Waterloo in Belgien
    3. C) Moskau in Russland
    4. D) Füssen in Bayern
  5. Welchen Zeitraum umfasst die Französische Revolution?
    1. A) 1789 bis 1799
    2. B) 1700 bis 1799
    3. C) 1899 bis 1901
    4. D) 1618 bis 1648 
  6. Was gilt als die wichtigste Errungenschaft der Französischen Revolution?
    1. A) Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft
    2. B) Die Stärkung der Monarchie
    3. C) Die Erklärung der Menschenrechte
    4. D) Die Abschaffung der Todesstrafe

Richtige Antworten: 

1. C) Monarchie
2. A) Fünf Direktoren 
3. C) Napoleon I. 
4. B) Waterloo in Belgien
5. A) 1789 bis 1799
6. C) Die Erklärung der Menschenrechte

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